Expertin des Monats
Nov. 2007
DIin Monika Haselbacher

Frau Monika Haselbacher ist Expertin des Monats.

Die 1969 geborene Tullnerin ist technische Projekleiterin in der Firma Frequentis AG. Nach einem Studium der Nachrichtentechnik an der TU Wien begann sie ihre Berufslaufbahn als Softwareentwicklerin von Telefonanlagen. Seit 1996 hat sie bei Frequentis AG in vielen Bereichen ihr Know-How eingebracht. Als technische Projektleiterin ist sie verantwortlich für die Umsetzung von technischen Konzepten im Bereich des digitalen Funk, für maritime Verkehrsleitsysteme und Leistellen für Blaulicht-Organisationen. Die Herausforderung ist dabei nicht immer nur technischer Natur, sondern besteht auch aus der Überwindung kultureller Unterschiede je nach Branche und Nation.

Interview

Als Geigenspielerin haben Sie sich für das Studium der Tontechnik interessiert. Was ist daraus geworden?

Das Studium der Tontechnik habe ich aus zwei Gründen nicht gewählt. Ich habe im TU Orchester - das ist ein Symphonieorchester mit StudentInnen - mitgespielt. Mit diesem Orchester haben wir eine CD aufgenommen und da habe ich unmittelbar mitbekommen, wie die Arbeit der Tontechnik ausschaut und dabei festgestellt, das ist nicht meins.
Der zweite Grund war, dass Tontechnik nur in Graz als Kombinationsstudium angeboten wird. Ich wollte nicht nach Graz übersiedeln. So hab ich dann diese Idee einfach fallen gelassen und bin beim Studium Elektrotechnik/ Nachrichtentechnik geblieben.

Mit dem Studium Elektrotechnik/ Nachrichtentechnik haben Sie ein ausgesprochen technisches Studium gewählt. Warum?

Mich hat das Thema Technik und insbesondere die Mathematik und Physik schon immer sehr interessiert und es war für mich schnell klar, dass ich an der TU studieren werde. Ich habe mich dann für Elektrotechnik entschieden und mich im zweiten Studienabschnitt auf Nachrichtentechnik spezialisiert. Gerade dieser zweite Abschnitt hat mir total gut gefallen, weil es sehr praxisorientiert war.

Wie war das Verhältnis zwischen Frauen und Männern im Studium?

Am Anfang war ich überrascht, wie wenige Frauen dieses Studium wählen - Von 500 StudentInnen waren ca. 10 bis 15 Frauen (im Jahr 1987) dabei. Also der Frauenanteil war unter der Wahrnehmungsgrenze.

Sie arbeiten seit 9 Jahre bei der Firma Frequentis und haben die verschiedensten Projekte gemacht. Ihr aktuelles Projekt ist in Norwegen. Worum geht es in diesem Projekt?

Das Hauptthema bei diesem sehr großen Projekt ist, dass für alle Einsatzkräfte - Feuerwehr, Rettung und Polizei - ein digitales Funknetz errichtet wird. Das kann man sich so vorstellen wie ein Mobilfunknetz, das allerdings nur für diese Einsatzkräfte reserviert ist. Zusätzlich zu diesem Funknetz machen wir Leitstellen. Also jene Stellen, wo die Notrufe reinkommen. Von dort aus werden Leute zu den Einsätzen geleitet. Insgesamt handelt es sich um 350 Leitstellen in ganz Norwegen, die wir ausstatten und betreuen.

Das heißt, sie rüsten diese Leitstellen technisch aus?

In erster Linie bin ich dafür verantwortlich, dass die gelieferten Systeme den Anforderungen des Kunden entsprechen. Das bedeutet konkret, dass ich für das Design der Systeme (d.h. wie werden im einzelnen die Anforderungen der Kunden umgesetzt) verantwortlich bin und die Kommunikation zwischen den Kunden und ihren Anwendern. Die spezielle Herausforderung dieses Projektes liegt in der Vielzahl der unterschiedlichen Anwender-Gruppen (Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste), die sich einerseits in den operationellen Abläufen und andererseits in ihrer Organisationsform stark unterscheiden. All diese äußeren Faktoren haben nicht nur Einfluss auf die technische Lösung sondern vor allem auch auf den Umgang mit den KundInnen.

Sie sind technische Projektleiterin? Welche Erfahrungen - insbesondere als Frau in dieser Position - haben Sie gemacht?

Bei diesem Projekt gibt es eine kaufmännische und eine technische Leitung. In diesem Fall bin ich die technische Projektleiterin. Ich habe schon bei vielen Projekten Erfahrungen gesammelt. Wie die Leute miteinander umgehen, hängt viel von der Branche und vom Land ab. Die Polizei in Norwegen ist im Umgang viel einfacher als bei uns. Die haben überhaupt kein Problem damit, dass ich als Frau ihnen sage, wie die Systeme funktionieren. Da ist es von Vorteil, dass diese Organisationen eine strikte Hierarchie haben. Im Gegensatz dazu ist z.B. die Feuerwehr ähnlich wie bei uns organisiert. Damit meine ich die freiwillige Feuerwehr. Da kann jede Gemeinde selbst bestimmen und das macht die Sache natürlich kompliziert. Die schlechtesten Erfahrungen habe ich im Maritimbereich gemacht. Die haben mit mir als Frau ein Problem gehabt. Aber das hängt sicher auch von Einzelpersonen ab.

Was sind die Herausforderungen in Ihrem Beruf?

Probleme analytisch anzugehen. Ein Beispiel: Wenn ein Kunde eine Anrufweiterleitung zu einem Funksystem möchte ist zu überlegen, wie das umgesetzt werden kann und wie das im System integriert werden kann. Die Herausforderung ist, für jedes Problem eine Lösung zu finden. Neben dieser fachlichen Qualifikation ist die Kommunikationsfähigkeit etwas ganz wichtiges. Ich erkläre sowohl unseren KundInnen das technische Konzept und intern bin ich die Schnittstelle zu unserer Entwicklungsabteilung. Der dritte Bereich ist die Dokumentation. Ein Projekt besteht aus der Lieferung des Systems und der Dokumentation wie die Anforderungen tatsächlich umgesetzt wurden, also den technischen Beschreibungen.

Glauben sie, dass Frauen für den Bereich Kommunikation besonders qualifiziert sind?

Kommunikation ist ein wesentlicher Teil meiner Arbeit. Ich führe viele Gespräche und gebe die Bedürfnisse und Anforderungen weiter. Ich mache das mit meinem eigenen Stil. Aber ob das frauenspezifisch ist oder nicht, weiß ich nicht. Ich bin eine der wenigen Frauen in diesem Arbeitsgebiet, deshalb kann ich nicht sagen ob das Frauen generell besser machen. Ich habe allerdings beobachtet, dass eine Frau eine andere Stimmung in eine Gruppe bringt.

Haben sie jemals überlegt in der Grundlagenforschung an der Universität zu bleiben?

Überlegt habe ich mir diese Variante schon, aber ich bin ein Fan davon umsetzungsorientierte Arbeiten zu machen die auch verwendet werden. An der Uni wird aus meiner Sicht zu wenig nachgefragt: was kann man mit diesem Ergebnis machen oder wer benötigt das? Mir macht es Spaß, wenn Dinge verwendet werden.

Wie wichtig ist Mobilität in Ihrem Beruf?

Sehr wichtig. Obwohl bei den Projekten viel per Email geklärt werden kann, sind persönliche Treffen wichtig. Gerade wenn ein Projekt in einer schwierigen Phasen ist, wird das "persönliche miteinander" wichtig. Je nach Projektphase ist deshalb die Mobilität unterschiedlich wichtig. Einzelne Aufgaben - wie die Dokumentation - können auch von zu Hause aus erledigt werden. Also ich würde jetzt nicht sagen, dass man diese Art von Beruf nicht ausführen kann, wenn man nicht reisen kann aber wahrscheinlich wären die Aufgaben und die Verantwortlichkeiten andere.

Wie viel Zeit verbringen sie im Ausland?

Rund ein Drittel meiner Arbeitszeit verbringe ich im Ausland. D.h. ich bin alle 2 Wochen für ein paar Tage weg.

Können Sie sich vorstellen, dass Führungsaufgaben geteilt werden?

Die Frage ist, wer letztendlich die Verantwortung für die Ergebnisse trägt. Die Verantwortung zu teilen, stelle ich mir nicht so einfach vor. Mit einer Kollegin von mir, hab ich eine gute Aufgabenteilung, aber mit ihr arbeite ich schon sehr lange zusammen. Das bedeutet, dass wenn eine von uns ins Ausland fährt, wir die Aufgaben der anderen Person übernehmen.  Aber ob dann die Leitung geteilt ist? Ich bin kein Fan dieser Idee, denn wenn viele Personen zuständig sind, passiert sehr schnell, dass sich plötzlich niemand mehr dafür verantwortlich fühlt.

Warum ist das so?

Als Projektleiterin stehe ich in der ersten Reihe und übernehme auch die Verantwortung für das Projekt. Da arbeite ich lieber viel und es geht gut, als ich arbeite weniger und es geht nicht gut. Das ist aber meine persönliche Einstellung.

Wie schaut es in Ihrem Beruf mit dem Thema Work-Life Balance aus?

Wir arbeiten alle sehr viel. Eine 50-60 Stundenwoche ist normal. Allerdings merke ich, dass ein Wandel in der jüngeren Generation stattfindet. Die Tendenz ist, dass die jüngeren MitarbeiterInnen nicht mehr bereit sind kontinuierlich so viel zu arbeiten. Diese Generation bekommt das mit der Balance besser hin. Die sagen: "Okay, jetzt hab ich viel zu tun, da arbeite ich viel. Und wenn es wieder weniger ist, bleibe ich dafür einmal zu Hause."

Sie haben den Liese Prokop Preis 2007 bekommen. Für welche Leistungen wurden Sie ausgezeichnet?

Bei diesem Preis gibt es 4 Kategorien: Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft und Soziales. Meine Mutter hat mich in der Kategorie Wirtschaft eingereicht. Die Auszeichnung habe ich dann in der Kategorie Wissenschaft bekommen. Dieser Preis soll aufzeigen, in welchen Bereichen Frauen eigentlich tätig sind. Die Idee ist, Frauen sichtbar zu machen.

Sie waren als Studentin Gründungsmitglied des Vereins "FINET (Frauen Informationsnetzwerk Elektrotechnik). Was war die Idee des Vereins?

Der Gedanke war, dass wir Frauen die Elektrotechnik studieren zusammenbringen. Während des Studiums waren wir eine sehr aktive Gruppe und wir haben z.B. Schulungen und Vorträge organisiert. Ein Ziel unseres Vereins war, uns gegenseitig dabei zu unterstützen im Studium dabeizubleiben und eine Anlaufstelle für andere Studentinnen zu sein. Jetzt treffen wir uns noch 2-3 mal im Jahr.

Frauen schließen sich oft zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Glauben Sie, dass das grundsätzlich notwendig ist?

Ja, ich glaube schon. Für mich war es wichtig, Personen zu kennen die mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Allerdings werden Auszeichnungen wie z.B. der Liese Prokop Preis auch skeptisch gesehen. Gerade wenn man in einem Team arbeit. Oftmals denken sich die KollegInnen wahrscheinlich: "Die macht nur ihre Arbeit, und bekommt dafür einen Preis!" Allerdings finde ich es auch gut, dass Frauen sichtbar gemacht werden. Wenn der positive Effekt ist, dass junge Frauen ermutigt werden diesen Beruf zu ergreifen, dann ist das gut.

Wie halten sie die Balance zwischen Beruf und Privatem?

Ich halte mir die Wochenenden frei. Da arbeite ich gar nicht und ich versuche, dass ich in Wien am Abend nicht zu spät aufhöre. Früher war ich da nicht so konsequent. Ich habe schon das Gefühl, dass ich genug Erholung bekomme und auch für meine Beziehung Zeit habe. Ich schalte auch mein Telefon im Urlaub ab. Wir haben in unserem Team eine wirklich hohe Disziplin, im Urlaub nicht anzurufen.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Inge Schrattenecker, ÖGUT

Monika Haselbacher
DIin Monika Haselbacher

FREQUENTIS GMBH

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Letzte Aktualisierung: 23.10.2020