Studienzusammenfassung
Promising Practices for Addressing the Underrepresentation of Women in Science, Engineering, and Medicine: Opening Doors

Die vorliegende Studie zeigt die relevanten Handlungsfelder zur Förderung der Gleichbehandlung der Geschlechter in Forschungseinrichtungen auf. Dievier wichtigsten Schlussfolgerungen lauten: ein komplexes Phänomen kann nur durch systematisches Vorgehen verändert werden. Das verlangt Transparenz und Verantwortungszuweisung, eine evidenzbasierte Entwicklung von Strategien und Maßnahmen, die verpflichtend umgesetzt und regelmäßig überprüft werden müssen.

Die National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine wurde vom National Institute of Health, der National Science Foundation und von L’Oreal USA beauftragt, eine Studie mit den folgenden Schwerpunkten durchzuführen:

  • Analyse jener Faktoren, welche geschlechterspezifische Ungleichheiten in Anstellungs- und Beförderungsprozessen sowie beim Verbleib in STEMM-Karrieren (Naturwissenschaft, Technik, Ingenieurswesen, Mathematik und Medizin) verursachen.
  • Übersicht über evidenzbasierte Strategien und Maßnahmen für STEMM-Bereiche, um geschlechterspezifische Ungleichheiten in diesen Bereichen zu vermeiden. Die Studie verfolgt einen intersektionalen Ansatz, da sie sich insbesondere auf Maßnahmen zur Integration von farbigen Frauen fokussiert.
  • Zudem beleuchtet sie die Hürden und Herausforderungen, mit denen jene Organisationen im Rahmen der Umsetzung und des Ausbaus effizienter Maßnahmen konfrontiert sind.

Die folgende Studienzusammenfassung gibt einen Überblick über die Ergebnisse und Schlussfolgerungen dieser reichhaltigen Studie über Maßnahmen zur Förderung der Gleichbehandlung der Geschlechter in STEMM-Karrieren.

Studienzusammenfassung

Zusammengefasst für FEMtech von Riccarda Rosenball (JOANNEUM RESEARCH)

Ausgangslage

Die Unterrepräsentanz von Frauen in den STEMM-Bereichen ist inzwischen gut untersucht und empirisch nachgewiesen. Die Unterrepräsentanz von Frauen ist aber nicht in allen Bereichen und Staaten gleich, sondern je nach Karrierestufe, ethnischer Zugehörigkeit, Organisation oder Fachdisziplin unterschiedlich.

Die Gründe der Unterrepräsentanz liegen in strukturellen, kulturellen sowie organisationalen Formen von ungleicher Behandlung und Voreingenommenheit gegenüber Frauen in STEMM. Ungleichbehandlung ist daher kein individuelles Phänomen, sondern ein systemisches, das nur durch einen systemischen Ansatz gelöst werden kann.

Zu den daraus folgenden Konsequenzen zählen:

  • Vielzahl kleiner wie großer Hürden für Frauen, die Frauen davon abhalten sich für eine STEMM-Karriere zu entscheiden.
  • Verlust an talentierten Köpfen für Wissenschaft und Innovation.
  • Nationaler Arbeitskräftemangel in den STEMM-Bereichen.
  • Verlorene Möglichkeiten der Innovation und des wirtschaftlichen Erfolges auf Grund des Mangels an personeller Vielfalt.

Schlussfolgerungen (1)

Es gibt bereits zahlreiche effektive, evidenzbasierte Maßnahmen und Strategien für Organisationen zur Verbesserung der Gleichbehandlung der Geschlechter bei Anstellung, Verbleib und Beförderung von Frauen in STEMM-Bereichen. Jedoch sind weitere Anstrengungen zur Entwicklung von Maßnahmen zur Förderung der Partizipation von Frauen, die von intersektionalen Diskriminierungsformen betroffen sind, dennoch erforderlich.

Das Ziel dieser Maßnahmen muss daher die Erhöhung des Frauenanteils in STEMM-Karrieren sein. Insbesondere sollte die Bindung von Frauen in STEMM über alle Aus- und Weiterbildungsebenen verbessert werden. Strategien zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischen Stereotypen steigern das Interesse für STEMM sowie die Leistungsfähigkeit bei der Ausübung dieser Berufe.

Schlussfolgerungen (2)

Folgende Rahmenbedingungen können die Akzeptanz von Maßnahmen zur Verbesserung der Gleichbehandlung der Geschlechter in Anstellungs- und Beförderungsprozessen sowie beim Verbleib in STEMM-Karrieren unterstützen:

  • Engagement und Commitment von Führungskräften auf allen Ebenen.
  • Ausreichende Ausstattung mit finanziellen und personellen Ressourcen.
  • Klares Verständnis des organisationalen Kontexts und der Ursachen für Ungleichheiten.
  • Klare Verteilung von Verantwortung innerhalb der Organisation.
  • Sammlung organisationaler Daten als Informationsgrundlage und Dokumentation des Fortschritts.
  • Umsetzung eines intersektionalen Ansatzes, der unterschiedlicher Formen der Diskriminierung und Voreingenommenheit gegenüber Frauen umfasst (bspw. Geschlecht, Alter und Migrationshintergrund).

Empfehlungen

Die Unterrepräsentanz von Frauen in STEMM-Bereichen ist ein systemisches Problem. Aus diesem Grund sind die Empfehlungen an unterschiedliche Akteur/innen gerichtet. Die folgenden Empfehlungen lassen sich in vier Kategorien untergliedern:

  • Förderung der Transparenz und Verantwortlichkeit.
  • Einführung von datengesteuerten Maßnahmen zur Bekämpfung der Unterrepräsentanz von Frauen in den STEMM-Bereichen.
  • Anerkennung, Belohnung und Bereitstellung von Ressourcen zur Verbesserung der Fairness, Diversität und Integration in Organisationen.
  • Schließung von Wissenslücken durch Forschung.

Förderung von Transparenz und Verantwortlichkeit

Institutionen sollen messbare Ziele festlegen, die Zielerreichung überwachen und entsprechende Informationen der Öffentlichkeit zugängig machen. Studien haben gezeigt, dass Transparenz und Verantwortlichkeit zu Verhaltensänderungen in Richtung Fairness, Diversität und Integration führen.

Legislative und exekutive Behörden spielen die Schlüsselrolle im Vorantreiben von Gleichheit und Diversität. Forschungseinrichtungen sollen ihre Daten zur Gleichbehandlung der Geschlechter verpflichtend sammeln und analysieren sowie Berichte über Maßnahmen zur Förderung von Frauen in STEMM-Bereichen und deren Wirkungen mit Augenmerk auf Frauen, die von intersektionalen Diskriminierungsformen betroffen sind, veröffentlichen. Behörden oder Agenturen sollen Forschungseinrichtungen für die Förderung der Gleichbehandlung der Geschlechter verantwortlich machen und entsprechende Regeln formulieren.

Einführung datengesteuerter Maßnahmen

Die Reduktion geschlechterspezifischer Ungleichheiten in STEMM muss durch gezielte evidenzbasierte Maßnahmen unterstützt werden. Wichtig ist dabei, dass die Unterschiede nach Karrierestufen und Fachdisziplinen aufgezeigt werden.

Schaffung eines inklusiven Umfeldes in Forschungseinrichtungen:

  • Sammlung jährlicher Daten zur Anzahl der Studierenden, Trainees und Angestellten, welche nach Gender und ethnischer Zugehörigkeit aufgegliedert sind.
  • Bereitstellung von Ressourcen für die Durchführung qualitativer Studien zur Untersuchung der Arbeitskultur und den Erfahrungen von unterrepräsentierten Gruppen in den einzelnen Einheiten der Forschungseinrichtungen.
  • Umsetzung von auf diesen empirischen Evidenzen basierenden Strategien und Maßnahmen zur Förderung der Inklusion von Frauen.
  • Unterstützung von Maßnahmen und Forschung zu Ungleichbehandlung der Geschlechter in Forschungseinrichtungen durch Behörden und Agenturen.

Anerkennung, Belohnung und Bereitstellung von Ressourcen

  • Bemühungen von Institutionen zu mehr Chancengleichheit und Diversität werden oft durch einen Mangel verfügbarer Ressourcen erschwert. Darüber hinaus besteht die Erwartung, dass Frauen – insbesondere farbige Frauen – in Führungsebenen keine Anerkennung oder Gegenleistung für ihre positive Vorbildwirkung wünschen.
  • Führungskräfte in Forschungseinrichtungen sollen Richtlinien und Praktiken einführen, um Bemühungen für Gerechtigkeit, Vielfalt und Integration anzuerkennen und zu belohnen.
  • Behörden, Agenturen und private Stiftungen sollen zusammenarbeiten und Bemühungen zur Förderung von Gleichbehandlung anerkennen und belohnen.

Schließung von Wissenslücken durch Forschung

Obwohl in der Forschung von geschlechterspezifischen Ungleichheiten bereits zahlreiche Maßnahmen und Empfehlungen hervorgebracht wurden, welche zu einem positiven Wandel beitragen können, sind dennoch kritische Wissenslücken vorhanden, welche besondere Aufmerksamkeit in der zukünftigen Forschung erfordern.

  • Identifizierung von Strategien und Maßnahmen zur Förderung von Frauen, die von mehreren, intersektionalen Diskriminierungsformen betroffen sind.
  • Analyse jener Faktoren, die dazu führen, dass vor allem die Situation von weißen Frauen überproportional stark verbessert wird, aber andere Frauen bspw. mit Migrationshintergrund nicht von diesen Maßnahmen gleichermaßen profitieren.
  • Untersuchung jener Faktoren, die zum Erfolg oder Misserfolg bei der Implementierung von Maßnahmen zur Diversifikation in Institutionen geführt haben.
  • Langfristige Evaluierung von vielversprechenden Maßnahmen.
  • Identifizierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Frauen und Männern.

Zusammenfassung

Die vorliegende Studie zeigt die relevanten Handlungsfelder zur Förderung der Gleichbehandlung der Geschlechter in Forschungseinrichtungen auf.

  • Sie macht deutlich, dass es sich um ein komplexes Phänomen handelt, dass nur durch ein systematisches Vorgehen verändert werden kann.
  • Transparenz und Verantwortlichkeiten sind zentrale Voraussetzungen für ein erfolgreiches organisationales Handeln zur Vermeidung von geschlechtsspezifischen Ungleichheiten.
  • Evidenzbasierte Entwicklung von Strategien und Maßnahmen und deren regelmäßige Überprüfung ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung.
  • Behörden und Agenturen müssen Forschungseinrichtungen verpflichten entsprechende Maßnahmen und Aktivitäten umzusetzen.

Über diese Publikation

Publikationsart: Studie
Publikationsquelle: International
Publikationssprache: Englisch
Autor:innen: Colwell, Rita; Bear, Ashley; Helman, Alex
Titel: Promising Practices for Addressing the Underrepresentation of Women in Science, Engineering, and Medicine: Opening Doors
Erscheinungsjahr: 2020
Herausgeber:in: National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine
ISBN: 978-0-309-49824-1