Studienzusammenfassung
Frauen auf dem Arbeitsmarkt vor und während der COVID-19-Krise

Die Ergebnisse des "Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt", der zuletzt unmittelbar vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie auf Basis von Daten aus dem Jahr 2019 aktualisiert wurde, zeigen insbesondere ungenütztes Gleichstellungspotential bei Frauen mit Kindern. Zugleich gibt es Hinweise, dass gerade durch die COVID-19-Pandemie verursachte Betreuungsarbeiten, die aus geschlossenen bzw. auf Notbetrieb umgestellten Betreuungseinrichtungen resultierten, oftmals von Frauen "aufgefangen" wurden. Darüber hinaus zeigen die jüngsten Arbeitsmarktdaten, dass Frauen durch die anhaltenden Lockdowns verhältnismäßig stärker getroffen waren.

Dieser Research Brief analysiert die neuesten Entwicklungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt vor und während der COVID-19-Krise und zeigt Handlungsoptionen auf.

Studienzusammenfassung

Zusammengefasst für FEMtech von Julia Greithanner (JOANNEUM RESEARCH)

Hintergrund

  • Seit 2015 wird der „Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt“, der das Gleichstellungspotenzial am österreichischen Arbeitsmarkt evaluiert, regelmäßig von WIFO und dem AMS Österreich ermittelt.
  • Im Jahr 2019 vor Ausbruch der COVID-19 Pandemie wurden die Daten zuletzt aktualisiert und ausgewertet.
  • Die durch die Pandemie verursachten zusätzlichen Betreuungsaufgaben wirken sich vor allem auf die Arbeits- und Lebenssituation von Frauen aus.
  • Der Research Brief des WIFO analysiert die Daten des „Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt“ aus dem Jahr 2019 und setzt diese mit neuen Erkenntnissen über die Auswirkungen der Pandemie auf die Arbeitsmarktpartizipation von Frauen und Männern in Zusammenhang. 

"Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt"

  • Der Index basiert auf 33 verschiedenen Indikatoren für 4 Themenfelder mit 14 Teilbereichen, die die Integration von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt, ihre Einkommens- und Beschäftigungsperspektiven, ihre Aus- und Weiterbildungsstruktur und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf darstellen (siehe Folie 4 für mehr Informationen). 
  • Neben dem Gesamtindex, werden für die vier Bereiche Arbeit, Einkommen, Bildung und Familie jeweils ein Sub-Index gebildet. 

Themenfelder und Teilbereiche 

  • Das „Themenfeld Arbeit“ befasst sich mit den Zugangs- bzw. Verbleibschancen von Frauen und Männern auf dem österreichischen Arbeitsmarkt und ausgewählten Merkmalen der Erwerbsarbeit. Fünf Teilbereiche werden mittels 14 Variablen abgedeckt.
  • Das „Themenfeld Einkommen“ setzt sich mit der Einkommenssituation von Frauen und Männern in unterschiedlichen Lebensabschnitten und den Lohnunterschieden auseinander. In drei Teilbereichen werden Daten mittels 6 Variablen erhoben.
  • Das „Themenfeld Bildung“ ermittelt mit 7 Variablen Daten zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden in Bildungsstand, Bildungsverhalten, Weiterbildung und dem Übergang in die Beschäftigung.
  • Das „Themenfeld Familie“ beschreibt die Auswirkungen von familiären Verpflichtungen (Karenzzeiten und Betreuungspflichten) auf die Arbeitsmarktkarriere von Frauen und Männern anhand von 6 Variablen.

Abbildung: Struktur des “Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt”: 4 Themenfelder

Ergebnisse – 2019

  • Ein Index von 100% würde die vollkommene Gleichstellung von Frauen und Männern bedeuten.
  • Insgesamt gibt es ein hohes noch nicht ausgeschöpftes Gleichstellungspotenzial am österreichischen Arbeitsmarkt. Denn Frauen erreichten im Durchschnitt nur 73% der Männerwerte.
  • Im „Themenfeld Bildung“ hingegen erreichten Frauen aufgrund einer höheren Weiterbildungsbeteiligung, höheren Ausbildungsabschlüssen sowie einem unmittelbaren Übergang in die Beschäftigung 123% der Männerwerte.
  • Im „Themenfeld Arbeit“ kamen Frauen auf 81% der Männerwerte. Diese Differenz geht vor allem auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Verteilung der Erwerbsarbeitszeit und in Leitungsfunktionen zurück.
  • Im „Themenfeld Einkommen“ erreichten Frauen 72% der Männerwerte. Dies wird mit der unterschiedlichen Berufswahl, den Auswirkungen von Teilzeitarbeit und den damit einhergehenden Lohndifferenzen von Frauen und Männern erklärt.
  • Im „Themenfeld Familie“ erreichten Frauen nur 39% der Männerwerte. Ausschlaggebend dafür ist die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern bei der Inanspruchnahme der Karenz sowie die unterschiedlichen Erwerbs- bzw. Beschäftigungsquoten von Frauen und Männern mit Kind(ern) unter 15 Jahren.

Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf Beschäftigungsverhältnisse 

  • Die COVID-19 Pandemie verursachte einen allgemeinen Beschäftigungseinbruch. Frauen arbeiten mehr in sozialen Berufen und Dienstleistungsbereichen und waren dadurch stärker von der Pandemie betroffen.
  • Mit Beginn der Pandemie waren Männer häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen, aber durch die Beschäftigungszunahme im Bausektor konnten viele Männer bald wieder eine Anstellung finden.
  • Der ausbleibende Tourismus im Winter 2020/2021 verursachte bei den Frauen einen stärkeren Beschäftigungsrückgang. So betrug der Rückgang der Beschäftigung von Frauen im Jänner 2021 -3,6%, während es bei den Männern im gleichen Zeitraum zu einem Rückgang von -3,2% kam.
  • Dies spiegelte sich auch in einem unterschiedlich hohen Anstieg der Arbeitslosenquote wider: Im Februar 2021 waren 40,2% mehr Frauen arbeitslos als im Vorjahr. Bei den Männern waren im Vergleich zum Vorjahr hingegen 24,6% mehr arbeitslos.
  • Die Arbeitslosigkeit von Frauen stieg in allen Beschäftigungsbereichen stärker als bei Männern. Diese überproportionale Zunahme kann nur zu einem geringen Anteil durch Branchenstruktureffekte erklärt werden.
  • Frauen übten zu Beginn der Pandemie häufiger systemrelevante Berufe aus als Männer – nämlich jede zweite angestellte Frau im Vergleich zu jedem dritten Mann arbeitete in einem systemrelevanten Bereich in Österreich.
  • Des weiteren waren 15% der Frauen in ihrer Arbeit direkt vom Lockdown betroffen. Hingegen 10% der beschäftigten Männer waren direkt betroffen.
  • Die Umstellung auf Home-Office und die zeitweisen Schließungen von Betreuungseinrichtungen für Kinder bedeuteten für Frauen unbezahlte Mehrarbeit im Haushalt sowie die Zunahme ihrer Betreuungsarbeit.
  • Insgesamt sind Frauen am Arbeitsmarkt seit dem zweiten Lockdown stärker von der Pandemie betroffen.

Zusammenfassung 

  • Die Analysen im Rahmen des „Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt“ 2019 zeigen, dass das unausgeschöpfte Gleichstellungspotenzial zwischen Frauen und Männern mit Kindern unter 15 Jahren am größten ist.
  • Zwar konnten die Frauen im „Themenfeld Bildung“ besser abschneiden, jedoch weisen sie geringere Zugangs- und Verbleibschancen auf dem Arbeitsmarkt sowie ein niedrigeres Einkommen als Männer auf. Zudem sind Frauen ungleich häufiger und länger in Elternkarenz und passen ihre Arbeitszeit mehr der Familiensituation an.
  • Unabhängig von COVID, reduziert sich die Einkommensungleichheit zwischen Frauen und Männern zwar langsam, trotzdem werden u.a. weiterhin ein Ausbau von Betreuungsangeboten für Kinder, ein höherer Anteil von Vätern an der Karenzzeit sowie der Zugang zu Leitungsfunktionen notwendig sein, um eine Gleichstellung zwischen Frauen und Männern zu forcieren.
  • Durch die COVID-19 Pandemie und die damit verbundene Steigerung der Care-Arbeit von Frauen haben diese Ungleichheiten noch weiter zugenommen.
  • Die Pandemie wird sich vermutlich negativ auf den „Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt“ auswirken, da sich durch eine zunehmende ungleiche Verteilung der Betreuungszeiten die Ungleichheit weiter erhöhen wird.

Über diese Publikation

Publikationsart: Studie
Publikationsquelle: Österreich
Publikationssprache: Deutsch
Autor:innen: Bock-Schappelwein, Julia; Famira-Mühlberger, Ulrike
Titel: Frauen auf dem Arbeitsmarkt vor und während der COVID-19-Krise
Erscheinungsjahr: 2021
Herausgeber:in: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Erschienen in: WIFO Research Briefs 3/2021
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