Studienzusammenfassung
From gender equality to household earnings equality: The role of women’s labour market outcomes across OECD countries

Der Gender Pay Gap - der Unterschied in den Durchschnittslöhnen von Frauen und Männern wurde - umfassend erforscht und stellt auch heute noch ein gesellschaftliches Problem dar. Es gibt viele Gründe für das Lohngefälle, darunter Unterschiede in der Ausbildung, der Berufserfahrung sowie kulturelle und soziale Faktoren. Zudem gibt es in vielen Ländern auch große Diskrepanzen zwischen den Haushaltseinkommen. Die Studie geht der Frage nach, wie sich die Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt auf die Einkommensungleichheit zwischen den Haushalten auswirken würde.

Zusammenfassung

Zusammengefasst für FEMtech von Julia Greithanner (JOANNEUM RESEARCH)

Einführung

  • Der Gender Pay Gap - der Unterschied in den Durchschnittslöhnen von Frauen und Männern - wurde umfassend erforscht und stellt auch heute noch ein gesellschaftliches Problem dar. Es gibt viele Gründe für das Lohngefälle, darunter Unterschiede in der Ausbildung, der Berufserfahrung sowie kulturelle und soziale Faktoren.
  • Zudem gibt es in vielen Ländern auch große Diskrepanzen zwischen den Haushaltseinkommen.
  • Die Studie geht der Frage nach, wie sich die Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt auf die Einkommensungleichheit zwischen den Haushalten auswirken würde.
  • Insbesondere drei Mechanismen werden von den Autor:innen in der Literatur identifiziert, wie sich Gleichstellung auf die Ungleichheit von Haushaltseinkommen auswirken kann:
    • Erwerbsquote der Frauen
    • Arbeitszeit der Frauen
    • Gender Pay Gap
  • Mit Hilfe von kontrafaktischen Szenarien wollen die Autor:innen herausfinden, wie sich kombinierte Veränderungen in den drei gleichstellungsorientierten Mechanismen auf die Ungleichheit von Haushaltseinkommen auswirken.

Forschungsstand

  • Bisher konzentrierten sich viele Studien auf den Anteil des Einkommens von Frauen am Gesamteinkommen des Haushalts oder auf einzelne Komponenten wie Beschäftigungsquoten, Gender Pay Gap und geleistete Arbeitsstunden. Daher wurden die Auswirkungen der einzelnen Mechanismen auf die Einkommensungleichheit in den Haushalten bislang nicht vollständig aufgeschlüsselt.
  • Die drei Hauptfaktoren für Einkommensungleichheit zwischen Haushalten sind:
    • Erwerbsquote der Frauen: Studien konnten zeigen, dass in Ländern, in denen die Erwerbsquote der Frauen ein Plateau erreicht hat, weitere Erfolge für mehr Einkommensgleichheit zwischen Haushalten gehemmt werden. Dagegen haben Länder, in denen die Erwerbsquote der Frauen noch relativ niedrig ist, wie in Griechenland, Italien und Spanien, ein vergleichsweise höheres Potenzial.
  • Arbeitszeit der Frauen: Dazu wurden nur wenige Studien im Zusammenhang mit Einkommensungleichheiten der Haushalte durchgeführt. Allerdings stellte eine Untersuchung von Gottschalk und Danziger (2015) fest, dass die Auswirkungen unterschiedlich ausfallen, je nachdem ob Hochverdiener:innen ihre Arbeitszeit erhöhen (à erhöht Ungleichheit) oder ob Geringverdiener:innen ihre Arbeitszeit erhöhen (à neutral oder Sinken der Ungleichheit).
  • Gender Pay Gap: Über die Auswirkungen der Beseitigung des Gender Pay Gaps auf die Einkommensungleichheit der Haushalte besteht kein Konsens. Einige Studien kommen zu dem Ergebnis, dass dies die Ungleichheit der Haushaltseinkommen verringert, während andere Studien nur begrenzte Auswirkungen feststellen.

Datengrundlage und Methodik

  • Für diese Studie wurden die Daten der Luxemburger Einkommensstudie (LIS) aus 2018/2019 verwendet, welche eine Sammlung von Mikrodaten aus über 50 Länder zu Einkommen und Verdienste aus Arbeit, Kapital, Renten, Steuern und Transfers auf Haushalts-und Personenebene darstellt.
  • Für das der Studie zugrundeliegende Sample wurden 22 OECD-Länder ausgewählt, darunter hauptsächlich europäische Länder (Österreich, Deutschland etc.) sowie Australien, USA und Kanada.
  • Die Analyse fokussiert sich auf die Haushaltsbezugsperson und deren Ehepartner:in/Partner:in (falls vorhanden) im Haushalt im Alter von 25 bis einschließlich 60 Jahren. Personen, die sich in einer Ausbildung befinden, wurden von der Stichprobe ausgeschlossen.
  • Das jeweilige Einkommen der Frauen und Männer wird durch Division des individuellen Einkommens durch die Quadratwurzel der Familiengröße des Haushalts ermittelt und als Bruttoeinkommen verwendet.
  • Neben dem Erwerbseinkommen wurden die Daten zum Familienstand und Beziehung zur Haushaltsbezugsperson, Geschlecht und Arbeitsstunden aus der LIS herangezogen. 
  • Nationale Unterschiede bei den Hauptfaktoren für Einkommensungleichheit zwischen Haushalten:
    • Die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Erwerbsarbeit sind in der Tschechischen Republik, Spanien, Griechenland, Italien und den USA am größten, während sie in Estland, Finnland, Island und Litauen am geringsten sind.
    • Bei den geleisteten Arbeitsstunden gibt es in Österreich, Australien, der Schweiz, Deutschland, Israel, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich die größten Unterschiede zwischen Frauen und Männern. All diese Länder weisen einen hohen Anteil an Frauen auf, die Teilzeit arbeiten.
    • Der Gender Pay Gap ist besonders groß in der Tschechischen Republik sowie in Estland, Island und den Niederlanden.
  • Zur Messung der Ungleichheit der Haushaltseinkommen wird der Gini-Koeffizient verwendet. Dieser gibt an wie das Einkommen in der Bevölkerung einer Nation verteilt ist. Ein Wert von 0 bedeutet, dass alle Personen ein relativ gleich hohes Einkommen haben und die Einkommensverteilung recht gleichmäßig ist. Dagegen steht ein Wert von 1 für eine maximale Einkommensdisparität. Der Gini-Koeffizient liegt bei den erhobenen Ländern zwischen 0,4 und 0,5, wobei Griechenland (0,56) und Italien (0,53) besonders hohe Werte haben.
  • Zur spezifischen Analyse der Auswirkungen der drei Mechanismen auf die Ungleichheit, wird eine Reihe von kontrafaktischen Szenarien durchgeführt, die (a) den Anteil der erwerbstätigen Frauen, (b) die durchschnittliche Arbeitszeit der erwerbstätigen Frauen und (c) den durchschnittlichen Stundenverdienst der erwerbstätigen Frauen verändern.

Ergebnisse für gleiche Erwerbsquoten

  • Auswirkungen auf die Ungleichheit der Einkommen zwischen Haushalten, wenn Frauen dieselbe Erwerbsquote hätten wie Männer mit den gleichen soziodemografischen Merkmalen im gleichen Land, bei konstant bleibenden Arbeitsstunden und Stundenlohn:
    • Dies hat erhebliche Auswirkungen auf den Gini-Koeffizienten in den meisten Ländern. Dieser reduziert sich im Durschnitt um 6,5% und reicht von 14% in Italien bis 2% in Litauen.
    • In Österreich würde sich die Ungleichheit der Haushaltseinkommen damit um 6% reduzieren.
    • In 11 von 22 Ländern sinkt die Ungleichheit um mehr als 7%, in der Tschechischen Republik, Griechenland und Italien (drei der Länder mit dem größten geschlechtsspezifischen Beschäftigungsgefälle) sogar um etwa das Doppelte.
    • Würde nur die geschlechtsspezifische Beschäftigungslücke für Frauen in einer Partnerschaft geschlossen werden, so hätte dies bereits einen beachtlichen Effekt auf die Verringerung der Ungleichheit der Haushaltseinkommen von im Durchschnitt 6%.
    • Die Verringerung des geschlechtsspezifischen Beschäftigungsgefälles hat eindeutige positive Effekte auf die Reduzierung der Ungleichheit zwischen Haushaltseinkommen: Eine Verringerung der geschlechtsspezifischen Diskrepanz um 10% geht mit einem durchschnittlichen Rückgang der Einkommensunterschiede um 0,6% einher. Dieser Effekt setzt sich linear so für jede weitere Verringerung fort.

Ergebnisse für gleiche Arbeitszeit und Lohn

  • Auswirkungen auf die Ungleichheit der Einkommen zwischen Haushalten, wenn Frauen die gleichen Arbeitszeiten wie Männer mit den gleichen soziodemografischen Merkmalen im gleichen Land arbeiten würden: 
    • Die durchschnittliche Veränderung beträgt etwa 1,8% und reicht von 5% (Niederlande) bis 0% (Litauen, Luxemburg, Vereinigte Staaten). In Österreich würde sich die Ungleichheit der Haushaltseinkommen um 3% verringern
    • Die Verringerung der geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Wochenarbeitszeit hat im Durchschnitt nur einen geringen Einfluss auf die Einkommensungleichheit zwischen den Haushalten. 
  • Auswirkungen auf die Ungleichheit der Einkommen zwischen Haushalten, wenn Frauen den gleichen Stundenlohn erhielten wie Männer mit den gleichen soziodemografischen Merkmalen im gleichen Land: 
    • Im Durchschnitt beträgt die Veränderung 1,6% und bewegt sich zwischen 6% (Tschechische Republik, Island, Slowakei) und 0% (Vereinigte Staaten). In Österreich würde sich die Ungleichheit um 2% reduzieren.
    • Auch die Verringerung der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern hat nur geringe Auswirkungen auf die Einkommensungleichheit zwischen den Haushalten. 

Ergebnisse – kombinierte Effekte

  • Auswirkungen auf die Ungleichheit der Einkommen zwischen Haushalten, wenn alleinstehende Frauen und Frauen in Partnerschaften die gleichen Beschäftigungsniveaus, Durchschnittsverdienste und Einkommensvarianz wie alleinstehende Männer und Männer in Partnerschaften hätten:
    • Im Durchschnitt würde sich die Ungleichheit der Haushaltseinkommen in den 22 Ländern um 9,5% verringern, mit unterschiedlichem Ausmaß von 17% in der Tschechischen Republik bis 4% in Litauen.
    • Der kontrafaktische Rückgang der Ungleichheit beträgt in 11 der 22 Länder der Stichprobe über 10% und in der Tschechischen Republik, Griechenland und Italien sogar über 15%.
    • In Österreich würde sich die Ungleichheit der Haushaltseinkommen so um 10% reduzieren.

Zusammenfassung

  • Die drei wichtigsten Mechanismen zur Beseitigung der Ungleichheiten bei den Haushaltseinkommen sind die Gleichheit von Frauen und Männern bei der Arbeitsmarktintegration, den geleisteten Arbeitsstunden und dem Arbeitslohn.
  • Die Erhöhung der Erwerbsquote von Frauen verringert die haushaltsbezogene Einkommensungleichheit im Durchschnitt um 6,5%. Damit ist dies im Vergleich zur Beseitigung des Gender Pay Gaps und des geschlechtsspezifischen Unterschieds bei den Arbeitsstunden der größte Einfluss auf die Verringerung der Einkommensungleichheit zwischen den Haushalten, insbesondere bei Frauen in einer Partnerschaft.
  • In 20 von 22 Ländern bringt die Schließung des Beschäftigungsgefälles die größte Veränderung. Dabei sind die Auswirkungen in jenen Ländern am größten, in denen die Diskrepanz zu Beginn am größten ist.
  • In Deutschland sowie auch in Österreich, allerdings in einem geringeren Ausmaß, ist die Beseitigung der geschlechtsspezifischen Unterschiede der Arbeitsstunden ein großer Einflussfaktor. Dies liegt an der hohen Anzahl an in Teilzeit beschäftigten Frauen in diesen Ländern.

Über diese Publikation

Publikationsart: Studie
Publikationsquelle: International
Publikationssprache: Englisch
Autor:innen: Leo Azzollini; Richard Breen; Brian Nolan
Titel: From gender equality to household earnings equality: The role of women’s labour market outcomes across OECD countries
Erscheinungsjahr: 2023
Erschienen in: Research in Social Stratification and Mobility, Volume 86