Expertin des Monats
Juni 2006
Mag.a Sonja Gögele

Mag.a Sonja Gögele studierte Betriebswirtschaft an der Karl-Franzens-Universität Graz. 20 Jahre lang war sie beim internationalen IT-Konzern IBM tätig, wo sie sich "on the Job" und durch Weiterbildungsveranstaltungen im Bereich Softwareingeneering spezialisierte.

Durch ihre jahrelange Mitarbeit in der Schulungsabteilung und den Kontakt zur Lehre war es für sie ein besonderer Anreiz, an die FH Joanneum in Kapfenberg zu wechseln und dort den Studiengang Internettechnik und -management mit dem Schwerpunkt Software Design aufzubauen.

Neben der Leitung des Studiengangs arbeitet Sonja GÖGELE an der FH Joanneum auch an Forschungsprojekten zu Qualitätssicherung, e-Didaktik und neuen Lern- und Lehrmethoden mit. Sie ist Leiterin der Arbeitskreise FIT und Gender Mainstreaming und Leiterin des FEMtech Projektes "Gender Mainstreaming an einem dislozierten Standort.

Interview

Sie haben Wirtschaftswissenschaften studiert, sind dann in der Technik "gelandet" und leiten jetzt den Lehrgang "Internettechnik und -management" an der FH JOANNEUM. Wie ist es dazu gekommen?

Ich hatte mich, durch einen Ferialjob animiert, für einen zeitweise doppelgleisigen Weg entschieden. Ich wollte praktische Erfahrung sammeln und studieren zugleich und habe das als ganz tolle Ergänzung empfunden. Später bin ich dann in der IT-Technik bzw. im Projektcontrolling für IT-Projekte geblieben. Das heißt, das war nicht eine Entscheidung "das eine oder das andere", sondern es war für mich klar, dass ich einen kaufmännischen Hintergrund brauche.

Technik habe ich mir durch"training on the job" angeeignet. Ich habe daher IT-Technik sehr praxisgerecht erlernen können, so habe ich von der Programmierausbildung über die Datenbankausbildung, bis hin zur Netzwerkausbildung und Software Engineering-Ausbildung ständig dazugelernt. Ich war auch in der Erwachsenenbildung tätig und habe parallel dazu Studierende der Uni Graz betreut. Ich habe immer sehr viel Kontakt mit "Lehre" oder "Vermittlung von praktischem Wissen" gehabt. Das hat mich schlussendlich auch motiviert in den Lehrbetrieb an die FH JOANNEUM zu wechseln.

Wie schaut ihr Arbeitsalltag aus?

An erster Stelle steht für mich die Wissensvermittlung, weil es mir ein Anliegen ist den Kontakt zu den Studierenden ganz eng zu halten. An zweiter Stelle stehen Projektarbeiten, die restliche Zeit nütze ich für MitarbeiterInnenführung, Organisation des Lehr- und Forschungsbetriebes, Marketing und für nichtfachspezifische Projekte wie FIT - Frauen in die Technik, dem jetzt laufenden FEMtech Projekt oder für meine Tätigkeit als Vorsitzende des Arbeitskreises Gender Mainstreaming. Einer der Hauptpunkte in den letzten Jahren war auch die Entwicklung eines eLearning-Systemes mit den Kolleginnen und Kollegen des Studienganges.

Sie entwickeln mit viel Engagement neue Dinge und setzten sich auch für das Thema Gender und Frauenförderung ein. Entstand ihr Engagement dafür aus der eigenen Erfahrung als Frau in einer absoluten Männerwelt?

Ich bin in den 80-er Jahren in eine Berufswelt eingestiegen, da gab es im Unterschied zu heute wenig Frauen in technischen Berufen und durchaus auch noch differenzierte Haltungen und Einstellungen.

In meinem damaligen Arbeitsumfeld waren unter 153 Technikern nur 3 Frauen. Das hat mich aufmerksam und sensibel für das Thema gemacht. Mir ist auch klar geworden - ich selbst bin verheiratet und habe zwei Kinder, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie (im technischen Bereich) eine große Hürde ist. Mit einer langen Kinderpause ist oftmals ein erschwerter Wiedereinstieg verbunden. D.h. es müssten hier alternative Wege angeboten werden wie z.B. Teilzeitarbeit, flexible Arbeits- und Kinderbetreuungszeiten, Väterunterstützung oder volle Väterkarenz. Mit der Unterstützung des Dienstgebers lässt sich aber vieles umsetzen. Mir ist es wichtig, persönliche Erfahrungen, die ich gemacht habe an andere weiterzugeben.

Wie sehen Sie das Thema Gender und Frauenförderung an der FH?

Grundsätzlich ist es so, dass das Thema "Gender" - im Sinne von Gleichstellung und Gleichbehandlung und keinesfalls unter dem Aspekt der "Frauenförderung" - ambivalent gesehen wird und nicht jeder oder jede davon überzeugt ist, dass es wirklich ein notwendiges Thema ist. Wichtig ist, das es sowohl positive Beispiele von Frauen als auch von Männern gibt. Wenn Gender auch für Männer neue Möglichkeiten und Perspektiven für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf schafft Es gibt an der FH durchaus schon Väterkarenz oder Teilzeit von Männern wegen Kinderbetreuung. D.h. mit dem Thema "flexible Dienstzeiten" funktioniert die Umsetzung gut. Es ist aber ein Weg der kleinen Schritte und es wird noch eine Zeit dauern bis das Thema "selbstverständlich" wird. Erfolge zeigen sich oft erst dann, wenn Einstellungen, Werthaltungen, Emotionen und Empathie vorhanden sind.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, mit Projekten wie "Frauen in die Technik", dem FEMtech Projekt oder als Leiterin der Arbeitsgruppe GM und FIT etwas zu verändern?

Wir versuchen an der FH JOANNEUM das Thema "Frauen und Technik" umfassender anzusetzen. Es gibt die Kinder-Uni, wir planen eine Teenie-Uni, wir haben heuer "FunTech" und Technik-Rally gemacht. Ziel dieser Projekte ist es, die Jugendlichen mit Spaß an bestimmte Themen heranzuführen. Unsere Erfahrung zeigt, dass nicht die Technik oder die Frau in den Vordergrund gestellt werden soll, sondern dass es wichtig ist aufzuzeigen, was ich als junger Mensch mit Technik tun kann, also Abstraktes in Angreifbares und Anwendbares zu transformieren. Die Vermittlung von aussagekräftigen und plakativen Bildern und die Alltagstauglichkeit, das fehlt oft den technischen Berufen. Dazu braucht es kreative Köpfe; das sind Aktivitäten, für die ich mich in der nächsten Zeit einsetzen will.

Sind Frauen in der Technik förderungsbedürftig?

Wenn Frauen genügend Mut und Enthusiasmus für den Einstieg in eine männerdominierte Ausbildung haben, dann sind sie von sich und ihrer Entscheidung meist gut überzeugt. Von den Noten her sind sie teilweise sogar besser, weil sie oft konsequenter und eifriger lernen. In dieser Phase brauchen sie Unterstützung nicht wirklich und da nehmen sie diese auch nicht gerne an, weil sie berufsspezifische Gender-Probleme nicht sehen. Studentinnen empfinden in dieser Phase eine Förderung oft als Dekretierung. Dazu kommt, dass das Wort "fördern" niemand hören will. Es will keine junge Frau "förderungswürdig" sein. Meiner Meinung nach kann Förderung nur in "gegenderter, also für beide Geschlechter zutreffender" Form stattfinden.

Welche Form der Unterstützung ist Ihrer Meinung nach sinnvoll?

Oft sehen die Frauen die Probleme erst in der Arbeitswelt, wenn sie z.B. nicht mit dem gleichen Gehalt einsteigen oder schlechtere Aufstiegsmöglichkeiten haben. D.h. man braucht Unterstützungsangebote, die auf die Bedürfnisse der Frauen sehr spezifisch eingehen und je nach Altersgruppen ganz unterschiedlich sind. Dann haben wir auch langfristig die Chance mehr Frauen in die Technik zu bekommen. Es bräuchte Programme, die Mädchen bis hin zum ersten Studienjahr unterstützen. Dann muss man die Betriebe unterstützen und animieren, dass Frauen und Männer in gleichen Personalentwicklungsprogrammen sind. Ganz wichtig ist aber, dass die Motivation und das Interesse für naturwissenschaftliche Ausbildungen bei Mädchen zwischen 14 - 17 Jahren gefördert werden.

Sie sind zweifache Mutter. Wie haben sie das Thema Vereinbarung gelöst?

Ohne die familiäre Unterstützung (mein Mann und meine Eltern) ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht gegeben und wäre für mich auch emotionell nicht machbar gewesen. Ich hatte die Möglichkeit für Telearbeit und es ist mir gelungen flexible Arbeitszeiten zu vereinbaren, auch das waren Beiträge zur Vereinbarkeit.

Bleibt Ihnen neben ihrer Arbeit und der Familie noch Zeit für Hobbys? Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?

Ich verbringe meine Freizeit mit meiner Familie und wir versuchen unsere Hobbies aufeinander abzustimmen, das gelingt ganz gut mit Schi fahren, Reisen, Schwimmen, Radfahren Wandern und Kochen.

Würden Sie sagen, dass sie Ihre Karriere geplant haben?

Ich habe meine "Karriere", besser gefällt mir berufliche Laufbahn, nie aktiv und strategisch geplant. Wenn sich was ergibt, dann bin ich ein spontaner und neugieriger Mensch. Ich bin schnell zu motivieren und sehr engagiert, wenn mich ein Thema anspricht und mich interessiert.

Was würden sie gerne beruflich noch erreichen? Was sind ihre Ziele?

Ich will flexibel und für Neues offen bleiben und für die kommenden Lebensabschnitte jene Schritte setzen, die in mein privates "Familiengefüge" passen, also keine strategische Karriereplanung um jeden Preis.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Inge Schrattenecker, ÖGUT