Gender Budgeting wurde als Element der Gender Mainstreaming-Strategie in Budgetpolitik und Verwaltung eingeführt und stellt ein Instrumentarium zur Darstellung und Überwindung von geschlechtsspezifischen Disparitäten in öffentlichen Budgets dar.
Mit dem Beschluss des neuen Haushaltsrechts wurde Gender Budgeting auf allen Steuerungsebenen verankert. Gleichstellung soll damit in den gesamten Budgetprozess - Planung, Vollzug und Controlling - integriert werden. Die Umsetzung wird durch die Einführung der wirkungs- und leistungsorientierten Budgetierung im öffentlichen Haushalt unterstützt (ab 2013), wobei die Gleichstellung der Geschlechter eine Dimension der Wirkungsorientierung darstellt.
Zur rechtlichen Grundlagen, Begrifflichkeiten und Umsetzung siehe: "genderDiskurs 08 - Gender Budgeting in der Forschungsförderung".
Durch die Verankerung in der Verfassung hat Gender Budgeting eine starke Legitimation und bildet einen wesentlichen Hebel zur Durchsetzung von Geschlechtergerechtigkeit. Österreich nimmt damit eine Vorreiterrolle in wirkungsorientierter sowie geschlechtergerechter Budgetgestaltung innerhalb Europas ein. Nun geht es darum, für sämtliche Bereiche des öffentlichen Haushalts - so auch für die Forschungsförderung - Mittel und Wege zur praktischen Umsetzung zu finden.
Gender Budgeting in der Forschungsförderung
Um eine systematische Analyse der Mittelverteilung und der Wirkung auf die Gleichstellung realisieren zu können, ist Gender Budgeting in der Forschungsförderung gleichzeitig auf Ebene von Politik/Strategie, Verwaltung und Umsetzung (Förderprogrammmanagement, Förderagenturen, aber auch autonome Universitäten) zu denken. Ziel ist die Realisierung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in der Förderpolitik und die Integration der Gender-Perspektive auf allen Ebenen der Budget- und Förderprozesse. Wesentliche Fragestellungen dabei sind:
- Wie sieht die Verteilung von öffentlichen Ausgaben auf die Geschlechter aus?
- Wie wirkt die Förderpolitik kurz- und langfristig auf die Ressourcenverteilung zwischen den Geschlechtern / auf die sozioökonomische Stellung von Frauen und Männern (Zugang zu Ressourcen, Arbeit, Freizeit, gesellschaftliche Teilhabe etc.)?
- Wem kommen die Ergebnisse der geförderten Leistungen/Produkte zugute?
Nutzen von Gender Budgeting
- Qualitätssteigerung: Konkretisierung von Zielgruppen (LeistungsempfängerInnen), NutznießerInnen und Nutzungskontexten von geförderten Leistungen/ Produkten
- Höhere Transparenz der Mittelvergabe
- Identifizieren von Ungleichheiten und Ableitung notwendiger Förderungen benachteiligter Zielgruppen
- Konkretisierung von Gender Mainstreaming-Prozessen, Schaffung von Voraussetzungen für politisches (Um-)Steuern
- Bewusstseinsbildender Effekt in Politik, Verwaltung und beteiligten Organisationen
Obwohl Gender Budgeting rechtlich gut verankert ist, stellt die Umsetzung von Gender Budgeting eine große Herausforderung dar. Die Gründe dafür sind ebenso zahlreich wie vielfältig und reichen von der oftmals fehlenden politischen Vision über den Mangel an Ressourcen bis hin zur unzulänglichen Datenlage und Gleichstellungszielen. Gender Budgeting und Gender Monitoring stellen aber sinnvolle Ansätze dar, um Verteilungs-, Beschäftigungs- und Einkommenseffekte von Forschungsprogrammen zu untersuchen.
Die Analyseinstrumente, die im Rahmen von Gender Budgeting zur Anwendung kommen, sind vielfach bekannt, um in der Praxis flächendeckend umsetzbar zu sein, braucht es aber mehr: eine politische Vision, die die Ziele vorgibt, eine Strategie, die den Rahmen für den Umsetzungsprozess spannt sowie Ressourcen, die Gender-, Fach- und Budgetkompetenzen vereinen.
Expertinnendiskussion Gender Budgeting in der Forschungsförderung
Was Gender Budgeting für die Forschungsförderung bedeuten kann, wurde am 11.12.2009 in der Veranstaltung Gender Budgeting und Forschungsförderung der genderAG im Haus der Forschung gemeinsam mit ExpertInnen diskutiert.
Gender Budgeting ermöglicht neben einer transparenteren Verwaltung auch eine transparentere Forschungsförderung und damit eine transparentere Vergabe von öffentlichen Mitteln. Wissen, Kompetenz, politische Verantwortung wie auch entsprechende Vorgaben seitens Fördergeber und entsprechende Kriterien bei der Vergabe der Förderungsmittel braucht es in der Zukunft, um die notwendigen Veränderungen der Rahmenbedingungen in der Forschungswelt in Österreich herbeizuführen.
Studie Gender Budgeting in Forschungs- und Technologieprogrammen des bmvit
In dieser Pilotstudie wurde die Beschäftigungssituation von Frauen und Männern in ausgewählten bmvit-Programmen erhoben. Die Beschäftigungssituation in den untersuchten Projekten ist geprägt von einer klassischen vertikalen und horizontalen Segregation, die sich in teilweise sehr niedrigen Frauenanteilen in technologieorientierten Sektoren, höheren Funktionen (Projektleitungen, Geschäftsführungen) und besser dotierten Lohnsegmenten niederschlägt.
Entsprechend der geringen Frauenbeschäftigung kommt ein Großteil der Förderkosten Männern zugute, der Effekt wird durch die Tatsache verstärkt, dass Frauen vermehrt in Funktionen mit geringerem Stundensatz tätig sind. Am Beispiel einer Verkehrsprogrammlinie dargestellt: Bei einem Frauenanteil von 14% wurden 9,1% der gesamten Personalkosten mit weiblichen Beschäftigten abgerechnet, 9,4% der Stunden wurden von Frauen geleistet. Der Frauenanteil an Projektleitungen lag bei 6,7%.
Studie Gender Budgeting in fünf Forschungsprogrammen des BMWF
In dieser Studie geht es nicht nur um die Frage, wer zu welchen Bedingungen gefördert wurde, sondern auch, was konkret erforscht wurde. Dazu wurden die Inhalte der Forschungsprogramme und -projekte hinsichtlich ihrer Gleichstellungswirkungen ebenso wie die quantitative personenbezogene Mittelverteilung analysiert.
Neben genauen Detailuntersuchungen, u. a. zu Arbeitszeit und Ressourcenverteilung, Beschäftigungswirkungen, vertikalen und horizontalen Effekten, Einkommens- und sozialen Sicherungseffekten wurde auch untersucht, ob bzw. inwieweit Genderaspekte in den Forschungsfragen, im Forschungsprozess, den Forschungsmethoden oder in den Forschungsergebnissen einbezogen waren. In persönlichen Interviews wurden der Stand der Genderforschung für das Themenfeld, das grundsätzliche Verständnis sowie die Relevanz von Gender im Forschungsprojekt thematisiert.
Leitfäden zur praktischen Umsetzung von Gender Budgeting finden Sie in der FEMtech Literatur-Datenbank.