Expertin des Monats
Okt. 2022
DIin Dr.in techn. Daniela Trauninger

Gerade durch meine Geschichte kann ich sagen: es braucht schulische und familiäre Förderungen, es braucht vielfältige Angebote und vor allem eine Selbstverständlichkeit als Mädchen auch technische Dinge ausprobieren zu können. Ich finde, dass die Kindheit immer noch (bzw. vielleicht sogar mehr als früher) sehr stereotypisch geprägt ist. Warum z.B. ist Bob der Baumeister ein Mann, warum werden bei Lego Friends von „magersüchtigen, rosaroten Püppchen Cupcakes“ gebacken?

Jetzt ist es zwar so, dass in der Schule Werken und Handarbeiten sowohl von Mädchen und Buben besucht werden muss, aber trotzdem ist es immer noch eine Trennung von Tätigkeiten die gendermäßig geprägt sind. Warum gibt es nicht nur das EINE Fach Handwerken und ich stelle den Kindern unterschiedliche Werkzeuge wie z.B. Hammer, Stricknadel, Bohrmaschine, Heißkleberpistole, Wolle, …. zur Verfügung?

Um die Begabung und Begeisterung nicht zu limitieren, braucht es von Anfang an die Freiheit ALLES ausprobieren zu können, ohne dass sich die Kinder dabei anders oder gar ausgeschlossen fühlen. Das gilt für Buben fast mehr als für Mädchen. Denn Jungs werden immer noch schief angesehen, wenn sie mit Puppen spielen. Und so lange es für Männer keine Selbstverständlichkeit ist auch familiäre Sorgfaltspflichten zu übernehmen werden Frauen ab dem Zeitpunkt des Kinderkriegens oder des ersten Pflegefalls in der Familie immer benachteiligt sein.

Interview

Interview mit Daniela Trauninger

Was steht auf Ihrer Visitenkarte?

Auf meiner Visitenkarte würde DIin Dr.in Daniela Trauninger Function Lead Sustainability Management STRABAG SE stehen.

Nachdem wir (vermutlich auch dem Desksharing Konzept geschuldet) fast papierlos arbeiten, habe ich bis dato tatsächlich noch keine Visitenkarte gebraucht. Im Sinne der Nachhaltigkeit werde ich mir bis auf weiteres auch keine gönnen.

Was macht die Strabag SE genau?

STRABAG SE ist ein europäischer Technologiekonzern für Baudienstleistungen, führend in Innovation und Kapitalstärke. Unser Angebot umfasst sämtliche Bereiche der Bauindustrie und deckt die gesamte Bauwertschöpfungskette ab. Wir schaffen Mehrwert für unsere Kund:innen, indem wir Bauwerke ganzheitlich, über den gesamten Lebenszyklus betrachten. Dabei übernehmen wir Verantwortung für Mensch und Umwelt: Wir arbeiten an der Zukunft des Bauens und investieren in unsere derzeit mehr als 250 Innovationsprojekte und 400 Nachhaltigkeitsprojekte. Durch das Engagement unserer rd. 74.000 Mitarbeiter:innen erwirtschaften wir jährlich eine Leistung von etwa € 16 Mrd. Mit einem dichten Netz aus zahlreichen Tochtergesellschaften in vielen europäischen Ländern und auch auf anderen Kontinenten erweitern wir unser Einsatzgebiet weit über Österreichs und Deutschlands Grenzen hinaus. Gemeinsam, im Schulterschluss mit starken Partner:innen, verfolgen wir ein klares Ziel: klimaneutral und ressourcenschonend planen, bauen und betreiben.

Nachhaltigkeit steht in den kommenden Jahren im Fokus: STRABAG hat sich selbst verpflichtet, bis 2040 entlang der gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral zu werden.

Dies spiegelt auch das neue Unternehmensclaim Work On Progress wider: Es formuliert den Anspruch von STRABAG, beim Bau für Fortschritt und Nachhaltigkeit zu sorgen. Unter work-on-progress.strabag.com finden sich Details zu konkreten Leuchtturm- und Pilotprojekten, die zeigen, was STRABAG bereits jetzt in den Bereichen Digitalisierung und Innovation, Reduktion von Treibhausgasen sowie Material- und Kreislaufwirtschaft leistet.

Sie sind Function Lead Sustainability Management. Was machen Sie da genau?

Das Nachhaltigkeitsteam ist im Zentralbereich der STRABAG Innovation&Digitalisation (SID) angesiedelt. Die SID wurde vor dem Hintergrund einer sich rasch verändernden Welt mit großen Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit und Digitalisierung gegründet. Neben der Erarbeitung von Lösungsstrategien, Tools und Werkzeugen wollen wir das umfassende Know How aus vielfältigen Unternehmensbereichen bei der SID bündeln um innovative Lösungsansätze rasch in den gesamten Konzern streuen zu können. Die Entwicklung von Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Ressourceneffizienz nehmen dabei eine immer bedeutendere Rolle ein. Dabei bearbeiten wir prioritär jene Themen, die das größte Verbesserungspotenzial versprechen und die wir durch unser eigenes Handeln direkt beeinflussen können, wie die Weiterentwicklung von Verfahren und Technologien für ressourcen- und energieeffiziente Bauwerke.

Mein Arbeitsschwerpunkt liegt nun in der operativen Umsetzung dieser ambitionierten Nachhaltigkeitsstrategie: Sie beruht auf dem Drei-Säulen-Modell aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem und wurde in die Konzernstrategie eingebettet und individuell auf die einzelnen Geschäftsbereiche ausgerichtet. Im Mittelpunkt stehen dabei Maßnahmen in vier großen Handlungsfeldern: CO2-Emissionen, Materialien und Abfall, Lieferkette sowie Lebenszyklus des Bauens. Dabei ist Technologie als die treibende Kraft der erforderlichen Transformation ein notwendiges Instrument zur Hebung der Potenziale. Unsere definierten Meilensteine sind: klimaneutrale Verwaltung bis 2025, klimaneutrales Bauprojekt bis 2030, klimaneutraler Gebäudebetrieb bis 2035, klimaneutrale Baustoffe und Infrastruktur bis 2040.

Gemeinsam mit den Unternehmensbereichen erarbeiten wir konzernweite Nachhaltigkeitsstandards in Arbeitsgruppen und setzen diese anhand von realen Pilotprojekten um. Durch die direkte Umsetzung in die Praxis können wir einerseits rasch Ergebnisse im Bereich der Nachhaltigkeit erzielen und andererseits wichtige Learnings daraus ziehen.

Ein kleiner Auszug unserer vielfältigen Projekte: Co2-reduzierter Beton, elektrifizierte Steinbrüche oder Sanierungsprojekte zur Dekarbonisierung des Immobilienbestands.

Co2-reduzierter Beton: Beim Bau des neuen Innovation Centers am ZÜBLIN-Campus in Stuttgart haben wir erstmals ausschließlich CO2-reduzierten Beton für alle Ortbetonbauteile und Bauhilfskonstruktionen eingesetzt. Durch den Einsatz des CO2-reduzierten Transportbetons konnten 1.050 t CO2 eingespart werden, das entspricht einer Einsparung von über 50 % beim Rohbau.

https://work-on-progress.strabag.com/co2-emissionen/co2-reduzierter-beton

Wie aus Steinen Strom wird: Im Steinbruch Saalfelden produzieren wir durch das Gewicht des Rohmaterials auf den Förderbändern elektrische Energie. So können wir bereits jetzt rd. 20 % des elektrischen Energiebedarfs im Steinbruch selbst abdecken und so den Eigenanteil unserer Energieversorgung ausbauen.

https://work-on-progress.strabag.com/co2-emissionen/steinbruch-saalfelden

Was fasziniert Sie an Ihrem Job?

Mein Job gibt mir das Gefühl einen sinnvollen Beitrag zur positiven Veränderung unserer Gesellschaft zu leisten. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen, aber auch immer mehr Erfolge.

Wie hoch ist der Frauenanteil bei STRABAG?

Die Bauwirtschaft als Berufssparte beschäftigt in den technischen Berufen traditionell überwiegend Männer. Frauen sind daher in allen Hierarchieebenen unterdurchschnittlich repräsentiert.

2021 betrug der Anteil von Frauen an der Beschäftigtenanzahl im gesamten Konzern 17,5 %. Das Konzernmanagement ist zu 9,3 % weiblich. Der Vorstand verfolgt das Ziel, beide Anteile kontinuierlich zu steigern. Dem STRABAG SE-Aufsichtsrat gehören seit Mai drei Frauen an, das entspricht einem Anteil von 33 Prozent.

Was unternimmt STRABAG zur Förderung von Chancengleichheit in der Organisation?

Die Aktivitäten zur Erhöhung der Zahl der weiblichen Belegschaft und zur Förderung von Karrieren von Frauen im STRABAG-Konzern setzen an drei Stellen an:
• Gezieltes Marketing: STRABAG achtet in Texten und Stellenausschreibungen durchgängig auf gendergerechte Formulierungen. Damit sollen gezielt weibliche Studierende, Absolventinnen und Bewerberinnen angesprochen werden. Die Maßnahmen setzen aber auch schon einen Schritt früher an, nämlich bei den Schülerinnen: Einige Organisationseinheiten im Konzern richten in Deutschland und in Österreich regelmäßig Veranstaltungen im Rahmen des Töchtertags bzw. des Girls‘ Day aus.
• Vereinbarkeit von Karriere und Familie: Ein Leitfaden und Prozess für ein Elternkarenz-, Elternzeit- und Rückkehrmanagement wurde entwickelt und konzernweit ausgerollt. Die Vereinbarkeit von Karriere und Familie fördern soll außerdem die Möglichkeit für mobiles Arbeiten (Home-Office), dessen Rahmenbedingungen 2020 überarbeitet bzw. flexibilisiert wurden.
• Karriereförderung: Im Rahmen des bestehenden Potenzialmanagements sowie im Mentorenprogramm wird besonderes Augenmerk auf eine angemessene Repräsentation von Frauen gelegt. Neben den Veranstaltungen für Mitglieder des Potenzialmanagement-Pools – der zu ca. 24 % weiblich ist – unterstützt der Konzern seine weiblichen Beschäftigten insbesondere in ihrer Karriereplanung und in der Fortbildung. So werden im Rahmen der Konzernakademie auch speziell für Frauen konzipierte Seminare angeboten. Hohe Bedeutung kommt auch dem Coaching zu. Hier können Frauen in Führungspositionen zwischen persönlichem Coaching und Mentoring sowie dem sogenannten eBusiness-Coaching wählen, um Karriereperspektiven auszuloten.

Sie haben Bauingenieur:innenwissenschaften an der Technischen Universität Wien studiert. Wie kam es dazu?

Bei mir hat sich die technische Leidenschaft schon sehr früh herauskristallisiert. So bekam ich schon mit 5 Jahren die erste Laubsäge und ich war damals eines der ersten Mädchen, dass sich (leider erst ab der 3. Klasse Hauptschule) für „Bubenwerken“ entscheiden durfte. Durch die Förderung meiner Lehrer:innen und v.a. Eltern war es klar, dass ich in eine HTL weitergehen werde. Nach der HTL wollte ich mir noch mehr technisches Know How aneignen und so bin ich zum Bauingenieur:innenwesen gekommen.

Was braucht es Ihrer Meinung nach noch, damit mehr Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik Fuß fassen?

Gerade durch meine Geschichte kann ich sagen: es braucht schulische und familiäre Förderungen, es braucht vielfältige Angebote und vor allem eine Selbstverständlichkeit als Mädchen auch technische Dinge ausprobieren zu können. Ich finde, dass die Kindheit immer noch (bzw. vielleicht sogar mehr als früher) sehr stereotypisch geprägt ist. Warum z.B. ist Bob der Baumeister ein Mann, warum werden bei Lego Friends von „magersüchtigen, rosaroten Püppchen Cupcakes“ gebacken?

Jetzt ist es zwar so, dass in der Schule Werken und Handarbeiten sowohl von Mädchen und Buben besucht werden muss, aber trotzdem ist es immer noch eine Trennung von Tätigkeiten die gendermäßig geprägt sind. Warum gibt es nicht nur das EINE Fach Handwerken und ich stelle den Kindern unterschiedliche Werkzeuge wie z.B. Hammer, Stricknadel, Bohrmaschine, Heißkleberpistole, Wolle, …. zur Verfügung?

Um die Begabung und Begeisterung nicht zu limitieren, braucht es von Anfang an die Freiheit ALLES ausprobieren zu können, ohne dass sich die Kinder dabei anders oder gar ausgeschlossen fühlen. Das gilt für Buben fast mehr als für Mädchen. Denn Jungs werden immer noch schief angesehen, wenn sie mit Puppen spielen. Und so lange es für Männer keine Selbstverständlichkeit ist auch familiäre Sorgfaltspflichten zu übernehmen werden Frauen ab dem Zeitpunkt des Kinderkriegens oder des ersten Pflegefalls in der Familie immer benachteiligt sein.


Wordrap mit Daniela Trauninger

Womit ich als Kind am Liebsten gespielt habe:

Lego

Dieses Studium würde ich jetzt wählen:

Umweltingenieur:innenwesen

Mein Vorbild ist:

Meine Tochter, weil sie im Hier und Jetzt lebt und dem Leben mit Freude und Offenheit begegnet.

Was ich gerne erfinden würde:

Ein Mittel gegen Gier und Missgunst.

Wenn der Frauenanteil in der Technik 50 Prozent beträgt …

... werden technologische Entwicklungen endlich auch von Frauen mitgestaltet (lt. Studien bekommt eine Gruppe erst dann eine Stimme, wenn ihr Anteil mindestens 30% beträgt)

Wenn der Frauenanteil in Führungspositionen 50 Prozent beträgt …

... und wir das ohne Frauenquote aufrechterhalten können, dann wird Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen gelebt.

Was verbinden Sie mit Innovation:

Umsetzung neuer Ideen und Technologien um (und das ist mir dabei besonders wichtig!) positive Veränderungen herbeizuführen.

Warum ist Forschungsförderung in Österreich wichtig:

Weil wir unabhängige Wissenschaft brauchen um eigene Aussagen über die Wirklichkeit offen und ohne Druck aus der Wirtschaft in Frage stellen zu können.

Meine Leseempfehlung lautet:

Was, wenn wir einfach die Welt retten? Von Frank Schätzing. Weil dieses Buch die Herausforderungen des Klimawandels anschaulich darstellt und nicht nur Besorgnis erzeugt, sondern durch konkrete Handlungsempfehlungen auch Hoffnung gibt.

Daniela Trauninger
DIin Dr.in techn. Daniela Trauninger

STRABAG SE

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023