Univ. Prof. Mag.a Dr.in Susanne Zeilinger-Migsich

Univ. Prof. Mag.a Dr.in Susanne Zeilinger-Migsich
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Mag.a Dr.in Susanne Zeilinger ist Biochemikerin an der Technischen Universität Wien.
Ihr derzeit wichtigstes Forschungsgebiet ist der biologische Pflanzenschutz durch den mykoparasitischen Pilz Trichoderma atroviride. Dieser im Boden vorkommende Schimmelpilz schützt Pflanzen vor anderen Pilzen, die ihnen Schaden zufügen könnten. Gemeinsam mit ihrer Arbeitsgruppe identifizierte Zeilinger einige der Proteine, die für die spezifischen Eigenschaften des Trichoderma verantwortlich sind.
Zeilinger studierte Mikrobiologie und Genetik an der Universität Wien. Ihre Diplomarbeit zum Trichoderma reesei, einen anderen Stamm des Pilzes, verfasste sie an der TU Wien und dem VTT Technical Research Center in Finnland. Ihre Dissertation zur Genregulation desTrichoderma reesei schrieb sie ebenfalls an der TU Wien.
Ihr Interesse für die mykoparasitischen Pilze und die Möglichkeiten des biologischen Pflanzenschutzes entwickelte Zeilinger bei einem Forschungsaufenthalt an der Universität Federico II in Neapel.
Sie haben Mikrobiologie und Genetik an der Universität Wien studiert. Genetik wählten damals, 1987, nur ganz wenige. Was hat Sie an diesem Studium gereizt?
Ich verdanke viel meinem Biologielehrer, der mein Interesse geweckt hat. Er hat nicht den Lehrstoff durchgequetscht, sondern mit uns über aktuelle Themen diskutiert. Zellbiologie und Genetik haben wir erst im letzten Halbjahr vor der Matura gelernt. Ich habe mir Bücher dazu gekauft und mich auch privat damit beschäftigt. Es war mir klar, dass ich Naturwissenschaften studieren wollte, ich wusste aber lange nicht, was genau. Ich hatte auch einen Hang zur Veterinärmedizin. Das hat mit meinem Hobby zu tun. Ich bin eine begeisterte Reiterin. Auch Technische Chemie hat mich gereizt.
Welche Rolle haben Ihre Eltern bei Ihrer Studienwahl gespielt?
Mein Vater ist Maschinenbauer und sehr technikorientiert. Meine Mutter hatte Russisch studiert, ist aber wegen meiner Schwester und mir zu Hause geblieben. Sie hat mir zu Sprachen geraten - ich war auch in Sprachen sehr gut. Sie sagte immer, das Technische liege mir nicht so. Sie war überrascht, als ich später eine wissenschaftliche Karriere einschlug. Letztlich war es aber meine eigene Entscheidung, und meine Eltern haben mich darin unterstützt.
Warum wurde es schließlich die Biologie und nicht die Technische Chemie?
Ich war in einer Zwickmühle. Ich habe lange überlegt, ob ich Technische Chemie wagen sollte, aber das Studium kam mir sehr trocken vor, und ich wollte das Lebendige studieren. Meine Diplomarbeit machte ich aber bereits auf der TU Wien, die Dissertation ebenfalls. Am Ende meines Studiums hat es mich zur Technik gezogen.
Was hat Sie an die TU gezogen?
Professor Kubicek von der TU hat eine Lehrveranstaltung über angewandte Mikrobiologie an der Universität gehalten. Die hat mich fasziniert. Ich habe dann seine Lehrveranstaltungen an der TU besucht und die Diplomarbeit und die Dissertation über den Trichoderma reesei, einen Schimmelpilz, gemacht.
Was hat Sie an einem Schimmelpilz interessiert?
Das Faszinierende ist die Vielfalt dieser Mikroorganismen. Sie können so viel. Sie produzieren Enzyme, Antibiotika. Der Trichoderma kann auf abgestorbenen Pflanzensubstraten wachsen, zum Beispiel auf abgestorbenem Holz. Dort produziert er Enzyme, die das Holz abbauen. Diese Enzyme werden bei der Zellstoffbleiche verwendet. Und für die ,,stone-washed" Jeans, die in Wirklichkeit natürlich nicht mit Steinen gewaschen werden, sondern mit vom Trichoderma produzierten Enzymmischungen behandelt werden.
Woran forschen Sie gerade?
Mein derzeitiges Arbeitsgebiet ist der biologische Pflanzenschutz durch Trichoderma atroviride. Dieser Schimmelpilz kann andere Pilze parasitieren, also Pilze wie ein Parasit befallen. Er befällt Pilze, die Pflanzen schädigen, beispielsweise den Getreideschädling Fusarium, den Kartoffelschädling Rhizoctonia solani und Botrytis cinerea, einen Grauschimmel auf z.B. Erdbeeren. Diese Eigenschaft des Trichoderma wird für den biologischen Pflanzenschutz genutzt.
Wie macht das der Trichoderma?
Er greift die für die Pflanzen schädlichen Pilze an, hemmt sie in ihrem Wachstum und tötet sie letztlich ab. Der Trichoderma ist ein natürlich vorkommender Bodenpilz - er lebt im Boden, genauso wie Mikroorganismen, Bakterien und eben Pilze. Der erste Schritt des Angriffs passiert schon im Boden. Der Trichoderma schüttet Enzyme aus, mit denen er die Zellwände seines Wirtspilzes auflösen kann. Er bildet antibiotika-ähnliche Substanzen, sogenannte antimikrobielle Metabolite. Zusätzlich kann er beim Angriff Infektionsstrukturen bilden, wobei er den Pilz umwächst, umklammert und schließlich auflöst.
Kann der Trichoderma für die Pflanzen auch schädlich sein?
Nein. Ganz im Gegenteil. Man behandelt die Pflanzensamen mit dem Trichoderma und pflanzt die behandelten Samen ein. Der Trichoderma wächst an den Pflanzenwurzeln entlang und dringt in die obersten Schichten der Pflanzenwurzeln ein, aber er bewächst nicht die Frucht. Er hält nur die pflanzenpathogenen Pilze fern und kann die Pflanzenabwehr direkt stimulieren. So können Pflanzen eine Resistenz gegenüber bakteriellen Angriffen und Pilzattacken entwickeln.
Gibt es bereits Pflanzenschutzmittel mit Trichoderma?
Mehr als 50 zugelassene Produkte, die weltweit am Markt sind, enthalten Trichoderma. Oft in einer Kombination mit mehreren Biokontrollorganismen. Die momentan dafür eingesetzten Trichoderma-Stämme sind meist natürlich vorkommende Isolate, die aufgrund ihrer positiven Eigenschaften verwendet werden. Doch im Prinzip weiß man sehr wenig darüber, was den Trichoderma dazu befähigt, andere Pilze zu parasitieren. Der Pilz wird zwar für den Pflanzenschutz angewandt, aber die Mechanismen, die der Anwendung zugrunde liegen, sind unbekannt. Damit beschäftige ich mich. Ich will herausfinden, welche Gene dieser Trichoderma benötigt, um Wirtspilze anzugreifen. Und warum er welche Pilze angreift. Denn er greift nur ganz bestimmte Pilze an.
Seit wann interessieren Sie sich für diesen Pilz?
Über Trichoderma-Arten, die Enzyme produzieren, arbeitete ich bereits bei meiner Diplomarbeit. Mit dem parasitierenden Pilz und seiner Anwendung im biologischen Pflanzenschutz kam ich erstmals 1996 während eines Forschungsaufenthalts an der Universität in Neapel in Kontakt. Ich war sofort begeistert. Zurück in Wien arbeitete ich als Postdoc aber noch ein paar Jahre an anderen Themen. Meine eigene Forschungsrichtung konnte ich erst wählen, als ich 2001 ein Apart-Stipendium der Akademie der Wissenschaften erhielt.
Wie finanzieren Sie Ihre Forschung?
Indem ich mich von Projekt zu Projekt hantle. Ich reiche laufend Forschungsprojekte bei den Förderstellen ein, um mein eigenes Gehalt und eine kleine Arbeitsgruppe zu finanzieren.
Sie sind seit drei Jahren Mutter. Wie haben Sie Kind und Forschung unter einen Hut gebracht?
Ich habe nach dem Mutterschutz wieder zu arbeiten begonnen. Und zwar Teilzeit, als mein Sohn drei Monate alt war. Meine Mutter hat mir im ersten Jahr sehr viel geholfen. Sie hat mir das Baby zum Stillen ins Büro gebracht, ist mit ihm ein paar Stunden spazieren gegangen und hat es mir dann wieder gebracht. Sie lebt in Oberösterreich, aber damals hat sie ihren Wohnsitz fast nach Wien verlegt. Auch der FWF war sehr flexibel und entgegenkommend. Ich konnte das Ausmaß meiner Arbeitszeit als Projektleiterin selbst bestimmen.
Haben Sie während des Studiums oder im Beruf schon einmal Diskriminierung erfahren?
Im Studium überhaupt nicht. Im Beruf direkt auch nicht.
Indirekt?
Naja. Ein Erlebnis hatte ich. Es gibt ja diesen Gummiparagraphen, dass Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt zu nehmen sind. Ich habe mich einmal um eine Assistentenstelle beworben, obwohl ich wusste, dass ein Kollege dafür vorgesehen war. Mit dem Kollegen hatte ich studiert, ich kannte sein Profil genau, es war ähnlich wie meines. Er hat die Stelle erhalten. Doch das ist ein generelles Problem an Universitäten - oftmals ist von Anfang an bekannt, wer den Job bekommen soll, und der Ausschreibungstext wird so gestaltet, dass er auf ihn passt. Das hätte im Prinzip auch eine Frau sein können.
Was bringen Programme wie FIT - Frauen in die Technik?
Diese Schnuppertage für Schülerinnen sind sehr gut organisiert. Doch bei den Life Sciences sind ohnehin mehr als die Hälfte Studentinnen. Nach obenhin gibt es eine extreme Ausdünnung. Bei den Assistenten sind circa 20 Prozent Frauen, bei den Professoren fünf. Konkret sind das sieben Frauen unter 140 Professoren an der TU.
Woran liegt das?
Eine berechtigte Frage.
Können Sie sie beantworten?
Nein. An der TU gibt es seit Jahren eine Koordinationsstelle, die sich mit Gender befasst. Die haben auch keine eindeutige Antwort. Es ist ein Zusammenspiel von Faktoren. Ein männerdominiertes Umfeld, in dem Seilschaften eine große Rolle spielen. Frauen sind schlecht organisiert.
Was sind Ihre Ziele?
Ich arbeite gerade an meiner Habilitation, um mich besser zu positionieren und mich für eine Professorenstelle bewerben zu können. Ich möchte eine längere Perspektive haben, meine Arbeitsgruppe vergrößern und auch weniger abgesicherte Ideen verfolgen. Doch das ist schlecht möglich, solange ich darauf angewiesen bin, dass alle meine Forschungsprojekte bewilligt werden, damit ich mein eigenes Gehalt finanzieren kann und meine Arbeitsgruppe abgesichert ist. Ich bin auf einem bestimmten Gebiet Spezialistin. Da ist es schwer, für einen ganz neuen Organismus mit einer ganz anderen Fragestellung Fördermittel zu bekommen. Jeder würde fragen: ,,Ja, können Sie das überhaupt?"
Was würden Sie anders machen, wenn Sie noch mal 18 wären?
Ich würde gar nicht viel anders machen. Vielleicht würde ich Chemie studieren. Mein Pech ist, dass es in der Zwischenzeit so unattraktiv geworden ist, die universitäre Laufbahn einzuschlagen, weil die Universitäten budgetär so schlecht ausgestattet sind.
Reiten Sie noch?
Ich habe mit meiner Schwester zwei Pferde, aber viel zum Reiten komme ich nicht. Mein Sohn ist auch schon ein begeisterter Pferdemann. Er will mithelfen und sitzt ab und zu schon auf dem Pferd.
Danke für das Interview!
Ausbildung
Expertise
Zeilinger, S., Galhaup, C., Payer, K., Woo, S.L., Mach, R.L., Fekete, C., Lorito, M., and Kubicek, C.P. (1999). Chitinase gene expression during my-coparasitic interaction of Trichoderma harzianum with its host. Fungal Genetics and Biology 26 (2): 131-140 Zeilinger, S. (2004). Gene disruption in Trichoderma atroviride via Agrobacterium-mediated transformation. Current Genetics 45(1): 54-60 Zeilinger, S., Reithner, B., Scala, V., Peissl, I., Lorito, M., and Mach, R.L. (2005). Signal transduction by Tga3, a novel G protein alpha subunit of Trichoderma atroviride. Applied and Environmental Microbiology, 71(3): 1591-1597 Reithner, B., Brunner, Schuhmacher, R., K., Peissl, I., Seidl, V., Krska, R., and Zeilinger, S. (2005). The G protein subunit Tga1 of Trichoderma atroviride is involved in chitinase formation and differential production of antifungal metabolites. Fungal Genetics and Biology 42: 749-760 Reithner, B., Schuhmacher, R., Stoppacher, N., Pucher, M., Brunner, K., and Zeilinger, S. (2007). Signaling via the Trichoderma atroviride mitogen-activated protein kinase Tmk1 differentially affects mycoparasitism and plant protection. Fungal Genetics and Biology 44: 1123-1133 Zeilinger, S. and Omann, M. (2007). Trichoderma biocontrol: involvement of signal transduction pathways in host sensing and mycoparasitism. Gene Regulation and Systems Biology (GRSB) 1: 227-234 Stoppacher, N., Reithner, B., Omann, M., Zeilinger, S., Krska, R., and Schuhmacher, R. (2007). Profiling of trichorzianines in culture samples of Trichoderma atroviride by LC-MS/MS. Rapid Communications in Mass Spectrometry 21 (24): 3963-3970. Stoppacher, N., Zeilinger, S., Omann, M., Lassahn, P.-G., Roitinger, A., Krska, R., and Schuhmacher, R. (2008). Characterisation of the peptaibiome of the biocontrol fungus Trichoderma atroviride P1 by LC-MS/MS. Rapid Communications in Mass Spectrometry 22 (12): 1889-1898. Brunner, K., Omann, M., Pucher, M. E., Delic, M., Lehner, S., Domnanich, P., Kratochwill, K., Druzhinina, I., and Zeilinger, S. (2008). Trichoderma G protein-coupled receptors: genome analysis and functional characterization of a cAMP receptor-like protein from Trichoderma atroviride. Current Genetics 54(6):283-299. Stoppacher, N., Kluger, B., Zeilinger, S., Krska, R., and Schuhmacher, R. (2010). Detection and identification of volatile metabolites of the biocontrol fungus Trichoderma atroviride by HS-SPME-GC-MS. Journal of Microbiological Methods 81(2): 187-193. Omann, M. and Zeilinger, S. (2010). How a mycoparasite employs G protein signaling: using the example of Trichoderma. Journal of Signal Transduction, doi:10.1155/2010/123126. Kubicek, C.P., Herrera-Estrella, A., Seidl-Seiboth, V, Martinez, D.A., Druzhinina, I.S., Thon, M., Zeilinger, S., et al. (2011). Comparative genome sequence anal-ysis underscores mycoparasitism as the ancestral life style of Trichoderma. Genome Biology 12:R40 (18 April 2011). Druzhinina, I., Seidl-Seiboth, V., Herrera-Estrella, A., Horwitz, B.A., Kenerley, C.M., Monte, E., Mukherjee, P.K., Zeilinger, S., Grigoriev, I.V., and Kubicek, C.P. (2011). Trichoderma: the genomics of opportunistic success. Nature Reviews Microbiology 9(10): 749-759. Omann, M., Lehner, S., Escobar-Rodriguez, C., Brunner, K., Stoppacher, N., and Zeilinger, S. (2012). The seven-transmembrane receptor Gpr1 governs host recognition and mycoparasitism in Trichoderma atroviride. Microbiology 158: 107-118. Brunner, K., Zeilinger, S., Reithner, B., Omann, M., and Mach, R.L. (2009). Trichoderma as biocontrol agent: potentials and limitations of molecular strain improvement. In: Agriculturally Important Microorganisms, Vol. 1 (Arora, D.K., ed.), Academic World International, India, pp. 153-164.
EMBO-Stipendium APART-Stipendium der Oesterreichischen Akademie der Wissenschaften Foerderungspreis der Stadt Wien Elise Richter-fellowship (FWF)