Expertin des Monats
Dez. 2006
Prof.in Dr.in Fatima Ferreira

Fátima Ferreira ist außerordentliche Professorin am FB Molekulare Biologie der Universität Salzburg.

Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen in der Leitung und Durchführung von nationalen und internationalen Forschungsprojekten im Bereich der Allergieforschung. Im Zuge dessen leitet sie als zweite Frau in Österreich ein Christian Doppler Labor (privatwirtschaftliches Forschungslabor) zum Thema Allergiediagnostik und Therapie.

Fátima Ferreira studierte 1978 - 87 Zahnheilkunde und Biochemie in Brasilien, danach absolvierte sie ein Post-doctoral Fellowship an der Universität Toronto in Kanada. Im Jahr 2000 habilitierte sie an der Universität Salzburg. Fátima Ferreira erhielt bereits mehrere Auszeichnungen für ihre Arbeit, darunter der "Clemens von Pirquet" (Gründer der Allergieforschung) prize for Allergy research from the Austrian Society of Allergy and Immunology und der Förderpreis Wissenschaft/Forschung der Kulturfonds der Stadt Salzburg.

Interview

Frau Ferreira, Sie sind in Brasilien geboren und haben dort vorerst Zahnheilkunde studiert. Wieso haben Sie diese Fachrichtung gewählt?

Biologie hat mich bereits in meiner Schulzeit interessiert. Mein Vorbild dazu war mein Biologielehrer. Er hat mir das Thema sehr gut näher gebracht. Deswegen wollte ich etwas in diese Richtung studieren und kam auf Biologie. Für mich war es damals schon faszinierend, biologische Experimente durchzuführen, z.B. Samen einzusetzen und zu schauen, was daraus wird. So habe ich mich in meiner Heimatstadt nach den Studienmöglichkeiten in diesem Bereich erkundigt. Da fand ich nur die Studienrichtung Zahnmedizin, die mir interessant erschien. Ich wusste aber damals nicht, was ich damit später machen kann. Ich war zu dieser Zeit noch ein bisschen blind, was Zukunftsgedanken betraf. Es war aber keine falsche Entscheidung, denn ich habe damit bereits die Grundlagen für mein heutiges Forschungsgebiet erlernt.

Inwiefern waren Ihre Eltern bei Ihrer Berufsentscheidung maßgeblich?

Meine Mutter war für drei Kinder allein verantwortlich und hat zu uns Mädchen immer gesagt: "Studiert, erlernt einen guten Beruf, damit Ihr unabhängig seid!" Die Studienrichtung habe ich mir allerdings ohne das Mitwirken meiner Mutter ausgesucht.

Danach haben Sie sich für ein Doktorat in Biochemie entschieden. Wie kam es zu dieser Wahl?

Während meines Zahnheilkundestudiums haben mich die Grundlagen mehr interessiert, als der klinische Teil. Mein damaliger Professor hat mich darauf gebracht, dass ich dann doch noch Biochemie studieren könnte. So verließ ich zum erstmals im Zuge meiner Berufslaufbahn meine Heimatstadt und studierte in Sao Paulo an der größten Universität Lateinamerikas. Ich konnte mir allerdings schon einiges aus dem Zahnheilkundestudium anrechnen lassen und in fünf Jahren mein Doktorat in Biochemie erreichen.

Sie haben Brasilien 1988 verlassen und Ihre Berufslaufbahn in Kanada und Europa fortgesetzt. Was war der Grund dafür?

Die Bedingungen für die Wissenschaft waren zu dieser Zeit in Brasilien nicht sehr gut. Wir hatten damals eine Militärdiktatur. Auf der Universität gab es wenige Arbeitsinstrumente und es war verboten, welche aus dem Ausland zu kaufen, außerdem gab es auch wenig Geld für Forschung. Zusätzlich hatten wir damals in Brasilien eine Hyperinflation mit mehr als 100% pro Monat. Aus diesem Grund habe ich mich für ein Post Doc in Toronto beworben. In Kanada lernte ich dann meinen zukünftigen Mann kennen. Er ist Österreicher und arbeitet bis heute mit mir am gleichen Institut.

Wie kamen Sie dann zur Allergieforschung?

In Österreich habe ich keine Forschungsmöglichkeit zur Zahnmedizin gefunden und bekam die Möglichkeit zur Allergieforschung am Wiener AKH. Österreich ist in diesem Bereich der Forschung im Spitzenbereich.

Sie sind seit 2000 außerordentliche Professorin an der Universität Salzburg für Molekulare Biologie und beschäftigen sich mit Allergieforschung. Wie würden Sie einem jungen Menschen Ihren Beruf erklären?

Ich forsche darüber, wie Allergie auslösende Substanzen eine allergische Reaktion hervorrufen. Dabei geht es um Pollenallergie. In den Industriestaaten sind bis zu 40% der Bevölkerung von Pollenallergien betroffen. Österreich übernimmt hier eine der Spitzenpositionen. Das hängt mit der Veränderung der Umwelt und der Lebensstile zusammen. Die Vermutung ist dabei, je sauberer das Umfeld, desto weniger Bakterien - desto mehr Allergien, da sich das Immunsystem in einem solchen Umfeld verändert. Das Immunsystem ist nämlich ständig in Kontakt mit der Außenwelt und entwickelt sich weiter, wie ein Mensch sich entwickelt. Es lernt, so wie wir Menschen. Das Immunsystem kann grundsätzlich in zwei Richtungen gehen. Wenn es zu einer Allergie kommt, geht es in die falsche Richtung. 

Bei einer Allergie bilden sich andere Antikörper. Diese untersuche ich. Ich forsche, wie sich allergische Antikörper an die Allergene binden. Wir arbeiten an gentechnischen Allergenen für maßgeschneiderte Impfungen bei Allergien, denn bei den Impfungen, die momentan am Markt sind, kann nach der Verabreichung eine weitere Allergie entstehen. In den nächsten fünf Jahren sind wir vielleicht schon soweit!

Sie sind erst die zweite Frau die ein Christian Doppler Labor leitet. Wie kam es dazu?

Die Voraussetzungen zur Leitung eines Christian Doppler Labors sind eine gute wissenschaftliche Reputation und ein Partner/ eine Partnerin aus der Industrie, der oder die bereit ist, das Labor mitzufinanzieren. Beide Voraussetzungen waren bei mir gegeben.

Mit welchen Herausforderungen haben sie da zutun? Welche Aufgaben umfasst die Leitung eines CD Labors?

Ein Labor mit 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitet zu leiten, ist immer eine Herausforderung! Die wichtigsten Dinge dabei sind wahrscheinlich der psychologische Aspekt, die Steuerung der Gruppendynamik und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gleichzeitig darf ich aber mein wissenschaftliches Ziel nie aus den Augen verlieren und muss die Balance zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung finden, die für meinen industriellen Partner wichtig ist.

Was ist das Spannende an Ihrer Arbeit?

In der Forschung gibt es jeden Tag neue Situationen und neue Lösungen zu finden. Da ist es nie langweilig.

Inwieweit ist die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei Ihnen ein Thema?

Diese Balance ist für mich sehr wichtig. Ich brauche auch Zeit für mich selbst, meine Ehe und meine Freunde.

Wie wichtig sehen Sie Ihre Funktion als Role Model im naturwissenschaftlichen Bereich?

Ich nehme die Rolle als Vorbild sehr ernst, denn auch für meinen Berufsweg waren sie sehr wichtig. Es waren allerdings durchgehend Männer. Weibliche Role Models sehe ich zweifach als notwendig, da sie jungen Frauen vermitteln, dass eine Frau auf diesem Gebiet erfolgreich tätig sein kann. Wir haben z.B. an unser Institut Renée Schröder zu einem Frauengespräch eingeladen. Da waren fast alle Frauen, des Instituts anwesend. Diplomandinnen, Frauen aus der Verwaltung, Dissertantinnen, Assistentinnen und Professorinnen. Das Schöne daran war, dass es kein einseitiger Vortrag war, sondern jede Frau hat über ihre Berufslaufbahn erzählt. Ich habe viel aus dem Gespräch gelernt, nämlich, dass die Wege sehr unterschiedlich sein können und dass es mir ganz gut in meiner beruflichen Entwicklung ergangen ist.

Welche Eigenschaften braucht es Ihrer Meinung nach, um im naturwissenschaftlich-technischen Bereich erfolgreich zu sein? Brauchen Frauen andere Eigenschaften als Männer?

Nein, das sehe ich nicht so. Das Wichtigste ist, Freude am Lösen von Problemen zu haben. Allerdings denke ich, dass Frauen oft andere Wege gehen, um ein Problem zu lösen. Das finde ich sehr wichtig, damit kann die Forschung nur gewinnen, denn es entstehen kreativere Lösungen.

Was würden Sie gerne beruflich noch erreichen? Was sind ihre Ziele?

Ich denke, ich erreiche meine Ziele jeden Tag, wenn ich mich der Lösung eines Problems widme. Damit bin ich sehr zufrieden. Für mich ist es nicht wichtig weltbekannt zu werden. Mein Ziel ist es aber auch die Möglichkeiten für junge Forscherinnen und Forscher in meinem Forschungsgebiet zu fördern. Wenn ich das erfolgreich mache, habe ich für mich mein Ziel schon erreicht.

Würden Sie nochmals nach Österreich kommen?

Österreich ist meine zweite Heimat. Ich fühle mich sehr wohl hier und habe sehr viele Freunde hier. Am Anfang war es schon ein bisschen schwer, da ich auch Diskriminierung erlebt habe, wie z.B. ein älterer Professor zu mir gesagt hat, dass ich keine Assistentinnenstelle bekommen werde, da Männer, die ihre Familie erhalten müssen, hier bevorzugt werden. Davon habe ich mich aber nicht beeindrucken lassen, und bin meinen Weg ganz einfach weitergegangen. Ja, ich bin sehr froh hier zu sein, und würde auf jeden Fall nochmals hierher kommen!

Danke für das Interview! 

Das Interview führte Beatrix Hausner von der ÖGUT.

Fatima Ferreira
Prof.in Dr.in Fatima Ferreira

Fachbereich Molekulare Biologie, Universität Salzburg

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023