Expertin des Monats
Nov. 2021
Dr.in Laura Bettiol

Ich finde es sehr wichtig, dass Mädchen schon früh mit Mentorinnen und Vorbildern in Kontakt kommen, die bereits über eine lange Berufserfahrung in der Raumfahrt verfügen, um ihnen die vielfältigen und spannenden Möglichkeiten aufzuzeigen.

In der Schulzeit werden die Interessen der Schülerinnen geformt und gerade in diesem Alter ist es wichtig, Mädchen zu ermutigen naturwissenschaftliche und technische Fächer zu erlernen. Hier müssen wir ansetzen, wenn wir später eine höhere Anzahl von Frauen in technischen Berufen haben möchten.

Auch Mädchen interessieren sich für Raketen und Raumfahrt!

Interview

Interview mit Laura Bettiol

Was steht auf Ihrer Visitenkarte?
Aerospace Engineering
Senior Researcher
FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH

Was macht die FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH genau?
Die FOTEC ist das Forschungsunternehmen der Fachhochschule Wiener Neustadt und betreibt Forschung in verschiedenen Bereichen: Aerospace Engineering, Engineering Technologies, Business Engineering und Innovative Software Systems. Die Aerospace Engineering Abteilung forscht an elektrischen und chemischen Antrieben für Satelliten. Das Electric Propulsion Team, zu dem ich gehöre, entwickelt die FEEP-Triebwerk Technologie, FEEP steht für „Field Emission Electric Propulsion“. FOTEC ist die weltweit führende Firma, die diese Art von neuen Triebwerken entwickelt. Diese hochpräzisen elektrischen Triebwerke können je nach Anwendung die Ausrichtung eines schweren Satelliten oder den Orbit eines kleineren Satelliten ändern.

Sie sind Projektmanagerin und stellvertretende Abteilungsleiterin. Was machen Sie da genau?
Ich kümmere mich um die Organisation und den Ablauf von Projekten. Ich stehe auch in Kontakt mit unseren Förderstellen, betreue die Arbeitsaufträge, verwalte das vorhandene Budget und verfasse Berichte. Auch unterstütze ich das Marketing unserer Produkte. Ich bin für mehrere ESA und FFG Projekte verantwortlich, mit Fokus auf die Entwicklung und Testen unserer FEEP-Technologie und innovativer Elektronenquellen.

Was fasziniert Sie an Ihrem Job?
Das innovative und forschende Arbeiten fasziniert mich, kein Tag ist wie der andere und es gibt immer etwas dazuzulernen. Die praktische Arbeit im Labor mit den Triebwerksprototypen finde ich besonders spannend.

Wie hoch ist der Frauenanteil bei der FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH?
Der Frauenanteil bei der FOTEC im wissenschaftlichen Bereich liegt bei etwas über 20%.

Was unternimmt die FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH zur Förderung von Chancengleichheit in der Organisation?
Die FOTEC ermöglicht Frauen und Männern die gleichen Chancen in Bezug auf Gehalt und Aufstiegsmöglichkeiten und es werden beim Recruiting gezielt Frauen angesprochen. Darüber hinaus erstellt die FH Wiener Neustadt gerade einen Gender Equality Plan, der auch für die FOTEC gelten wird. Ziel ist es, geschlechtsspezifische Verzerrungen zu finden und zu beseitigen.

Sie haben an der “International Space University (ISU)” in  Ohio studiert. Wie kam es dazu?
Nach meinem Studium wollte ich mehr über die verschiedenen Bereiche der Raumfahrt erfahren. Das Space Studies Programm der ISU umfasst unter anderem Vorlesungen über Wissenschaft, Business, Management, Policy and Law, Weltraumanwendungen und Raumfahrt. Das Programm ist interdisziplinär, interkulturell und international aufgebaut. Man trifft viele verschiedene Expert:innen , unter anderem Astronaut:innen und Vertreter:innen von Raumfahrtagenturen, wie der European Space Agency (ESA) oder der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Man hat die Möglichkeit sein Netzwerk zu erweitern. Ausserdem konnte ich dort viele Freundschaften schliessen.

Sie haben 2018 den „Space Generation Leadership Award“ erhalten. Was ist das genau?
Der Space Generation Leadership Award wird an Studierende und junge Berufstätige verliehen, die sich durch ihr außergewöhnliches Engagement in der Non-Governmental Organization (NGO) „Space Generation Advisory Council“ ausgezeichnet haben. Ich war als NPoC, also Nationaler Kontakt für Italien, über 4 Jahre als Freiwillige aktiv, ausserdem habe ich die Projektgruppe „Space Safety and Sustainability“ unterstützt. Im Rahmen meiner Tätigkeiten habe ich auch mehrere Events organisiert wie die SpaceUp unconference, den Space Generation Student Workshop und andere.
Der Preis hat es mir ermöglicht am Space Generation Congress und am International Astronautical Congress in Bremen teilzunehmen.

Was braucht es Ihrer Meinung nach noch, damit mehr Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik Fuß fassen?
Ich finde es sehr wichtig, dass Mädchen schon früh mit Mentorinnen und Vorbildern in Kontakt kommen, die bereits über eine lange Berufserfahrung in der Raumfahrt verfügen, um ihnen die vielfältigen und spannenden Möglichkeiten aufzuzeigen.
In der Schulzeit werden die Interessen der Schülerinnen geformt und gerade in diesem Alter ist es wichtig, Mädchen zu ermutigen naturwissenschaftliche und technische Fächer zu erlernen. Hier müssen wir ansetzen, wenn wir später eine höhere Anzahl von Frauen in technischen Berufen haben möchten.
Auch Mädchen interessieren sich für Raketen und Raumfahrt!


Wordrap mit Laura Bettiol

Womit ich als Kind am liebsten gespielt habe:
Ich habe sehr gerne mit Puzzles, Barbies und Lego gespielt.

Dieses Studium würde ich jetzt wählen:
Ich würde mich wieder für Luft- und Raumfahrttechnik entscheiden. Ich bin sehr froh über meine Wahl.

Mein Vorbild ist:
Ich habe nicht nur ein Vorbild, sondern viele. Dies sind alles Frauen, die mit mir Mitglieder der Women In Aerospace Europe Rome Local Group sind und große Erfolge erzielt haben, indem sie ihren Weg entschlossen verfolgten.

Was ich gerne erfinden würde:
Ein Triebwerk, das schnelle und sichere interplanetare  Raumfahrt ermöglicht.

Wenn der Frauenanteil in der Technik 50 Prozent beträgt …
… werden Lösungen gefunden, indem Probleme aus zusätzlichen Perspektiven betrachtet werden. Vielleicht würde dies vielen Frauen helfen, das Impostor-Syndrom zu überwinden, das häufig bei der Arbeit in technischen Bereichen auftritt.

Wenn der Frauenanteil in Führungspositionen 50 Prozent beträgt …
... wäre ein großer Schritt in Richtung Chancengleichheit getan. Dies könnte auch dazu beitragen, das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu schließen.

Was verbinden Sie mit Innovation:
Für mich ist Innovation direkt mit technologischem Fortschritt und der Verbesserung der Lebensqualität verbunden.

Warum ist Forschungsförderung in Österreich wichtig:
Innovation erhöht die Chancen, auf Veränderungen zu reagieren und neue Chancen zu entdecken. Jedes Land sollte innovativ sein, um auf dem internationalen Markt wettbewerbsfähig zu sein.

Meine Leseempfehlung lautet:
„Die lange Reise: Tagebuch einer Astronautin“ von Samantha Cristoforetti.