Expertin des Monats
Juni 2022
DIin Susanna Wernhart

Es braucht Vorbilder! Nachhaltige Initiativen wie FEMtech, die Einblicke in den beruflichen Alltag von Naturwissenschaftlerinnen und Technikerinnen ermöglichen und den Austausch über Generationen hinweg fördern.

Interview

Interview mit Susanna Wernhart

Was steht auf Ihrer Visitenkarte?

Diplomingenieurin Susanna Wernhart

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Disaster Competence Network Austria

Geschäftsstelle Wien

Was macht das Disaster Competence Network Austria genau?

Das DCNA ist eine Kooperationsplattform von Universitäten und Forschungseinrichtungen im Bereich der Sicherheits- und Katastrophenforschung. Es wurde 2017 von der Technischen Universität Graz und der Universität für Bodenkultur Wien gegründet und aktuell sind 20 ordentliche sowie 8 assoziierte Mitglieder im Verein.

Zielsetzung ist der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis durch interdisziplinäre Forschungs- und Bildungsaktivitäten sowie die Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Informationen im Katastrophenfall.

Was machen Sie genau?

In meiner Arbeit beim DCNA beschäftige ich mich mit Risiken und Herausforderungen, die durch Naturgefahren entstehen - vor, während und nach einem Ereignis oder einer Katastrophe. Ein Schwerpunkt ist dabei den Bedarf der Endnutzer:innen zu erheben, sowie den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis zu begleiten und fördern.

Aktuell beschäftige ich mich zum Beispiel in einem von der EU geförderten, länderübergreifenden Projekt mit Hochwasserrisiko, Erdbebenrisiko und Multi-Risk Methoden. Dabei arbeite ich mit unterschiedlichsten Daten und Gefahrenkarten und verwende Geoinformationssysteme.

Zudem bin ich im DCNA Ansprechpartnerin für die Experten:innen Arbeitsgruppe Hochwasser und zuständig für unsere Kooperation mit dem Frauennetzwerk women exchange for disaster risk reduction (we4DRR).

Was fasziniert Sie an Ihrem Job?

Mein Arbeitsbereich ist unheimlich vielfältig und spannend. Einerseits habe ich die Chance bei komplexen wissenschaftlichen Fragestellungen mitzuarbeiten. Andererseits die Funktion, Bedarf aus der Praxis zu erheben, wie zum Beispiel von Einsatzorganisationen, und diesen in Projekten zu integrieren. In Workshops diskutiere ich auf regionaler und lokaler Ebene Krisen- und Risikokommunikation. Außerdem versucht unser Team für Aktivitäten wie die Langen Nacht der Forschung komplexes Wissen spannend und einfach aufzubereiten.

Wie hoch ist der Frauenanteil in technischen Positionen bei dem Disaster Competence Network Austria?  

Unser 12-köpfiges Team besteht seit heuer aus 5 Männer und 7 Frauen und aktuell unterstützen uns zwei Praktikantinnen. Die Katastrophenforschung ist eine Querschnittsmaterie – sprich wir haben alle sowohl mit technischen wie auch sozialwissenschaftlichen Fragestellungen zu tun.

Was unternimmt das Disaster Competence Network Austria zur Förderung von Chancengleichheit in der Organisation?

Wir hatten bereits drei FEMtech Praktikantinnen in unterschiedlichen Projekten. Unser Managing Direktor Christian Resch achtet auf eine Gender-Balance im Team und bei der Auswahl von Vortragenden für Veranstaltungen. Wir haben eine Kooperation mit we4DRR. Sowohl Frauen wie Männer werden bei der Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben durch flexible Arbeitszeitmodelle und umfassende Homeoffice Möglichkeiten unterstützt.

Sie haben Alpine Naturgefahren und Wildbach- und Lawinenverbauung an der Universität für Bodenkultur in Wien studiert. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Während meines Bachelorstudiums Umwelt- und Bio Ressourcenmanagement hatte ich die Vorlesung Wildbach- und Lawinenverbauung, diese hat mich sofort gefesselt – Alles, die Naturgefahrenprozesse, die Präventionsmöglichkeiten, von den technischen Bauwerken bis hin zum Schutzwald. Allerdings bin ich davon ausgegangen, dass mein Bachelorstudium zu wenig technisch ist und ich keine Möglichkeit hätte den Master zu wählen. Johannes Hübl, der Professor des Instituts für Alpine Naturgefahren, hat mich und eine Kollegin damals persönlich beraten und unterstützt diesen Schritt zu gehen.

Sie haben sich schlussendlich für die außeruniversitäre Forschung entschieden. Wie kam es dazu?

Ich habe gerne auf der Universität gearbeitet und bin auch derzeit noch in ein sehr spannendes Projekt eingebunden, bei dem mittels physikalischer Modellversuche erforscht wird, welche Kräfte beim Anprall von Muren auf Brücken auftreten. Allerdings habe ich nie die klassische wissenschaftliche Karriere angestrebt, vielmehr hat mich immer die Interaktion mit allen Stakeholdern, das Zusammenbringen unterschiedlicher Ideen und der Wissenstransfer interessiert. Mit diesem persönlichen Fokus und meiner technisch-naturwissenschaftlichen Expertise kann ich mich beim DCNA besser entfalten.

Was braucht es Ihrer Meinung nach noch, damit mehr Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik Fuß fassen?

Vorbilder! Nachhaltige Initiativen wie FEMtech, die Einblicke in den beruflichen Alltag von Naturwissenschaftlerinnen und Technikerinnen ermöglichen und den Austausch über Generationen hinweg fördern.


Wordrap mit Susanna Wernhart

Womit ich als Kind am Liebsten gespielt habe:
Steine, Wasser, Holz, am Meer mit Sand und Muscheln.

Dieses Studium würde ich jetzt wählen:
Ich würde mein Studium Alpine Naturgefahren Wildbach- und Lawinenverbauung und die Zeit am Institut nicht missen wollen. Allerdings würde ich jetzt gerne zusätzlich Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, Geografie und auch Kommunikationswissenschaften studieren.

Mein Vorbild ist:

Eigentlich habe ich kein konkretes Vorbild, sondern ganz viel unterschiedliche Personen in den jeweiligen Lebensbereichen, von denen ich mir etwas abschauen konnte. Gemeinsam haben sie, dass sie ehrlich und fröhlich sind und ihre Ziele mit Leidenschaft verfolgen.

Was ich gerne erfinden würde:
Ganz allgemein, nachhaltigere langlebigere Produkte für alle Lebensbereiche.

Beruflich gesehen - gerade im Disaster Risk Reduction Bereich gibt es schon großartige technische Innovationen und Erfindungen z.B. im Bereich der Eigenvorsorge vor Hochwasser – ich würde gerne Anreize finden damit diese auf lokaler Ebene auch wirklich umgesetzt werden.

Wenn der Frauenanteil in der Technik 50 Prozent beträgt …
…haben viele Frauen einen Job gefunden, der ihnen Spaß macht und geben diese Motivation hoffentlich an junge Menschen weiter.

Wenn der Frauenanteil in Führungspositionen 50 Prozent beträgt …

…wäre es für junge Frauen einfacher dieses berufliche Ziel anzustreben. Zusätzlich denke ich, würden Entscheidungen anders getroffen und oftmals transparenter kommuniziert werden.

Was verbinden Sie mit Innovation:
Kreativität, Mut und Zeit. Ich denke, um neue Ideen zu entwickeln braucht es auch Phasen, die wir nicht vor dem Computer verbringen und ich persönlich brauche unbedingt den Austausch im Team dafür.

Warum ist Forschungsförderung in Österreich wichtig:
Ohne Förderung könnten wahrscheinlich viele Fragestellungen nicht aufgegriffen, Methoden nicht hinterfragt und Teillösungen einer komplexen Thematik nicht entwickelt werden.

Meine Leseempfehlung lautet:

Geht’s noch! Warum die konservative Wende für Frauen gefährlich ist von Lisz Hirn.

Das fand ich ein sehr anregendes Buch, auch wenn ich in manchen Dingen eine andere Ansicht habe.
 

 

Susanna Wernhart

Lebenslauf (pdf, 132,92 KB)

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Letzte Aktualisierung: 09.05.2022