GENIE

Das Ziel des Projektes ist die Aufklärung von Zusammenhängen zwischen Versagen von Gelenkimplantaten und dem Geschlecht der PatientInnen.

GENIE

GENder-related Implant Examination

Beteiligte Organisationen

Technische Universität Wien – Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie (Projektkoordination), Technische Universität Wien – Institut für Chemische Technologien und Analytik

Laufzeit

Juni 2010 – Februar 2013

Projektleiterin

Prof.in Vasiliki-Maria Archodoulaki
vasiliki-maria.archodoulaki@tuwien.ac.at

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Ziel des Projekts

Das Ziel des Projektes ist die Aufklärung von Zusammenhängen zwischen Versagen von Gelenkimplantaten und dem Geschlecht der PatientInnen.

Fragestellungen

  • Wie werden Implantatteile aus PE-UHMW durch die Anwendung im weiblichen oder männlichen Körper unterschiedlich beeinflusst?
  • Ergibt sich daraus, unter Berücksichtigung von Faktoren wie Alter, Körpergewicht, Body Mass Index (BMI), Komorbiditäts-Index, etc. ein geschlechtsspezifisches Versagensverhalten?

Hintergrund des Projekts

Auf Grund seines geringen Reibungskoeffizienten, seiner großen Zähigkeit und seiner guten Biokompatibilität wird ultra hochmolekulares Polyehylen (PE-UHMW) seit den 1960er Jahren zum Gleitflächenersatz in Gelenkendoprothesen eingesetzt. Diese Implantatteile aus pE-UHMW sind die verschleißgefährdeten Elemente im totalen Gelenkersatz. Zudem ist in den nächsten Jahren mit einem deutlichen Anstieg an Primär- und Revisionsoperationen zu rechnen. Zurzeit entfallen ca. zwei Drittel der Knie-Operationen und mehr als die Hälfte der Hüft-Operationen auf Frauen. Allerdings gibt es nur ein künstliches Kniegelenk (Zimmer® Gender SolutionsTM NexGen® High-Flex Knee), das die im weiblichen Körper anderen anatomischen Voraussetzungen berücksichtigt. Es wird als unumstritten gesehen, dass Werkstoffe selbst geschlechtsinvariant sind. Bekannt ist allerdings, dass geschlechtsspezifische Reaktionen im menschlichen Körper zu berücksichtigen sind. Weiters ist bekannt, dass sich die hormonellen Zyklen im Leben von Frauen auf die Stabilität von Bändern und anderen Weichteilen des Bewegungsapparates auswirken. Es ist allerdings erstaunlicher Weise bis jetzt noch nicht untersucht worden, ob es geschlechtsspezifische Einflüsse auf die Lebensdauer lasttragender Gelenkimplantate gibt.

Geschlechter-/Gender-Konzeption

Im Zentrum steht das biologische Geschlecht.

Ergebnisse

Aus den Untersuchungen der physikalischen und chemischen Strukturparameter (Kristallinität, Oxidationszustand, Biomoleküle) sowie mechanischen Eigenschaften (mikromechanische Prüfung) geht hervor, dass es durch die Anwendung im Körper keine geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt.

Es konnte an Hand von Modellversuchen gezeigt werden, dass in biologische Flüssigkeiten eingelegtes UHMW-PE Material bereits nach kurzer Zeit starke Oberflächenveränderungen aufweist. Für Gelenksexplantate konnte auf Grund der Probezahl kein geschlechtsspezifischer Unterschied bei Lipid- und Proteinablagerungen gezeigt werden, vielmehr wurde der Patternunterschied auf den pathologischen Hintergrund der PatientInnen zurückgeführt.

MALDI-MS Untersuchungen zeigten darüber hinaus, dass Schadstellen an UHMW-PE Explantaten massenspektrometrisch detektiert werden können und diese tatsächlich mit Bioanalytabsorption korrelieren. Dies unterstützt die Annahme, dass Biomolekülabsorption zum Polymerabbau beiträgt und nicht alleine mechanische Belastung der Grund für Materialversagen ist.

Die Null-Hypothese wurde also bestätigt: Es gibt aus der ForscherInnensicht und nach der Untersuchung und Auswertung von 18 Explantaten kein geschlechtsspezifisches Versagen.

Die Geschlechterverteilung der untersuchten Explantate zeigte sich wie folgt: Es wurden 11 Frauen (61%) und 7 Männer (29%) untersucht. Die danach gezogenen Vergleiche erfolgten immer bei Frauen/Männern mit ähnlichem Körpergewicht und Body-Mass-Index, der gleichen Altersgruppe und dem gleichem Komorbiditätsindex. Außerdem nach den verschiedenen PE-UHMW Typen (Sterilisationsmethode) und einer vergleichbaren Einsatzzeit im menschlichen Körper.

Die Untersuchungen weisen darauf hin, dass vor allem der pathologische Hintergrund für die Ausprägung der Anlagerung verantwortlich ist. Die gegebene Probenzahl lässt keinen eindeutigen Schluss auf ein geschlechtsinduziertes Materialversagen zu. Gesellschaftliche, soziale und kulturelle Aspekte spielen eine größere Rolle als ursprünglich angenommen.

Dissemination der Ergebnisse

Fröhlich, Sophie M.; Archodoulaki, Vasiliki-Maria; Allmaier, Günter; Marchetti-Deschmann, Martina (2014). MALDI-TOF mass spectrometry imaging reveals molecular level changes in ultrahigh molecular weight polyethylene joint implants in correlation with lipid adsorption. In. Analytical chemistry, 7 October 2014, Vol.86 (19), S. 9723-32. Fröhlich, Archodoulaki, Allmaier, Marchetti-Deschmann (2014)

Fröhlich, Sophie M.; Dorrer, Victoria; Archodoulaki, Vasiliki-Maria; Allmaier, Günter; Marchetti-Deschmann, Martina (2014). Synovial Fluid Protein Adsorbtion on Artificial, Polymer-based Hip Joint Material Investigated by MALDI-TOF Mass Spectrometry Imaging. In: EuPA Open Proteomics, 4 (2014), S. 70 - 80. Fröhlich, Dorrer, Archodoulaki, Allmaier, Marchetti-Deschmann (2014)

Laska, Anna; Archodoulaki, Vasiliki-Maria; Duscher, Bernadette (2016). Failure analysis of retrieved PE-UHMW acetabular liners. In: journal of thermomechanical behavior of biomedical materials, 61 (2016), S. 70 - 78. Laska, Archodoulaki, Duscher (2016)

Nachwuchsförderung

Zwei Dissertationen (Fr. Markut-Kohl, „Versagen von PE-Hüftpfannen“ und Fr. Sophie Fröhlich, „Imaging von PE-Hüftpfannen“) wurden Großteils mittels der Ergebnisse dieses Projektes erstellt.

Universitätsbibliothek TU Wien Diss. Ruth Markut-Kohl

Universitätsbibliothek TU Wien Diss. Sophie Fröhlich