Expertin des Monats
Aug. 2006
DI Maria Fellner, MBA

Maria Fellner leitet seit 1999 die Forschungsgruppe „Intelligente Akustische Lösungen“ am Institut für Angewandte Systemtechnik der Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH in Graz gemeinsam mit ihrem Kollegen, DI Dr. Franz Graf.

Die fachlichen Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Akustisches Monitoring, Schwingungen sowie Audio und Multimedia. In der Umsetzung dieser Inhalte ist sie maßgeblich in der Akquisition, als Projektleiterin und im Management tätig.

Maria Fellner schloss das Studium Elektrotechnik-ToningenieurIn an der TU Graz und der Kunstuniversität Graz 1998 ab. Als Ergänzung zu ihrer allgemeinbildenden, musikalischen und technischen Ausbildung, absolvierte sie 2004 bis 2006 berufsbegleitend den Lehrgang „Business Management“ am WIFI Wien.

Nebenberuflich hat sie Lehraufträge an der TU Graz inne und betreut zahlreiche Diplom- und Projektarbeiten.

Interview

Frau Fellner, Sie leiten mit einem Kollegen den Forschungsschwerpunkt "Intelligente Akustische Lösungen" an der JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft in Graz. Womit beschäftigen Sie sich da?

Unsere wichtigste Kernkompetenz ist das Akustische Monitoring. Das kann man sich so vorstellen: Genauso wie heute schon sehr viel per Video überwacht werden kann, so kann man auch Geräusche überwachen. Manchmal ist es nämlich so, dass man gewisse Dinge nur an den Geräuschen erkennen kann. Wir sind die Einzigen in Österreich, die seit mehreren Jahren systematisch an dieser Geräuschüberwachung und -klassifikation arbeiten. Wir bearbeiten dieses Thema in den verschiedensten Bereichen und bauen es immer weiter aus.

Ein Beispiel aus der Verkehrstelematik: hier haben wir in Tunnels Mikrofone zusätzlich zu den Kameras installiert, um auch die Geräusche zu überwachen. Die Idee ist die: wenn ein Unfall passiert, dann ist dieser fast immer mit einem Geräusch verbunden, das auch sofort auftritt. Dieses wird dann von den Mikrofonen und der nachfolgenden Signalverarbeitung detektiert. Im Gegensatz dazu muss sich Rauch erst einmal entwickeln, um im Bild erkannt werden zu können. Dadurch kann wertvolle Zeit gewonnen werden. Wenn zum Beispiel ein Geräusch auftritt, das nicht zu den normalen Verkehrsgeräuschen zählt, kann man die zugehörige Kamera in der Tunnelwarte auf den zentralen Monitor schalten. Dann kann sofort nachgeschaut werden, was passiert ist.

Auf ähnliche Weise monitoren wir Geräusche und Schwingungen auf Straßen, um Rückschlüsse auf die einzelnen Fahrzeuge ziehen zu können, z. B. die Achszahl oder die Motorisierung. Dies ist im Zusammenhang mit dem elektronischen Mautsystem von Interesse. Im Bereich Audio und Multimedia arbeiten wir ebenfalls an der automatischen Erkennung von akustischen Ereignissen. Das ist besonders dann relevant, wenn TV-Material zumindest halbautomatisch annotiert (inhaltlich beschrieben) werden soll.

Wir erkennen auch hier bestimmte Geräusche oder z. B. Jingles. Dadurch kann man Highlights in Sendungen schneller wieder finden. Bei vielen dieser Projekte ist es übrigens so, dass das Akustische Monitoring als zusätzliche Informationsquelle zur Videoinformation genutzt wird. Durch die Kombination dieser verschiedenen Modalitäten kann insgesamt eine "intelligentere" Lösung entwickelt werden.

Sie haben sich nach der Matura an einem Realgymnasium für eine technische Laufbahn entschieden und begonnen, Elektrotechnik an der TU Wien zu studieren: Wie kam es dazu? Könnten Sie sagen, dass in ihrer Familie die Technik sehr gefördert worden ist?

Mein Vater hat Nachrichtentechnik studiert. Er war mein Vorbild, aber er hat nie darauf gedrängt, dass ich einen Beruf in diesem Bereich ergreife. Ich wollte allerdings bereits mit 10 Jahren Nachrichtentechnikerin werden, weil ich immer schon großes Interesse und Begabung für Naturwissenschaften und Technik zeigte.

Danach haben Sie sich für den Studienzweig Elektrotechnik-Toningenieur mit dem Wahlfachschwerpunkt auf Akustik und Audiotechnik entschieden und sind dafür nach Graz gegangen. Was hat Sie an diesem Thema begeistert und warum wechselten Sie dafür die Ausbildungsstätte?

Die ersten 2 Jahre in Wien waren der erste Abschnitt Elektrotechnik, der sehr allgemein gehalten ist mit vielen Grundlagenfächern, wo man sich noch nicht für einen bestimmen Zweig entscheiden musste. Ich habe nebenher schon immer sehr viel Musik gemacht, Klavier und Orgel gespielt und im Chor gesungen. Der Studienzweig in Graz hat mir die Möglichkeit gegeben, mein Hobby ein wenig ins Studium zu integrieren. Ich habe dann zusätzlich zu den technischen Fächern, die man sowieso hat, Orgelunterricht an der Musikhochschule bekommen oder auch Gehörschulung gemacht. Ich habe als Freifächer dann auch Fächer von Komponisten und Dirigenten absolviert.

War es für Sie selbstverständlich, für die Ausbildung den Wohnort zu wechseln und inwiefern war das maßgeblich für Ihre heutige Position?

Selbstverständlich war es nicht, denn gerade Wienerinnen und Wiener bleiben oft in Wien für ihre Ausbildung. Meine Eltern haben es mir die Entscheidung jedoch völlig freigestellt, damals war ich 20. Es ist mir natürlich schwer gefallen, mein privates Umfeld in Wien zu verlassen. Aber der Studienzweig selbst war für mich so reizvoll, dass ich das auf mich genommen habe. Das Weggehen war eine wichtige Erfahrung für mich. Außerdem war die Ausbildung wirklich gut, ohne sie könnte ich meinen heutigen Beruf nicht so gut ausüben.

Was war eigentlich der Anreiz dafür, dass Sie sich für die Tätigkeit an einem außeruniversitären Forschungsinstitut entschieden haben?

Nach meinem Studienabschluss im Dezember 1998 wollte ich nicht in einer x-beliebigen Firma zu arbeiten beginnen und habe von einer AssistentInnenstelle an der Kunstuniversität Graz erfahren, an dem Institut, wo ich meine Diplomarbeit geschrieben habe. Die Stelle war aber erst für Juli 1999 ausgeschrieben. Diese hätte ich auch bekommen. Nur habe ich in der Zwischenzeit über Werkvertrag für JOANNEUM RESEARCH gearbeitet und habe da im Mai eine Stelle angeboten bekommen, die für mich noch interessanter war. So bin ich hier geblieben und habe mit meinem Kollegen Franz Graf unsere Forschungsgruppe aufgebaut. Diese Möglichkeit hätte ich an der Kunstuniversität nicht gehabt.

Sie haben während des Studiums klassische und elektronische Musik CD-Produktionen gemacht. Ist das ein Hobby oder benötigen Sie das für Ihren Beruf, um in der Praxis zu bleiben?

Die Tontechnik erlernt man unter anderem in diesem Studienzweig. Die Studierenden werden allerdings für die Entwicklung von (ton-)technischen Geräten ausgebildet, wie z.B. Kopfhörer, Mikrofone, Mischpulte, aber auch Freisprecheinrichtungen u.ä. Aber auch alles was mit Audiosignalverarbeitung in der Mobilfunktechnologie zusammenhängt. Um diese Dinge entwickeln zu können, muss man wissen, wie man sie bedient. So lernt man natürlich auch z.B. das Mastern von CDs und kann das während des Studiums als Nebenjob machen. Für meine jetzige Position ist das aber nicht erforderlich.

Sie haben erst kürzlich einen Lehrgang für Business Management am WIFI Wien abgeschlossen, inwiefern ist diese Ausbildung relevant für Ihr Berufsbild?

Der war sehr wichtig, weil ich auch Projektleiterin bin und so eine Managementfunktion ausübe. Ich sage oft, mein Job besteht darin Leute zusammenzubringen und zusammen zu halten und da kommt eben auf das Management an. Da diese Dinge weder im Gymnasium noch im Technikstudium vorgekommen sind, habe ich sie mir danach neben meiner Berufstätigkeit angeeignet.

Sprachkenntnisse sind eine weitere wichtige Kompetenz für eine Führungsposition. Sie sprechen Slowenisch. Inwiefern ist das für ihre Position hilfreich?

Wir sprechen hier von einem Grundkurs, der in der Firma angeboten worden ist, den ich jetzt 2 Jahre besucht habe, einmal in der Woche. Nachdem ich jetzt in der Steiermark lebe und Slowenien das Nachbarland ist, bin ich privat und auch beruflich immer wieder dort. Für die Steiermark ist die sogenannte Zukunftsregion Südost sehr wichtig, und somit werden auch mit slowenischen Forschungsinstitutionen strategische Kooperationen eingegangen. Mittlerweile kenne ich auch die Akustikkollegen aus dieser Region und pflege diese Kontakte.

Sie sind in Ihrer Position auch für Teammanagement zuständig: glauben Sie, dass Sie als Frau das Team anders managen, als es einer Ihrer männlichen Kollegen tun würde?

Ich würde jetzt nicht behaupten, anders als jeder männliche Kollege, aber ich würde sagen, dass ich in unserer Gruppe diejenige bin, die sich am meisten mit Kommunikation beschäftigt hat und auch sich dafür interessiert. Oft bin ich diejenige, die den Anstoß gibt für etwas, das eigentlich eh schon in der Luft liegt. Auch meine männlichen Kollegen kommen natürlich mit Ideen, aber oft bin ich dann diejenige, die das Vorgehen dafür strukturiert und moderiert.

Sie geben an, öfters als Rollenmodell zu Verfügung zu stehen. Wie wichtig sehen Sie die Funktion von weiblichen Vorbildern im technischen Bereich?

Die halte ich für sehr wichtig, deswegen mache ich es auch. Als ich zu studieren begonnen habe bzw. so um die Matura gab es auch schon Veranstaltungen mit Technikerinnen, die ein bisschen erzählt haben und denen man Fragen stellen konnte. Ein paar dieser Veranstaltungen habe ich besucht und es sehr ermutigend gefunden. Ich habe auch zwei Bücher über Frauen in der Naturwissenschaft und Technik gelesen und habe daher schon geahnt, dass für mich die Situation ein wenig anders sein könnte als für meine männlichen Kollegen. Ins Studium bin ich dann ein wenig vorbereitet hineingegangen und das war sicher gut so. Das möchte ich jetzt ebenfalls an jüngere Kolleginnen weitergeben.

Sie haben bereits im Alter von 5 Jahren angefangen Klavier zu spielen. Ist das eine Voraussetzungen für ihre berufliche Laufbahn?

Dass man mit 5 Jahren beginnt, ist keine Voraussetzung, aber ein Instrument spielen zu können ist schon gut. Man muss es zwar nicht vor dem Studium spielen können, aber spätestens bei der Aufnahmeprüfung muss man gewisse musikalische Grundkenntnisse nachweisen, die man von irgendwoher haben muss. Im Studium hat man dann 3 Jahre Instrumentalunterricht als Pflichtfach. Man kann da natürlich auch erst ein Instrument anfangen, wenn man allerdings schon vorher eine musikalische Ausbildung hat, egal welche, ist das natürlich von Vorteil.

Sie tanzen argentinischen Tango und lehren diesen auch, inwiefern hängt dieses Hobby mit Ihrem Beruf zusammen?

Musik ist für mich etwas, das mich zutiefst berührt und bewegt. Die Musik ist es auch, die mich zum Tanzen bewegt. Zum argentinischen Tango bin ich über den verstorbenen Lehrer Klaus Johns gekommen, der die Toningenieure in Gehörschulung unterrichtet hat. Insofern hat es mit meinem Beruf eine Verbindung, aber eine persönliche.

Gleichzeitig habe ich auch durch das Organisieren von Veranstaltungen und mehrtägigen Festivals recht unbeschwert einiges an Projektmanagement gelernt.

Was würden Sie gerne beruflich noch erreichen? Was sind ihre Ziele?

Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass unsere Forschungsgruppe im Akustischen Monitoring österreichweit führend bleibt und eine größere Bekanntheit erlangt. So sollen unsere Projekte größer und internationaler werden und die Gruppe auch personell wachsen. Was mich besonders reizt, sind die damit verbundenen wachsenden Gestaltungmöglichkeiten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Mag.a Beatrix Hausner, ÖGUT

Maria Fellner
DI Maria Fellner, MBA

digitAAL Life GmbH

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Letzte Aktualisierung: 22.03.2021