FEMtech Netzwerktreffen vom 28. September 2020

28.09.2020 Onlinemeeting via Zoom statt im Designforum Dornbirn

Gender und Klima – Eine Diskussion auf Augenhöhe?

„Gender Equality“ und „Climate Action“ sind zwei der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UNO (Sustainable Development Goals, SDGs). Beide Themen sind unterschiedlich stark in der öffentlichen Diskussion präsent. Sie unterliegen zyklischen Schwankungen im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und werden manches Mal bewusst in ihrer Wissenschaftlichkeit angezweifelt. Warum ist das so? Wie hängen beide Themen zusammen? Sind die beiden Themen gut unter den SDGs verankert? Oder überrollt der Klimaschutz das Thema Geschlechtergerechtigkeit?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich das FEMtech Netzwerktreffen, das aus Sicherheitsgründen im September als Zoom-Meeting abgehalten wurde. Jimmy Heinzl, Geschäftsführer der WISTO - Wirtschaftsstandort Vorarlberg Gesellschaft, betonte in seinen Eröffnungsworten, dass im Chancenland Vorarlberg Geschlechtergerechtigkeit ein genau so wichtiges Thema wie Klima sei. Er hob hervor, dass es in puncto Nachhaltigkeit bereits zahlreiche vorarlberger Betriebe mit Beispielcharakter gebe. Silvia Neumann, Vertreterin des BMK und verantwortlich für die Initiative FEMtech, stellte fest, dass das Thema Klima in Vorarlberg sehr zentral und wichtig ist und war schon sehr gespannt darauf, wie die Themen Gender und Klima in der Praxis behandelt werden.

In Ihrem Vortrag „Gender und die SDGs“ gab Therese Stickler (Umweltbundesamt) einen Überblick über die vielfältigen Zusammenhänge der Themen Gender und Klima. Beide Themen sollten nicht in Konkurrenz stehen, weil sie eng verknüpft sind. Seit der Agenda 2030 mit ihren 17 SDGs (Sustainable Development Goals) gibt es erstmals einen global gültigen Referenzrahmen für nachhaltige Entwicklung. Nicht nur Politik, auch Unternehmen und NGOs beziehen sich – auch in Österreich – immer häufiger auf die SDGs. Sowohl Gender (Ziel 5. Geschlechtergerechtigkeit erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen) als auch Klima (Ziel 13. Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen) ist ein eigenes SDG gewidmet. Gender- wie klimawandelrelevante Themen kommen auch in den Unterzielen anderer SDGs vor. Wichtig ist deshalb, alle relevanten SDGs durchzusehen und potenzielle positive als auch negative Auswirkungen eines Vorhabens auf alle SDGs vorab zu klären (mit Werkzeugen wie z.B. dem „SDG-ex-ante-Check“ des BMK).

Der Diskurs zu Klimawandel mit seinen beiden Säulen Klimaschutz und Klimawandelanpassung ist stark technisch-naturwissenschaftlich geprägt, währenddessen die soziale Dimension des Klimawandels vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit erhalten hat. Viele Studien zur Verbindung zwischen Gender und Klimawandel fokussieren auf ländliche Gebiete der Länder des globalen Südens. Wenig Forschung, und diese erst in den letzten Jahren, gibt es zu Klima und Gender in städtischen Räumen und in den Ländern des Nordens. Oft werden in Politik als auch in den Studien vereinfachende Bilder verwendet z.B. Frauen als Opfer aufgrund ihrer stärkeren Betroffenheit durch die Folgen des Klimawandels und Frauen als Schlüsselakteurinnen für eine bessere Anpassungsfähigkeit und Resilienz von Gemeinschaften (vgl. Röhr et al, 2018). In Österreich gibt es nur sehr wenig Forschung zu den sozialen Aspekten des Klimawandels und nur eine Handvoll Studien zu Klimawandel und Gender, etwa zur Nutzung von Gebäuden (z.B. das Projekt living_gender) oder Naturgefahren (z.B. das Projekt GIAKlim), aber keine breite Untersuchung zu Klimaschutz, Klimawandelanpassung und Genderaspekten.

Milieuansätze, in denen sozialdemografische Faktoren mit Werteorientierungen verknüpft werden, zu Gender und Umwelteinstellungen allgemein deuten darauf hin, dass Geschlechtsunterschiede innerhalb eines sozialen Milieus geringer ausfallen als Unterschiede zwischen den Milieus (vgl. Schipperges et al, 2017). Zu einer zwischen Frauen und Männern unterschiedlichen Risikowahrnehmung der Folgen des Klimawandels gibt es keine einheitlichen Aussagen aus internationalen Studien. Eine verstärkte Forschung und eine bessere Verschränkung der Themen Klima und Gender sowie anderer sozialer Faktoren im gesellschaftlichen Diskurs wären wichtig. Einerseits um besser zu verstehen, welche sozialen Faktoren inkl. Gender auf klimarelevantes Verhalten wirken. Andererseits um die Klimapolitik geschlechtergerecht zu gestalten, eine effektivere Verringerung der Treibhausgasemissionen und eine Erhöhung der Resilienz bei der Anpassung an den Klimawandel zu erreichen.

Eckart Drössler (Energieinstitut Vorarlberg) spannte den Bogen von seiner Tätigkeit in der Energieberatung zu Klima und Gender: Zwar gebe es auf der Ebene des eigenen Unternehmens und der beschäftigten externen Beratenden eine Genderbalance. Doch sei das Thema in Hinsicht auf das klimaneutrale Bauen doch recht männerdominiert, von den Unternehmen in der Baubranche bis hin zu den Personen, die sich beraten lassen. „Klimawandelleugner“ sieht er in seiner Tätigkeit weniger als Problem, vielmehr die große Menge von Menschen, die glauben, das Problem Klimawandel würde uns erst viel später treffen und deshalb das Thema von sich schieben. Ähnliches ließe sich in Hinblick auf Gender sagen. Der Wille zur unmittelbaren Veränderung und verantwortungsvollem Handeln müsse noch gestärkt werden.

Daniel Neyer (Neyer Brainworks GmbH) betonte, dass Gender und Klima auch aus seiner Perspektive als Ingenieur zusammengehören. Das beziehe sich insbesondere auf die Anwendung von Technik. Denn während etwa eine Kühleinheit als „pure Technik“ gewissermaßen „geschlechtsneutral“ sei, sei es ihre Anwendung keineswegs. Diese müsse letztlich individualisierbar sein, um allen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Auch in Hinblick auf die Zusammensetzung seiner (Forschungs-)Teams sei eine repräsentative Genderbalance deshalb wichtig. Was ihn zur Perspektive der Mitarbeitenden brachte und der Tatsache, dass die öffentliche Hand verstärkt in Kinderbetreuung und Care Arbeit investieren müsse. Das sei eine nachhaltige Investition, wie auch die für den Klimaschutz.

Franziska Kluttig (Rhomberg Bau GmbH) denkt Gender in Richtung soziale Nachhaltigkeit. Für die Motivation von Mitarbeitenden sei dies wichtig. Sie verortet einen Bewusstseinswandel bei den Angestellten: Geld als alleiniges Motivationsmittel sei nicht mehr ausreichend. Für eine positive Identifikation mit dem Arbeitgeber würden Werte immer wichtiger.

Mario Wintschnig (Zumtobel Lighting GmbH) legte die Herangehensweise der Zumtobel Group dar. Alle Unternehmensziele wurden mit den entsprechenden SDGs abgeglichen, sowohl Gender als auch Klima haben für die Organisation die gleiche Relevanz. Das sei auch deswegen wichtig, weil insgesamt 6.000 Mitarbeitende weltweit beschäftigt würden und das Erreichen der SDGs das Leben aller verbessern würde. Er wünschte sich mehr Engagement für die SDGs von anderen großen Unternehmen, da diese Unternehmen unter anderem durch ihre Größe auch großen Einfluss und Reichweite besäßen.

Mit Sabine Erber (Energieinstitut Vorarlberg) kam zudem die FEMtech Expertin des Monats August 2020 zu Wort (https://www.femtech.at/user/12627). Sie zeigte sich erfreut, dass ihre Wahl junge Kolleginnen motivierte und ihnen Mut gemacht habe. Auch von externer Seite gab es Zuspruch und Aufmerksamkeit. Genau das sei wichtig, junge Menschen und insbesondere (junge) Frauen in ihrem Tun und ihrer Karriere zu bestärken und sie sichtbar zu machen.