Expertin des Monats
Jan. 2007
DIin Dr.in Birgit Musil-Schläffer

Birgit Musil ist Senior Researcher im Kompetenzzentrum "Austrian Bioenergy Centre GmbH", Außenstelle Wieselburg.

Im Rahmen ihrer Tätigkeit ist sie als Projektleiterin für die Entwicklung und Untersuchung von Feuerungen für feste biogene Brennstoffe verantwortlich. Schwerpunktmäßig werden von ihr Projekte im Bereich innovativer Kachelofensysteme und automatisierter (Pellets-)Kleinfeuerungssysteme behandelt. Des Weiteren ist sie für die inhaltliche Gestaltung von Schulungen im Bereich "Grundlagen der Verbrennungstechnik" verantwortlich und führt diese teilweise auch durch.

Birgit Musil studierte von 1995 bis 2003 an der TU Wien Verfahrenstechnik und beschäftigte sich bereits im Rahmen ihrer Diplomarbeit für das Austrian Bioenergy Centre mit der Entwicklung einer Biomassefeuerung. 2005 promovierte Sie ebenfalls an der TU Wien über das Thema "Der Pellets-Kachelofen". Aktuell absolviert sie berufsbegleitend ein Professional MBA-Studium für Entrepreneurship und Innovation, welches von WU-Wien und TU-Wien durchgeführt wird.

Interview

Frau Musil, Sie beschäftigen sich mit der Entwicklung von Feuerungen zum erfolgreichen Einsatz von biogenen Brennstoffen. Das ist ein sehr aktuelles Thema. Wie lange beschäftigen sie sich mit dem Thema bereits, bzw. wie ist Ihr persönlicher Zugang dazu?

Ich habe im Dezember 02 angefangen, mich intensiver mit diesem Thema zu beschäftigen, im Rahmen meiner Diplomarbeit. Das hat sich mehr oder weniger zufällig ergeben, weil ein Freund am Aufbau eines Kompetenzzentrums mit diesem Schwerpunkt maßgeblich mitgearbeitet hat. Er fragte mich, ob ich mich dafür interessieren würde. Also, ich hab mir das nicht gesucht, sondern es hat mich irgendwie gefunden. Mein persönlicher Zugang zur Biomasse ist, dass ich in zweiter Generation aus einem landwirtschaftlichen Betrieb komme, und der Umgang mit Holz nichts Besonderes für mich ist. Ich kenne den Umstand, dass ganze Häuser mit Holz geheizt werden.

In ihrem Lebenslauf hab ich gelesen, es gab einen einjährigen Zwischenstopp in der HBLA für Mode und Bekleidungstechnik. Danach haben Sie am Gymnasium maturiert und sich dann für ein technisches Studium entschieden. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Ja, das ist recht komisch abgelaufen. In der Unterstufe im Gymnasium hat es mir nicht unbedingt gefallen, ich wollte die Schule wechseln. Ich bin ewig zwischen HTL für Maschinenbau und Elektrotechnik geschwankt. Meine Eltern haben beide technische Berufe. Mein Vater ist Nachrichtentechniker und meine Mutter ist Hauptschullehrerin für Mathematik, GZ und Informatik. Also, ich war in diesem Bereich schon ein bisschen vorbelastet. Dann waren da eben 3 Klassenkolleginnen, die gesagt haben, dass sie die HBLA für Bekleidungstechnik besuchen werden und dann habe ich mich auch dafür entschieden.
Meine Eltern hatten natürlich keine große Freude mit dieser Entscheidung. Da ich ein Sturschädel bin, hab ich das aber durchgesetzt. Mir hat es in der HBLA dann aber wirklich gefallen. Ich habe genäht wie ein Einser und mir generell sehr leicht getan. Es war komischerweise die Deutschlehrerin, die beim Elternsprechtag gemeint hat: "Birgit, glaubst du wirklich, dass das Deine Zukunft ist?" Sie hat gesehen, dass ich mich mehr oder weniger spiele. "Daraufhin bin ich wieder ins Gymnasium gewechselt. Die HTL wäre nicht mehr in Frage gekommen, weil ich einfach zuviel Zeit verloren hätte. Ich hatte im Gymnasium Unterstufe gute Noten, daher konnte ich die 5. Klasse überspringen und somit mit den KollegInnen aus der alten Klasse zusammen sein.

Warum haben Sie Verfahrenstechnik studiert?

Ich hab auch überlegt, ich etwas in Richtung Umwelttechnik studieren soll. Es gibt da eigentlich jede Menge an Studienmöglichkeiten, aber ich hab mir dann im Endeffekt gedacht, dass es eigentlich gescheiter ist, das Thema von der technischen Seite anzugehen, weil man da aktiv an den Entwicklungen arbeiten kann, und nicht nur analysiert, was nicht passt und was geändert werden müsste.

Sie besitzen ein Doktorrat in Maschinenbau. Im Wintersemester 2005 war der Frauenanteil an Österreichs Universitäten in der Studienrichtung Maschinenbau 8%. Wie würden Sie jungen Mädchen dieses Studium schmackhaft machen?

Im Bereich der Verfahrenstechnik sind es mehr Frauen. Am Anfang des Studiums war der Frauenanteil ca. 1/3, und in meinem Jahrgang haben etwa15 Männer und 3 Frauen das Studium abgeschlossen. Mir war es allerdings immer egal, mit wie vielen Männern und Frauen ich studiere.

Nun zum Thema, wie ich Mädchen das Studium schmackhaft machen würde:
Interessant ist so ein Studium für Personen, die sich in Mathematik halbwegs leicht getan haben und sich für Chemie und Physik interessieren. Eines ist natürlich klar, so ein Studium ist kein Spaziergang. Wenn diese Interessen da sind, es jedoch ein Studium, wo danach die Jobchancen sehr gut sind.
Das große Problem, dass ich in unserer Gesellschaft sehe, ist, dass es als anormal gewertet wird, dass eine Frau einen technischen Beruf ausübt. Deswegen denken nicht so viele Mädchen an diese Möglichkeit. Ich kann nur sagen, in meinem Jahrgang haben die ProfessorInnen Frauen genauso behandelt, wie Männer, und die Jungs haben sich gefreut, dass ein paar Mädels dabei sind. Was an dem Studium auch noch sehr nett war, war dass dort um die 50 Studierende in einem Jahrgang waren. Es war so persönlich, wie in einer Schulklasse. Man ist sehr gut eingebunden und nicht nur eine Nummer, so wie in anderen Studienrichtungen.

Sie sind jetzt Senior Researcher im Austrian Bioenergy Centre in der Außenstelle Wieselburg mit den Arbeitsschwerpunkten Kachelöfen, bzw. Pelletsfeuerungen und beschäftigen sich mit biogenen Brennstoffen. Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?

Es gibt keinen fixen Tagesablauf, also wir arbeiten rein projektorientiert und da kann es passieren, dass ich zwei Tage auf einer Anlage unterwegs bin und versuchstechnisch arbeite. Aber die meiste Zeit verbringe ich doch bei Besprechungen, am Rechner mit Datenauswertungen oder beim Denken.für die nächsten Schritte. Ein Teil meiner Tätigkeit ist auch das Projektmanagement . Ich kann mir aber grundsätzlich die Zeit frei einteilen.

Sie führen Schulungen durch. An welche Zielgruppe wenden sie sich damit?

Wir führen hauptsächlich Schulungen für unsere Firmenpartner durch. Das heißt, für Personen, die Biomassefeuerungen entwickeln, verkaufen, bzw. warten. Es handelt sich dabei vor allem um Grundlagen in der Verbrennungstechnik. Themen dabei sind die Eigenschaften von Brennstoffen, die Definition und die Zusammensetzung von Biomasse. Darüber hinaus wird über Verbrennung, Wärmetausch und Messungen in diesem Bereich referiert. Diese Schulungen werden übrigens vorwiegend von Männern besucht.

Sie arbeiten an der Schnittstelle zur Industrie. War es für Sie am Ende Ihres Studiums ein Thema, in die Industrie zu gehen, bzw. gab es Kontakte zwischen der Universität und Wirtschaftsunternehmen?

Doch, ich arbeite eigentlich immer noch sehr eng mit der TU Wien zusammen. Wir sind ForschungspartnerInnen. Die Bestrebungen, in die Wirtschaft zu gehen, sind sicher da, aber ich genieße es, die Zeit zu haben, mich intensiv mit konkreten Aufgaben zu beschäftigen. In der Wirtschaft hat man dann doch viel weniger Zeit, sich intensive Gedanken über etwas zu machen. Allerdings ist es gerade in unserem Bereich sehr häufig, dass Firmen sich an die TU Wien wenden um einen Studierenden zu suchen, der bei ihnen Diplomarbeit schreibt und von der TU betreut wird. Das ist ein durchaus üblicher Weg.

Sie haben ein Stipendium für ein Professional MBA für Entrepreneurship und Innovation an der TU Wien und WU Wien von der Tageszeitung DER STANDARD bekommen. Was machen sie da genau?

In dem Fall geht es um eine MBA-Ausbildung zum Thema Unternehmensführung und Innovationsmanagement. Der Standard hat dafür ein Stipendium ausgeschrieben. Das hab ich zufällig gesehen, und mich darum beworben. Ich dachte, gerade diese Themen wären für mein Arbeitsgebiet sehr passend. Das hat die Jury vom Standard auch so gesehen, und so bin ich seit einem halben Jahr wieder Studentin.. Das ist jetzt wirklich eine wichtige Ausbildung für mich, denn je weiter man aufsteigt, umso mehr kommt man von der Technik weg hin zu Tätigkeiten im Managementbereich.

Haben Sie Ihre Karriere geplant?

Nein, vieles hat sich einfach so ergeben. Ich habe meine Karriere überhaupt nicht geplant. Es haben mich schon viele Leute auf meine Zielstrebigkeit angesprochen, ob ich sehr zielstrebig bin, aber ich finde gar nicht, dass ich extra Anstrengungen unternommen hätte.

Wie viele Frauen sind am  Austrian Bioenergy Centre in der Außenstelle Wieselburg in der Forschung beschäftigt?

Wir sind in Wieselburg 25 MitarbeiterInnen, davon 7 Frauen, davon wiederum 4 Forscherinnen. Eine technische Chemikerin, eine Umwelt- & Energietechnikerin, eine Wirtschaftswissenschafterin und ich. Würde es mehr Technikerinnen in unserem Forschungsbereich geben, dann wäre unsere Frauenquote auch höher, aber es ist kaum möglich, Frauen in diesem Bereich zu finden.

Wie wichtig waren Vorbilder für Sie, in der Karriere? Beziehungsweise, sehen Sie sich selbst als Role Model?

Also, für meinen Entscheidungen hab ich nicht bewusst Vorbilder gehabt, meinen Vater vielleicht, der hat eben Elektrotechnik studiert. Einmal hab ich allerdings ein Interview über eine Mutter in einer Frauenzeitschrift gelesen, die Projektmanagerin war, 30 Stunden gearbeitet hat und dafür ziemlich viel Geld bekam. Da hab ich mir gedacht, das wäre nicht schlecht!
Zu meiner Vorbildwirkung: ich habe - ich glaub - dreimal bei der Initiative FIT (Frauen in der Technik) mitgemacht, aber es war einfach so, dass Maschinenbau die meisten Mädels nicht interessiert hat. Die haben sich Architektur, Chemie und vielleicht Elektrotechnik angeschaut, aber traditionell war es so, dass sich vielleicht zwei oder drei Mädels für Maschinenbau interessiert haben. Ich denke, dass viele Mädels nicht wissen, was Maschinenbau überhaupt ist und welche Berufschancen dieser Themenbereich bringen kann, deswegen möchte ich meine Rolle als Vorbild weiterhin wahrnehmen.

Sie snowboarden gerne. Wäre das auch eine Karriereoption für Sie gewesen?

Das habe ich wirklich eine zeitlang überlegt, als ich noch ins Gymnasium gegangen bin. Da habe ich bei einem Verein mittrainiert und die Snowboardlehrerausbildung gemacht. Die Technik war dann aber doch interessanter für mich. Ich habe ja auch jahrelang Ballet getanzt, aber auch das hat mich für einen Beruf zu wenig interessiert.

Eines Ihrer Hobbys ist Handarbeiten: sehen Sie das als wichtigen Ausgleich für Ihre Tätigkeit?

Ich stricke irrsinnig gerne. Einfach so, neben dem Fernschauen. Als Ausgleich würde ich es nicht sehen, weil ich vorwiegend schwere Muster wähle. Ich brauche halt die Herausforderung. Außerdem finde ich es super, wenn man Unikate hat, z.B. einen Pulli, den sonst keiner hat.

Die Vereinbarkeit von Familie und Karriere wird öfters als schwierig gesehen. Ist Familie für Sie ein Thema?

Ja, Familie ist ein Thema für mich. Ich denke schon, dass dies im Zusammenhang mit der Karriere geplant werden muss. Zu viele Gedanken sollte man sich aber auch nicht machen, sonst lässt man es wahrscheinlich gleich bleiben. Ich hab auf jeden Fall nicht vor, für die Familie meinen Beruf bzw. meine Tätigkeit aufzugeben. Das ist eine Forderung von mir an die Gesellschaft, dass ein anspruchsvoller Beruf und Familie vereinbar sein muss, und ich werde das auch für mich einfordern.

Haben Sie berufliche Ziele für die Zukunft? Welche Position streben Sie an?

Ich will Vizerektorin für Forschung werden. Das hab ich mir letztens so zusammen gesponnen, eben weil ich das MBA-Studium für Innovation mache und durch meine Tätigkeit in der Österreichischen Hochschülerschaft einen guten Einblick in das System der Universitäten erhalten habe. Wie auch immer, ich habe öfters irgendwelche Hirngespinste, wir werden sehen!

Danke für das Interview!

Das Interview führte Beatrix Hausner von der ÖGUT.

Birgit Musil-Schläffer
DIin Dr.in Birgit Musil-Schläffer

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023