Expertin des Monats
März 2006
Dr.in Doris Steinmüller-Nethl

Mag.a Dr.in Doris Steinmüller-Nethl studierte an der Universität Innsbruck Physik und schloss 1993 mit dem Doktorat ab. Nur ein Jahr später gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann, Detlef Steinmüller, das Physikalische Büro Steinmüller GmbH, das schließlich zur p-BeSt coating GmbH weiterentwickelt wurde.

Heute ist Doris Steinmüller-Nethl als Geschäftsführerin von p-BeSt coating GmbH verantwortlich für Forschungsprojekte, für strategisches Management und die Entwicklung neuer Marktsegmente, für den Vertriebsaufbau und die Initiierung von Kooperationen.

p-BeSt coating ist ein Produktionsunternehmen mit eigener Forschung zur Entwicklung von neuen Produkten, die auf Basis der Plattformtechnologie nanokristalliner Diamantschichten beruhen.
Doris Steinmüller-Nethl ist Mutter von drei Kindern und engagiert sich sehr für das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie. 

Interview

Frau Steinmüller-Nethl, "Diamonds are a girl's best friends" heißt es in einem Song. Trifft das auch für Sie zu?

Selbstverständlich! Die Existenz unserer Firma, die wir seit 1994 aufgebaut haben, ist ganz eng mit dem Diamant verknüpft. Man kann sich Diamanten nicht nur an die Ohren hängen, sondern wirklich nützliche Dinge damit produzieren. Wir setzen nanokristalline Diamantenschichten unter anderem zur kratzfesten Beschichtung von Werkzeugen und Luxusgütern ein.

Außerdem führen wir Forschungsprojekte im Bereich Zelltechnologie und Implantologie durch, bei denen ich auch meinen Schwerpunkt gesetzt habe. Dabei geht es um die Entwicklung von Biosensoren zur Früherkennung von Krebs und Umweltgiften aber auch zur Detektion kleinster Massen. Wir konnten zeigen, dass durch nanokristalline Diamantenschichten das Zellwachstum positiv beeinflusst wird.

Das heißt, Implantate heilen schneller ein, Zellen (Haut, Knorpel, Pankreas, usw.) vermehren sich schneller und stehen für Transplantationen früher zur Verfügung. Es gibt noch sehr viele aktuelle Projekte, alle spannend und interessant. Der Diamant kann, wie man sieht, mehr als man glaubt, und deswegen ist er auch "my best friend"!

Sie konnten mit Ihrer Technologie bereits Ergebnisse erreichen, die weltweit einzigartig sind - z.B. extrem glatte Diamantbeschichtungen von Luxusuhren. Wie haben Sie es geschafft, mit Ihrem eigentlich noch recht jungen Unternehmen so weit zu kommen?

Durch harte Arbeit, Fleiß und finanzielle Unterstützung durch den Forschungsförderungsfonds, die AWS mit dem ERP-Fonds sowie durch das Land Tirol. Der Anfang war natürlich mühsam. Mein Mann und ich haben uns im Keller ein Labor aufgebaut, haben unsere Sparbücher geplündert und alles gegeben, was wir hatten. Das war sicher der Grundstein für das, was sich im Laufe der letzten Jahre entwickelt hat.

Dass wir rund um die Uhr drangeblieben sind, hat mit Sicherheit den Erfolg ausgemacht. Ausschlaggebend ist Eigenengagement, und man darf das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Und manchmal braucht man auch Glück - man muss zur richtigen Zeit die richtigen Leute treffen!

Ihre Firma hat bereits mehrere Auszeichnungen als High-Tech-Unternehmen bekommen. Wie wichtig sind diese Auszeichnungen für Ihr Unternehmen gewesen?

Absolut wichtig! Vor allem am Anfang, wenn man frisch von der Uni kommt und versucht, sich einen Namen zu machen, sind Auszeichnungen ein sinnvolles Instrument. Ich denke, dass man durch die Preise zusätzlich auf uns aufmerksam wurde. Nebenbei haben wir natürlich auf Messen und über die Außenhandelsstelle Österreich Kontakte geknüpft. Man hat sich Möglichkeiten gesucht, wo man Public Relations zu erschwinglichen Preisen durchführen konnte. Gerade zu Beginn hat man einfach noch nicht das Geld, um medial aufzutreten oder größere Aktionen zu setzen.

Sie haben sich bewusst entschieden, ein Unternehmen aufzubauen, das sehr intensiv in der Forschung arbeitet, um das physikalische Wissen auch Unternehmen ohne Forschungsinfrastruktur anbieten zu können. Was war dafür ausschlaggebend?

Mein Mann und ich haben das Physikalische Büro Steinmüller GmbH gegründet, weil wir dachten, mit unserer breiten Ausbildung als Physiker könnten wir eine gute Schnittstelle zwischen den Projektideen von Unternehmen und dem benötigten physikalischen Wissen bilden. In einem Projekt hat sich dann gezeigt, dass man mit atomarem Wasserstoff Diamant herstellen kann.

Wir haben daraufhin in diese Richtung weitergeforscht und sind sozusagen hängen geblieben. Wir beschäftigen uns in unseren Forschungen speziell mit dem Bereich nanokristalline Diamantschichten, der aber auch erweitert werden kann auf andere Kohlenstoffkonfigurationen wie zum Beispiel die nano-Kohlenstoffröhrchen. Forschung und Entwicklungsprojekte zu initiieren und zu leiten, ist sicherlich das, was wir am besten können. Wir bauen natürlich auch den Vertrieb auf und sind bei unseren Kunden präsent. Aber Forschung und Entwicklung eröffnen uns langfristig neue Märkte.

Ich denke, wenn wir nur ein Produkt hätten, ohne weitere Forschungsaktivitäten zu setzen, hätten wir nicht die Möglichkeit, international weiterzukommen.

Welche sind Ihre Aufgaben im Unternehmen?

Mein Mann und ich sind beide Geschäftsführer. Früher war das allein meine Aufgabe. Mein Mann kümmert sich mehr um die Produktion, versucht also das, was entwickelt wurde in die Serienproduktion umzusetzen. Mein Bereich ist Forschung und Entwicklung sowie der Vertrieb, speziell im Bereich Verschleißschutz von Werkzeugen.

Dabei geht es um Diamantbeschichtung von Hartmetallwerkzeuge für die Zerspanung von Aluminium, kohlefaser- oder glasfaserverstärkte Kunststoffe, Graphit, und anderen stark abrasiven Materialien, die man in der Automobil- und Luftfahrtindustrie einsetzt. Diese Materialien sind sehr schwer zu bearbeiten, herkömmliche Werkzeuge würden zu schnell verschleißen. Diamantbeschichtete Werkzeuge halten bedeutend länger und bieten daher eine höhere Wirtschaftlichkeit für die Kunden.

Sie kommen als Physikerin ja aus einer ziemlichen Männerdomäne. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Ich habe es als absolut positiv empfunden. Am Anfang muss man sich zwar erst einmal beweisen. Wenn man dann aber gezeigt hat, dass man etwas genau so gut wie die männlichen Studienkollegen kann, hat man überhaupt keine Probleme, akzeptiert zu werden. Deshalb liegt mir auch diese ganze "Gender Mainstreaming"-Sache im Magen. Wenn jemand in seinem Bereich gut ist, darf man nicht nach Geschlecht beurteilen.

Ich halte es allerdings für notwendig, dass man sich bei gleichen Qualifikationen für die Frau entscheidet. Wichtig wäre natürlich auch, dass eine Frau gleich viel verdient wie ein Mann. Es gibt also einige Dinge, bei denen Handlungsbedarf besteht. In anderen Bereichen gibt es allerdings auch kontraproduktive Effekte, die die Situation für Frauen eigentlich noch verschlimmert. Wenn Frauen beispielsweise nur dann in einen Dreiervorschlag bei einer Berufung für eine Professur aufgenommen werden, weil die Frauenquote erfüllt werden muss, dann könnte das ziemlich peinlich enden.

Ich habe selbst bereits eine Einladung zur Bewerbung für eine Professur bekommen, bei der ich wusste, dass ich nur aufgrund der Frauenquote kontaktiert wurde und eigentlich keine echte Chance hatte. Dann lieber ohne mich.

Sie haben in einem Statement gesagt, dass der Unterschied zwischen Mann und Frau im wissenschaftlichen Bereich nicht sehr groß ist, bei der Besetzung von Positionen hingegen ein großes Problem darstellt. Worin genau sehen Sie das Problem?

Oft ist es leider so, dass sich die Männer untereinander gut kennen, "Klüngelwirtschaft" betreiben und "Vitamin B" eine so große Rolle spielt, dass Frauen oftmals gar keine Chance haben, hineinzukommen.

Außerdem sehe ich, dass Frauen in einem gewissen Alter nicht gerne in führende Positionen eingestellt werden, weil die "Gefahr" besteht, dass sie Kinder bekommen. Ich kenne tatsächlich Betriebe, die für eine Einstellung voraussetzen, dass die Angestellte in den nächsten fünf Jahren keine Kinder bekommt! Das ist doch ein Hammer! Und meistens sind Frauen in leitenden Positionen tatsächlich kinderlos. Hier sehe ich tatsächlich die Notwendigkeit, etwas zu ändern wie zum Beispiel flexiblere Arbeitszeiten und betriebseigene Kinderbetreuungsstätten.

Natürlich kann sich nicht jeder Betrieb eine eigene Kinderbetreuungsstätte leisten, aber man könnte sich mit anderen Unternehmen zusammenschließen und im Rahmen eines Netzwerkes etwas aufbauen. Das wäre auf jeden Fall machbar. Wir selbst haben auf Dorfebene einen Mittagstisch mit Nachmittagsbetreuung initiiert und es hat funktioniert. Sie selbst haben drei Kinder.

Wie haben Sie als Unternehmerin die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erlebt?

Bis ich abgestillt hatte, hatte ich die Kinder immer dabei. Wir haben zurzeit auch eine Mitarbeiterin, die das genauso handhabt. Es ist nicht schwer, ein Eck zu finden, wo Mutter und Kind sich wohl fühlen. Man kann das ohne viel Aufwand organisieren. Sind die Kinder größer, lassen sich andere Betreuungsinstitutionen finden, allerdings ist immer Eigeninitiative und Organisation gefragt. Der Schritt in Richtung Nachmittagsschule wäre eine echte Erleichterung.

Sie und Ihr Mann sind ja nicht nur privat, sondern auch beruflich Partner. Ist das eine gute Konstellation?

Die Zusammenarbeit zwischen uns funktioniert optimal. Es gibt natürlich Reibereien, aber die kommen überall vor. Man hat einerseits die Möglichkeit, gemeinsam über Probleme, die einem beschäftigen, zu sprechen. Man kann aber auch gemeinsam leichter abschalten. Wenn der eine zum Beispiel sagt, wir machen jetzt etwas mit den Kindern, zieht er den anderen mit. Die vielleicht liegen gebliebene Arbeit kann man später gemeinsam erledigen. Manche sagen, so eine Konstellation wäre nicht auszuhalten, aber bei uns funktioniert es sehr gut und es ist eine Bereicherung für mich.

Wie eng sind Beruf und Freizeit bei Ihnen verwoben? Gibt es für Sie Zeiten, wo Sie komplett abschalten können, oder ist die Arbeit immer präsent?

Mein Mann nimmt sich manchmal einfach die Zeit, um fotografieren oder mountainbiken zu gehen, weil er das braucht. Ich verbringe die Zeit, die mir bleibt, mit den Kindern. Zeit für mich alleine habe ich eigentlich nicht. Letztes Jahr habe ich eine Querflöte geschenkt bekommen und wollte Unterricht nehmen. Das habe ich bis heute noch nicht geschafft. Aber unsere Kinder spielen jetzt Klavier und so übe ich mit ihnen gemeinsam, oder wir lesen oder die ganze Familie geht Schwimmen, Radeln oder ins Kino.

Haben Ihre Kinder Ihr Interesse für die Physik geerbt?

Aufgrund unseres physikalischen Wissens können mein Mann und ich unseren Kindern Fragen wie "Wie entsteht ein Regenbogen?" oder "Wieso sieht man den Blitz, bevor man den Donner hört?" ziemlich gut beantworten. Das ist spannend und damit wird die Neugierde bei den Kindern wirklich gefördert. Das ist auch der Grund, warum sich unsere Kinder dafür begeistern und in der Schule in diesen Fächern ziemlich gut sind. Mir wäre wichtig, dass man schon in den ersten Klassen Physik unterrichtet, über Themen wie Wasser und Eis, Feuer und Licht spricht.

Ich selbst hatte die Gelegenheit bei meinen Söhnen als Gastvortragende zu unterrichten. Es fasziniert mich, dass sich fast alle Kinder dafür begeistern können, wenn man diese Dinge spannend präsentiert. Aber im Laufe der Jahre geht in der Schule leider sehr viel von dieser Begeisterung verloren.

Wurde in Ihrer Familie das Interesse an Technik gefördert?

Mein Papa war Bauingenieur, spezialisiert auf Kläranlagen. Ich glaube, ich habe als Kind alle Kläranlagen Deutschlands gesehen! Ich musste mir immer all diese Schnecken, Rechen, Turbinen usw. anschauen, musste sehen, wie braun das Wasser ist und wie es in den verschiedenen Klärbecken gereinigt wird. Irgendwo hat mich das wahrscheinlich geprägt und ich habe die wissenschaftliche Richtung eingeschlagen. Bei meiner Schwester ist das allerdings nicht so, obwohl sie auch die Besuche bei den Kläranlagen über sich ergehen lassen musste. Daher gab es wohl keine Förderung in eine Richtung, sondern es hängt vom eigenen Interesse ab.

Warum haben Sie sich für das Physik-Studium entschieden?

Ich denke, es war mein Lehrer, der in mir die Begeisterung für Physik geweckt hat. Er hat das Thema sehr spannend präsentiert und es hat mir wirklich gefallen. Eigentlich hatte ich vor, Medizin zu studieren, aber ich entschied mich dann doch für Physik, weil ich dachte, dass ich hier mehr bewegen kann. Die wenigsten Leute wissen, dass alle medizinischen Geräte von Physikern und Ingenieuren entwickelt wurden - ob das Computer-Tomographen, Nierensteinzertrümmerer, Laser, Herzfrequenzmessgeräte oder Defibrilatoren und vieles mehr. sind. Ich denke, hier habe ich mehr Möglichkeiten, etwas zu leisten, was der Menschheit zu Gute kommt.

Was möchten Sie beruflich gerne noch erreichen?

Ich möchte gerne in Tirol ein Nano-Carbon-Center aufbauen. Es soll ja diese Laura-Bassi-Forschungszentren geben, und ich würde mir wirklich wünschen, ich könnte so etwas hier auf die Beine stellen. Die Grundvoraussetzung dafür ist natürlich, dass sich unser Unternehmen weiterhin positiv entwickelt und stark in internationale Forschungsaktivitäten eingebunden bleibt, was wir bisher schon zeigen konnten - auch im Rahmen unseres Verbundprojektes nano-diamond-network (NaDiNe), das durch die österreichischen Nano-Inititiative der Ministerien BMWA und BMVIT finanziell unterstützt wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Lisa Purker, ÖGUT

Weitere Informationen: www.rhobest.com

Doris Steinmüller-Nethl
Dr.in Doris Steinmüller-Nethl

DiaCoating GmbH

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Letzte Aktualisierung: 09.11.2015