FEMtech Netzwerktreffen vom 16. November 2015

16.11.2015 Tech Gate Wien

Kulturwandel in der außeruniversitären Forschung? Der Frauenanteil in der außeruniversitären Forschung ist seit 2004 gesamt gesehen von 20% auf 25% gestiegen. Kann somit von einem beginnenden Kulturwandel in der außeruniversitären Forschung gesprochen werden?

Florian Holzinger von Joanneum Research präsentierte beim FEMtech Netzwerktreffen am 16. November 2015 in Wien die Ergebnisse der Gleichstellungserhebung 2014. 

Rupert Pichler (BMVIT) berichtete in seiner Begrüßung über die Entstehung der Gleichstellungserhebung 2014 und den Bezug zum früheren Gender Booklet. Daneben hob er auch die Bedeutung und Wichtigkeit der zusätzlich erhobenen Indikatoren für die Forschung selbst hervor und berichtet von dem eingeführten Gleichstellungsziel des bmvit im Rahmen der wirkungsorientierten Haushaltsführung. Er wies darauf hin, dass gerade im Unternehmenssektor, der größte F&E Sektor in Österreich, mit Abstand den geringsten Frauenanteil aufweist. Andreas Wildberger (FFG) verwies in seinen Begrüßungsworten auf den Mädchenanteil von 44% in der Förderlinie Praktika für Schülerinnen und Schüler, bei welchen Einblicke in die Welt der Forschung und Entwicklung in Naturwissenschaft und Technik gewonnen werden können. Da somit beim Nachwuchs entsprechendes Interesse vorhanden ist, erhoffte er sich vom Netzwerktreffen Anregungen und Ideen, wie den späteren Karrierebrüchen bei Frauen, die auch in der Studie festgestellt wurden, gegengesteuert werden kann. Denn das Problem der Leaky Pipeline sei auch aus den bei Gleichstellungsthemen sonst gut abschneidenden skandinavischen Ländern bekannt.

Florian Holzinger (Joanneum Research) ging anschließend auf einige Ergebnisse der Erhebung näher ein. Die Studie suchte Antworten auf folgende Fragen:

Wie hat sich Gleichstellung in der außeruniversitären Forschung zwischen 2004 und 2013 entwickelt?
Welche Bedeutung hat Gleichstellung in der außeruniversitären Forschung?
Sind Anzeichen für einen (Kultur)Wandel in der außeruniversitären Forschung feststellbar? Welche?

Die Ergebnisse bezüglich der Entwicklung der Gleichstellung weisen auf einen deutlichen Anstieg des Frauenanteils hin, der sich allerdings nicht in allen Einrichtungen gleichermaßen feststellen ließ. Besonders hoch ist der Frauenanteil bei den in 2013 erfolgten Neuanstellungen. Die Bedeutung der Gleichstellung in den außeruniversitären Einrichtungen hat in den letzten Jahren weder deutlichen Aufschwung noch Abnahme erfahren. Die Mehrheit der Einrichtungen gab an, keine spezifischen finanziellen Ressourcen für Gleichstellungsmaßnahmen reserviert zu haben. Generell sind für Holzinger Anzeichen für einen beginnenden Kulturwandel erkennbar: Hoher Frauenanteil bei Neuanstellungen; Anstieg des Frauenanteils in allen Funktionen (TechnikerInnen/Fachkräfte bis Geschäftsführung); Zunahme an Teilzeit-Arbeitsverhältnissen sowohl bei Frauen als auch Männern. Die dahinterstehenden Gründe für letzteren Indikator lassen sich allerdings nicht aus den Daten der Erhebung ableiten.

In der, auf die Präsentation folgenden Podiumsdiskussion, wurden weitere Aspekte rund um das Gleichstellungsthema angesprochen. Martina Schraudner (Fraunhofer) ging auf die festgestellten Karrierebrüche bei Frauen (Leaky Pipeline) ein und hielt fest, dass ein Auffüllen der Pipeline alleine nicht ausreicht. Beispielsweise brechen auch in technischen Studiengängen mit hohem Anteil an Studentinnen diese später aus der wissenschaftlichen Karrierebahn aus. Gründe vermutet sie zum Teil darin, dass weibliche studentische Hilfskräfte meist mit administrativen Tätigkeiten betraut werden, während ihre männlichen Kollegen eher in der Forschung eingesetzt werden. Der Start in die Arbeitswelt ist somit für beide Gruppen mit unterschiedlichen Arbeitserfahrungen verbunden, wodurch die weiblichen Absolventinnen später in Forschungsprojekten auch eher mit organisatorischen Aufgaben betraut werden und weniger Zeit für tatsächliche Forschungstätigkeit haben, was sich nachteilig auf die Karriere auswirkt.

Florian Holzinger (Joanneum Research) ging in der Diskussion ebenfalls auf die Leaky Pipeline ein und verwies auf Möglichkeiten, die Implementierung von Maßnahmen zur Chancengleichheit fördern zu lassen, wie zum Beispiel durch die Förderlinie FEMtech Karriere.

Simone Klein (Research Center Pharmaceutical Engineering) berichtete, dass es bezüglich Gleichstellungsmaßnahmen konkrete Vorgaben des Fördergebers gab. Somit wurden diese Maßnahmen bzw. Überlegungen dazu schon von Beginn an bei RCPE in den Unternehmenszielen festgehalten. Speziell bei der Personalsuche wurden Frauen immer schon gezielt angesprochen.

Ähnlich sieht dies auch Silvia Miksch (CVAST - Laura Bassi Centre of Expertise). Auch bei den Laura Bassi Centres of Expertise gab es konkrete Vorgaben zur Gleichstellung seitens des Fördergebers, die regelmäßig auch in einer Zukunftspotenzial-Analyse offengelegt werden müssen. Dadurch wurden schon bei der Antragsstellung entsprechende Indikatoren und dazugehörende Maßnahmen zur Gleichstellung und Karriereförderung der ProjektmitarbeiterInnen überlegt.

Johannes Dollinger (IST-Austria) unterstrich, dass Gleichstellungsmaßnahmen von der Geschäftsführung bzw. der Institutsleitung getragen werden müssen, um erfolgreich zu ein. Als funktionierende Maßnahmen bei IST-Austria nannte er ausgeglichene Gehälter, Vertragsverlängerung bei Karenz, Anhalten der Tenure-Clock sowie Dual Career Maßnahmen und den Betriebskindergarten am Campus.

Einig war sich das gesamte Podium dahingehend, dass es mehr weiblicher Role Models bedarf, um vermehrt weiblichen Nachwuchs in Forschung und Technologie anzuziehen. Gleichzeitig ist es wichtig, Frauen und Männer gleichermaßen zu befähigen, diversifizierte Teams zu führen – mitunter durch verpflichtende Weiterbildungen. Als wichtig wurde auch gesehen, dass beim Thema Gleichstellung nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer adressiert werden müssen, denn auch Männer können davon profitieren.

Im Anschluss wurde auf Einladung des bmvit am Buffet weiter diskutiert und genetzwerkt.

© Anna Rauchenberger