FEMtech Netzwerktreffen vom 12. Juni 2017

12.06.2017 MCI Management Center Innsbruck, Universitätsstraße 15, Innsbruck

Nutzen durch Vielfalt

Vielfalt ist für Organisationen ein wirtschaftlich relevanter Faktor. Ein bunter Mix von MitarbeiterInnen, Führungskräften und KundInnen wirkt positiv auf den Unternehmenserfolg. Diversität muss in Managementkonzepten eine größere Rolle spielen. Was ist zu tun? Welche konkreten Schritte sind notwendig? Wie wirkt Vielfalt auf die Ziele von Organisationen? Mit welchen Indikatoren kann der Nutzen sichtbar gemacht werden? Welche Effekte gibt es darüber hinaus?
Diesen Fragen wurde im Rahmen des FEMtech Netzwerktreffens, das am 12. Juni 2017 in Innsbruck stattfand, nachgegangen.

Michael Kraxner eröffnete als Vertreter des Gastgebers und Kooperationspartners MCI die Veranstaltung. Internationalität ist ein zentrales Thema am MCI, aber auch Fragen wie Alter und Kaufkraft, sowie KundInnendifferenzierung und Heterogenität am Arbeitsmarkt stehen im Blickwinkel.

Silvia Neumann (BMVIT) hob hervor, dass Studien den Nutzen von Diversität belegen, doch stellt sich die Frage, warum die Bedeutung noch nicht alle erkannt haben. Kann Diversität die Antwort auf den Fachkräftemangel sein?  Sie verwies darauf, dass im Rahmen der Initiative FEMech darauf geachtet wird, dass neben dem Geschlecht auch andere Aspekte von Diversität berücksichtigt werden.

Heike Mensi-Klarbar ging am Beginn ihres Vortrags der Frage nach: Was ist Diversität und welchen Nutzen bringt sie? Neben der sozialen Gerechtigkeit wurde das Argument der verfügbaren Ressourcen, die Nutzung der Besten aller Gruppen und Erhöhung der Innovation & Kreativität durch die Vielfalt an Sichtweisen genannt. Dem Nutzen gegenüber stehen Widerstand und Gegenargumente wie: soziale Gerechtigkeit ist kein Thema in Profit Unternehmen, Quotenfrauen als negatives Label, Mangel an qualifizierten KandidatInnen oder individuelles Scheitern.
Vielfalt ist kein Nutzen an sich, jedoch besitzt Vielfalt unendlich viel Potenzial, dies belegen zahlreiche Studien. Diversität kann aber auch zu einem Mehr an Konflikten führen und der Zusammenhalt der Teams kann darunter leiden. Wie stark das Potenzial von Organisationen genutzt werden kann, hängt vom Diversitätsklima ab. Die negativen Auswirkungen überwiegen, wenn die Rahmenbedingungen in der Organisation nicht bereit sind.
Auch die Auswirkungen gemischter Teams und Frauen in Führungspositionen wurde oftmals untersucht. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es keine schlüssigen Ergebnisse über negative Auswirkungen auf die Performance von gemischten Teams und Frauen in Führungspositionen gibt. Die Frage, ob positive oder negative Ergebnisse entstehen, ist abhängig von der Wahrnehmung. Ein Beispiel  einer Untersuchung an der Columbia Universität in New York macht dies sichtbar: Wie ist die Wirkung auf den Kurs der Aktien beim Börsengang, wenn Frauen im Aufsichtsrat von Unternehmen sind? Nach dem Start mit einem schlechteren Kurs im Vergleich zu Unternehmen deren Board nur mit Männern besetzt ist, erholen sich die Kurse und gleichen sich an.
Business Case Diversity oder Business Case Diversity Management – geht es um die Frage Vielfalt ja oder nein oder geht es um den Umgang mit Vielfalt? Manche relevante Indikatoren sind schwer messbar andere wenig aussagekräftig. Denn eine allgemein gültige Aussage in diesem Punkt ist schwierig. Die Studien müssen, so wie die Maßnahmen, maßgeschneidert für die Organisation sein. Wenn der Boden, die Unternehmenskultur, noch nicht aufbereitet ist, kommt es zu negativen Erfahrungen und Konflikten und das Potenzial von Vielfalt kann sich nicht entfalten. Zum Schluss stellte Heike Mensi Klarbach fest: Diversität ist ein Faktum keine Frage von ja oder nein. Der Business Case unterstützt die Wahrnehmung, aber sollte nicht zu stark bewertet werden. Unternehmen können sich reine Männerteams nicht mehr leisten, denn dies ist mittlerweile gesellschaftlich in Frage gestellt.

Michaela Burger (D. Swarovski) sieht noch großen Handlungsbedarf im Thema „Diversitätsmanagement“ auch beim Unternehmen D.Swarovski. Im Bereich Frauenförderung sind sie bereits sehr aktiv, hier werden laufend weitere Aktivitäten umgesetzt, um mehr Frauen in die Technik zu bringen. Ein großes Anliegen ist ihr die Durchlässigkeit zwischen den klassischen Männer- und den klassischen Frauenberufen zu fördern und den Anteil der Frauen im Top-Management zu erhöhen. Im Moment liegt er bei 8-10%.

Ruth Breu (Uni Innsbruck) wurde zu ihrem Werdegang als Informatikerin von einer Lehrperson inspiriert.  Während ihrer Studienzeit gab es 10-15% Informatikstudentinnen, leider hat sich bis heute  wenig an dieser Prozentzahl geändert. Sie versucht selbst Vorbild für Studentinnen zu sein und erachtet das Angebot von Aktivitäten für den Nachwuchs wie z.B. den RoboCup Junior als besonders wichtig für die Zukunft.

Anhand persönlicher Erfahrungen und Beobachtungen in ihrem beruflichen Umfeld wurde Heike Mensi-Klarbach (WU Wien) auf den Handlungsbedarf im Thema Diversität & Gender aufmerksam. Dies unterstützte die Wahl ihres Dissertationsthemas: Business Case Gender & Diversität.  Die Gründe warum Frauen nicht ins obere Management gelangen sind subtil – Frauen selektieren sich selbst und sie werden selektiert. Oft passiert vieles unbewusst und es gibt wenig Veränderung. In der Diskussion entstand für das Publikum der Eindruck, dass Frauen nicht der Normalfall sind. Heike Mensi-Klarbach stellte fest, dass es immer Normen gibt. Als Beispiel: KindergärtnerInnen sind in der Vorstellung vieler weiblich. Im Zusammenhang mit Führungskräften werden international Männer positiver bewertet.

Für Patrizia Zoller-Frischauf (Landesrätin Tirol) ist es wichtig, die Bedingungen für Frauen zu gestalten. Als sie das Thema Wirtschaft im Land Tirol übernahm, entschied sie sich ein Gesellschaftsthema mit an Bord zu holen. Denn die Gesellschaft ist für sie ein unverzichtbares Element, damit die Wirtschaft funktioniert und umgekehrt. Als Frauenlandesrätin setzte sie verschiedenste Aktivitäten wie den Kontakt der Kleinsten mit Technik bereits in der Krabbelstube zu fördern oder für Unternehmen einen Anreiz zu schaffen 5% mehr Förderung zu erhalten, wenn ein Frauenförderungsplan im Konzept integriert wird. Patrizia Zoller-Frischauf nannte zwei Gründe, die klar für Diversität sprechen. Zum einen sind Frauen ein Faktor für die Kaufkraft - sie treffen 80% der Kaufentscheidungen zum anderen versäumen Männer Wesentliches, wenn sie nicht bei der Kinderbetreuung mithelfen.

Christine Hirzinger (GeoVille) arbeitet in einem KMU mit einem Anteil von 50% Frauen und starker internationaler Ausrichtung. Sie wurde von der Familie und den Lehrkräften dazu ermuntert sich für ein naturwissenschaftlich-technisches Studium zu entscheiden. Role Models haben sie motiviert in der Technik zu bleiben.

Eine Frage aus dem Publikum war nach guten Beispielen aus Unternehmen z.B. mit Fokus auf die Diversität der KundInnen. Das Podium berichtete von Projekten zur Produktentwicklung in die Frauen eingebunden werden, da man davon ausgeht, dass z.B. Frauen besser wissen was weibliche Nutzerinnen brauchen. Das daraus erhaltene Wissen fließt aber meist nicht ins Unternehmen zurück, um den Nutzen von Diversität auch innerbetrieblich aufzuzeigen und voranzubringen. Es bleibt bei Einzelbeispielen.

Einig war sich das gesamte Podium dahingehend, dass der Schlüssel zur Veränderung in den nächsten Generationen liegt und daher vor allem in Kindergärten und Schulen angesetzt werden muss.

Nach der Diskussion wurde die FEMtech Expertin des Monats Mai vorgestellt. Annika Schirmer arbeitet als Leiterin des Lager- und Materialmanagements im Unternehmen GE Power. Durch ihr praktisches Talent hat sie sich nach dem Studium für eine Karriere in einem Unternehmen entschieden. Frau Schirmer führt außerdem das global verankerte Frauennetzwerk bei GE am Standort Jenbach. Sie genießt dafür volle Rückendeckung und ein offenes Ohr vom Management. Die Prämierung zur FEMtech Expertin des Monats bedeutet für sie große Wertschätzung, da im Unternehmen unter 10% Frauen beschäftigt sind. Wichtig für das Thema Diversität in Organisationen sieht sie das Zusammenspiel von Förderung, ein fruchtbarer Boden im Unternehmen und die eigene Motivation und Engagement. Um den Anteil von Frauen in der Technik und in Führungspositionen zu erhöhen, gibt es für sie zwei relevante Ansatzpunkte: Frauen sollten Vollzeitbeschäftigung nicht scheuen und Unternehmen mehr Flexibilität ermöglichen.  

Im Anschluss wurde auf Einladung des bmvit am Buffet weiter diskutiert und genetzwerkt.

Fotos: © thomas-steinlechner.com/ Thomas Steinlechner

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