Expertin des Monats
Dez. 2021
DIin Eva Müller-Axmann (ehem. Schneider)

Wie in vielen, nicht nur naturwissenschaftlichen/technischen Berufen, braucht es auch in der Abfallwirtschaft mehr Frauen, die die Zukunft aktiv mitgestalten. Die Raan Gruppe stellt hier sicher ein besonderes Beispiel dar, da die Frauenquote aktuell bei 56% liegt. In klassischen Entsorgungsunternehmen wird es da schon bedeutend weniger, allerdings kommen in den letzten Jahren immer mehr Kolleginnen hinzu, die auch in den technischen Fachabteilungen angesiedelt sind. Wenn wir an die Zukunft denken, die vor allem durch den Klimawandel noch große Herausforderungen bereithalten wird, ist es wichtig, alle Menschen entsprechend „abzuholen“ und in die Gestaltung neuer Wege miteinzubeziehen.

Interview

Interview mit Eva Schneider

Was steht auf Ihrer Visitenkarte?

DIin Eva Schneider, BSc
Head of Consulting AT
RecyleMe GmbH

Was macht die RecycleMe GmbH genau?

Die RecycleMe GmbH ist eine internationale Unternehmensberatung der Raan Gruppe im Bereich der kreislaufwirtschaftlichen Marktentwicklungen und des nachhaltigen Verpackungsmanagements. Das Team berät und unterstützt renommierte Kund:innen aus unterschiedlichen Branchen bei der Optimierung der Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen sowie bei der Erfüllung internationaler Verpflichtungen rund um die erweiterte Produzent:innenverantwortung (EPR). Die Marke RecycleMe vereint modernste technische Möglichkeiten, digitale Bewertungstools und innovative Lösungen, wodurch Unternehmen durch ganzheitliche Betrachtungsweisen von nationalen und internationalen Anforderungen in einer modernen Kreislaufwirtschaft profitieren können. Mehr Informationen unter www.recycleme.eco

Teil der Raan Gruppe ist neben der RecycleMe GmbH auch die international agierende Reclay Group, die individuelle Rücknahme- und Verwertungssysteme für Verkaufs- sowie Transportverpackungen entwickelt und Unternehmen sowie Regierungen beim Aufbau von Rücknahmelösungen berät. Darüber hinaus steuert die Unternehmensgruppe die Aufbereitung und Verwertung von Rezyklaten und versorgt die Wirtschaft so mit wichtigen Sekundärrohstoffen. Die spezialisierten Tochterunternehmen decken die gesamte Wertschöpfungskette der Abfallentsorgung und -verwertung ab – mit dem Ziel, Wertstoffe so lange wie möglich in einem geschlossenen Kreislauf zu halten.

Sie sind „Head of Consulting AT”. Was machen Sie da genau?

Mein derzeitiger Arbeitsschwerpunkt liegt im Bereich der (Lizenz-)Kund:innenberatung und befasst sich vorrangig mit allen Themen rund um das Inverkehrbringen von Verpackungen. Gemeinsam mit meinem Team beraten und unterstützen wir unsere Kund:innenin Compliancefragen, optimieren Verpackungen mit Blick auf ihre theoretische, technische und praktische Recyclingfähigkeit und koordinieren Projekte rund um den Einsatz von Rezyklaten.

Die Weiter- und Neuentwicklung von Geschäftsfeldern steht hier besonders im Fokus – ich engagiere mich daher auch stark im Bereich Business Development rund um neue technische und digitale Innovationen im Bereich der Abfallwirtschaft. Hier ein paar Beispiele meiner aktuellen Projekte.

Leuchtturmprojekt PO-Kreislaufwirtschaft

Gemeinsam mit unseren Projektpartner:innen Henkel Central Eastern Europe, HACKL, Kruschitz und ALPLA haben wir im Rahmen einer Initiative des FCIO (Fachverband für Chemische Industrie) an einer Waschmittelflasche aus über 60% recyceltem HDPE-Kunststoff (High Density Polyethylen ) gearbeitet. Das Schließen von (Wertstoff-)Kreisläufen für andere Kunststoffarten neben PET (Polyethylene terephthalate) ist notwendig, um das gesamtheitliche Recycling von Kunststoffen kontinuierlich zu verbessern. Gerade im Non-Food-Bereich gibt es hier Optimierungspotenzial in Österreich. Daher sind es Projekte wie dieses, wo intensiv geforscht und laufend optimiert werden muss, um eine moderne, nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu gestalten.

Kooperationen mit Sortieranlagen

Im Oktober haben wir mit der Stadler Anlagenbau GmbH in deren hochmoderner Demonstrationsanlage in Slowenien eine Zusammenarbeit gestartet. Hier können Kund:innen das Sortierverhalten ihrer Verpackungen unter aktuellen und realistischen Bedingungen untersuchen lassen. So können wir die Qualität der Ergebnisse bei der Recyclingfähigkeits-Analyse und Optimierung von Verpackungen noch weiter steigern.

Zusammenarbeit im wissenschaftlichen Bereich

Gemeinsam mit Forschungspartner:innen, wie der Montanuniversität in Leoben, versuchen wir im Rahmen eines Technikums rund um die praktische Recyclingfähigkeit von Verpackungen, neue Testroutinen zu entwickeln. Unterstützt werden wir hierbei auch von unserem/r Kooperationspartner:in TÜV Süd (Technischer Überwachungsverein), mit dem wir seit Ende 2020 die erfolgreiche Kooperation „Certify“ vorantreiben. Im Rahmen dieser Bewertung haben Hersteller:innen und Unternehmen die Möglichkeit, die Recyclingfähigkeit ihrer Verpackung zertifizieren zu lassen. Dazu wird von einem Expert:innenenteam der RecycleMe GmbH ein digitaler Zwilling einer Verpackung mit all seinen notwendigen, detaillierten Komponenten erstellt und auf Basis des Mindeststandards der ZSVR (Zentrale Stelle Verpackungsregister) bewertet. Mithilfe des Ergebnisses kann im Anschluss die entsprechende Verpackung vom TÜV Süd zertifiziert und mit einem Prüfzeichen versehen werden.

Was fasziniert Sie an der Kreislaufwirtschaft?

Vor allem die Diversität des Themas. Es gibt hier noch so viel Erklärungsbedarf, da im Bereich der Abfallwirtschaft historisch gesehen nie einheitlich kommuniziert werden konnte. Erst durch den Fokus der politischen Agenda im Zuge des Kreislaufwirtschaftspakets wurde der Austausch zwischen den Unternehmen angestoßen. Als Teil der Raan-Gruppe bzw. RecycleMe verstehen wir uns unter anderem auch als Kommunikationspartner:in der Unternehmen, da wir sowohl von der Seite der Entsorgung aber auch von der Seite der Inverkehrbringer:innen von Verpackungen umfassendes Wissen besitzen.

Wie hoch ist der Frauenanteil bei der Raan-Gruppe bzw. der RecycleMe GmbH in Österreich?

Nach letzter Erhebung waren es knapp 56% in der gesamten Gruppe. In der österreichischen Organisation liegen wir noch deutlich darüber.

Was unternimmt die RecycleMe GmbH zur Förderung von Chancengleichheit in der Organisation?

Wir unterstützen vor allem Eltern durch flexible Arbeitszeitmodelle und umfassende Homeoffice Möglichkeiten. Dieser Entwicklung wurde durch Corona sicher nochmals Nachdruck verliehen und ein großer Teil unseres heutigen Geschäfts basiert auf digitalen Lösungen. Wir sehen dies auch als eine unserer größten Stärken, um internationale Kund:innen erfolgreich beraten zu können.

Wir müssen auch nicht darüber nachdenken, bei der Besetzung einer vakanten Stelle nach Geschlechtern zu unterscheiden oder aufgrund der Quote eines der Geschlechter zu bevorzugen. Jene Person, die am besten für den Job geeignet ist, wird ausgewählt. Wir haben sehr viele top ausgebildete und motivierte Frauen in der Organisation, die bravourös zeigen, dass sich die Balance zwischen Job und Familie in der Raan-Gruppe wunderbar managen lassen. Die Dynamik, die unsere tägliche Arbeit prägt und in der wir uns selbst verwirklichen können, ergibt sich ganz von alleine.

Am Ende des Tages befinden sich alle Unternehmen in einem War for Talents und so ergibt es auch keinen Sinn, hier eine große Bevölkerungsgruppe von der Gestaltung der Zukunft auszuschließen. Deshalb ist uns die Förderung von Frauen, Müttern aber heute auch schon viel mehr Eltern (!!!) so wichtig – motivierte und zufriedene Mitarbeiter:innen machen unsere Konzern-Familie aus und unterscheiden uns auch am Markt von unseren Mitbewerber:innen.

Sie haben Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Universität für Bodenkultur in Wien studiert. Wie kam es dazu?

Ich wollte nach der Matura unbedingt etwas im Umweltbereich studieren, war aber schon immer extrem vielseitig interessiert und es macht mir viel Spaß unterschiedlichste Themen miteinander zu verknüpfen – klassische, technische Studien wie Elektrotechnik und Co. aber auch wirtschaftliche Studien wie Betriebswirtschaftslehre waren mir zu einseitig. Im Zuge des Studiums bin ich dann auf den Fachbereich Abfallwirtschaft gestoßen und aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten hier wirklich noch etwas bewegen zu können, einfach gleich geblieben.

Die fehlende technische Fachexpertise, die dem Studium oft vorgeworfen wird, habe ich im Zuge meines ersten Jobs mehr als nachgeholt und auch noch um wesentliches wirtschaftliches Wissen ergänzt.

Was braucht es Ihrer Meinung nach noch, damit mehr Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik Fuß fassen?

Weniger Schubladendenken in der Gesellschaft. Das fängt bei rosa und blauen Baby-Bodies an und endet da, wo Mädchen eingeredet wird, dass sie nicht gut in Mathematik sind, weil Buben das halt einfach besser können. Oder dass man sich als Mädchen nicht dreckig machen darf. Oder Dinge wie Autos nur Buben vorbehalten sind, weil man das Mädchen eh nicht verstehen können. Damit erstickt man schon ganz früh Interesse an diesen Themen. Viele Mädchen und junge Frauen haben auch in der Schule ähnliche Erfahrungen gemacht, was unglaublich schade ist – wer weiß, wie viele gute Ideen uns als Gesellschaft dadurch schon entgangen sind? Es ist daher umso wichtiger, dass auch in den Schulen entsprechend zu pushen und vor allem auch Mädchen dazu zu ermutigen, sich technischen und naturwissenschaftlichen Herausforderungen zu stellen.


Wordrap mit Eva Schneider

Womit ich als Kind am Liebsten gespielt habe:
Autos, Figuren aus den alten Linde-Kaffee-Verpackungen und mit Tierfiguren von meiner Mutter und Oma, ganz viel Lego und manchmal/ganz selten auch (Barbie-) Puppen.  Den Hauptteil meiner Zeit habe ich aber mit Lesen verbracht.

Dieses Studium würde ich jetzt wählen:
Vielleicht Maschinenbau, da ich im Zuge meiner praktischen Arbeit in der Abfallwirtschaft hier zunehmend Begeisterung für Maschinentechnik entwickelt habe. Andererseits bin ich mit meinem gewählten Studium Umwelt- und Bioressourcenmanagement ebenso glücklich, da es mir einen breiten Einstieg ermöglicht hat.

Mein Vorbild ist:
Eigentlich habe ich kein konkretes Vorbild: Ich denke, alle Menschen, die wir im Laufe unseres  Lebens (persönlich) kennenlernen, haben gewisse Stärken, die wir  bewundern und uns  „abschauen“ können. Besonders beeindrucken mich integre Persönlichkeiten, die neben einer großen Fachkenntnis einen scharfen Verstand besitzen und trotzdem die Menschen in den Vordergrund stellen.

Was ich gerne erfinden würde:
Eine Maschine für Hausverstand – damit könnten wir viele Probleme lösen

Wenn es mehr in den beruflichen Kontext geht, dann eine Sortier- und Aufbereitungsanlage für (Kunststoff-)Verpackungsabfälle, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist.

Wenn der Frauenanteil in der Technik 50 Prozent beträgt …
…und auch die Durchmischung der Teams entsprechend ausrichtet ist, bekommen wir aufgrund der veränderten Teamdynamik in vielen Fällen facettenreichere und bessere Lösungen.

Wenn der Frauenanteil in Führungspositionen 50 Prozent beträgt …
…dann haben viele qualifizierte Frauen und Männer hart dafür gearbeitet und erkannt, dass wir für die Herausforderungen der Zukunft (Klimakrise) die besten Menschen brauchen.

Was verbinden Sie mit Innovation:
Zum einen „Altes völlig neu denken“ und zum anderen auch „Disruption“, ohne die es schwer ist, neue innovative Lösungen umzusetzen.

Warum ist Forschungsförderung in Österreich wichtig:
Österreich ist im Bereich der Forschung immer noch weit hinter anderen Ländern der EU aber auch im internationalen Vergleich oft nicht so gut aufgestellt. Vieles hat wohl auch mit der wissenschaftskritischen Gesellschaft in Österreich zu tun. Ich finde das sehr schade, da hier die Lösungen der Zukunft entwickelt und damit auch viele neue Jobs geschaffen werden.

Meine Leseempfehlung lautet:
Fast alle Thriller von Sebastian Fitzek.

Eva Müller-Axmann (ehem. Schneider)
DIin Eva Müller-Axmann (ehem. Schneider)

RecycleMe GmbH

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Letzte Aktualisierung: 25.11.2021