Expertin des Monats
Mai 2007
DIin Tina Reisenbichler

Tina REISENBICHLER studierte Technische Mathematik an der Technischen Universität Wien. 1992 begann sie als Projektmanagerin bei der EDV GmbH zu arbeiten. Anschließend ging sie für einige Jahre in die Kammer für Arbeiter und Angestellte Niederösterreich, wo sie den Bereich EDV und Telekommunikation leitete. Seit 2000 ist Frau Reisenbichler bei der T-Systems Austria GesmbH in verschiedenen Arbeitsbereichen tätig. Unter anderem war sie für den Aufbau des Geschäftsbereichs "Telecommunications Services" in Österreich und in der Schweiz verantwortlich. T-Systems ist die Geschäftskundenmarke der Deutschen Telekom.

Die fünffache Mutter ist Mitglied der Geschäftsleitung in Österreich und seit April 2007 auch für das internationale Telekommunikationsgeschäft verantwortlich. In Österreich leitet sie den Bereich Telecommunications Services Sales und den Vertrieb Telecommunications innerhalb der CEE Region. Neben den Managementaufgaben hat sie an der Entwicklung verschiedener neuer Produkte im Telekommunikationsbereich (z.B. Flex Voice) mitgearbeitet.

Interview

Frau Reisenbichler, Sie sind seit sieben Jahren bei der T-Systems Austria GesmbH beschäftigt und haben einen beeindruckenden Karriereweg. Welche Eigenschaften sind in der Führungsetage eines großen Unternehmens besonders gefragt?

Eine wesentliche Eigenschaft ist Chancen, die sich einem bieten auch wahrzunehmen. und rasch Entscheidungen treffen zu können. Es ist wichtig kompetent zu wirken und die Kombination von fachlichem Wissen plus dem organisatorischen Können ist sicher eine der wichtigsten Grundvoraussetzung. Eine Eigenschaft von mir ist, dass ich die Dinge sehr direkt und sehr offen anspreche. Ich denke, dass das eine meiner Stärken ist.

Welche Aufgaben haben Sie in Ihrer Position bei T-Systems Austria GesmbH?

Wir bieten Telekommunikationsprodukte an, die wir nicht nur in Deutschland sondern weltweit vertreiben. Da geht es dann darum mit den verschiedenen Ländern abzuklären, wie die Produkte erfolgreich auf dem Markt gebracht werden können. Dabei sind die lokalen Gegebenheiten relevant. Weiters unterstützen wir  auch den Aufbau der zentralen Funktionen. Ich habe mich insofern ausgezeichnet, dass ich den Vertrieb in Österreich aufgebaut habe und dann zwei Jahre lang in der Schweiz war und jetzt die Region Osteuropa betreue. Aus diesen Erfahrungen habe ich gelernt wie man in einem kleinen Land wie Österreich eine Nische findet und diese aufbaut.

Sie sind auch für die Entwicklung von Produkten (z.B.Flex Voice) verantwortlich. Was kann man sich darunter vorstellen?

Momentan haben wir ein Datenprodukt, mit dem ich von verschiedenen Standorten Daten verschicken kann. Unser Produkt Flex Voice zielt darauf ab, günstig und mobil in alle Länder telefonieren zu können und das mit einer hohen Qualität. Das Festnetz verliert zunehmend an Bedeutung, weil die Menschen mobiler werden, und der Kunde und die Kundinnen erwarten sich diese Funktionalität daher auch beim Mobilfunk. Gerade die  Business-Kunden erwarten sich eine sehr hohe Qualität.

Sie haben technische Mathematik studiert. Warum gerade Mathematik?

Was ich wirklich sehr gut in der Schule gekonnte habe war Mathematik. Ich habe eine absolute Schwäche bei Sprachen und das einzige, dass sich mit 12 Jahren herauskristallisiert hat war, dass ich eine einzigartig Begabung in Mathematik habe. Ursprünglich habe ich geplant auf der Technik zu studieren und dann Lehrerin zu werden. Damals war die Ausbildungssituation aber noch eine andere und ich habe nach meinem Studium drei Jahre in die Privatwirtschaft gearbeitet. Hier bin ich dann auch geblieben.

War der Sprung in die Privatwirtschaft eine gute Entscheidung?

Ja, für mich auf jeden Fall. Wobei ich sicher auch eine gute Lehrerin geworden wäre. Ich habe in meinem Leben nur eine Bewerbung weggeschickt und die hat funktioniert. Den Geschäftsführer bei dem ich mich beworben habe, hat am meisten fasziniert, dass ich mit 28 Jahren ein Studium abgeschlossen hatte und in dieser Zeit vier Kinder bekommen habe. Er hat mir damals die Chance gegeben Teilzeit mit 20 Stunden zu arbeiten und ich habe dieses Angebot wahrgenommen.

Sie haben insgesamt fünf Kinder und ihre ersten vier Kinder während des Studiums bekommen. Wie haben Sie das gemanagt?

Für mich hat sich nie die Frage gestellt wie man Beruf und Familie vereinbaren kann. Ich habe mit 19 Jahren mein erstes Kind bekommen und meine Großfamilie und mein Mann haben mich darin unterstützt, dass ich trotzdem studiere. So habe ich quasi die ersten vier Kinder während meines Mathematikstudiums bekommen und war trotzdem in der Mindeststudienzeit fertig.
Ich hatte allerdings nie ein wirkliches "Studentenleben" und meine Zeit war konsequent und sehr straff eingeteilt. Eine Eigenschaft von mir ist, dass ich mich hinsetze und sofort zum arbeiten anfangen kann. Ich brauche keine Anlaufzeit. Das ermöglicht mir, dass ich jede Stunde optimal nutzen kann und das hat es mir erleichtert zu arbeiten wenn z.B. die Kinder geschlafen haben. Ich habe aus diesem Grunde auch in meiner ersten Berufszeit viel von zu Hause aus gearbeitet.

In welcher Form werden Sie in Ihrem Alltag unterstützt?

Ich habe ein Au pair Mädchen gehabt und mein Mann und meine Mutter haben mich sehr unterstützt. Als ich zu arbeiten begonnen habe, waren alle Kinder schon im Kindergartenalter. Gleichzeitig waren es meine Kinder auch gewöhnt auf die Jüngeren aufzupassen.
Ich habe auch die Gabe, dass ich wenig Zeit für mich selber brauche und ich kann viele Dinge gleichzeitig erledigen. Insgesamt beobachte ich, dass gerade Frauen diese Eigenschaft eher als Männer haben. Mit Kindern lernt man wie Arbeit effizient organisiert werden kann. Wenn diese Eigenschaft in eine Firma eingebracht wird, ist das für die Firma toll.

Wie viele Stunden arbeiten Sie in der Woche?

Ich denke es sind schon wesentlich mehr als 40 Stunden, wobei mein jetziger Aufgabenbereich - der Vertrieb - besonders zeitintensiv ist. Aber mir macht diese Arbeit großen Spaß und ich denke, dass ist ein ganz wesentlicher Faktor. Ich brauche auch die Herausforderung und für mich ist es wichtig immer wieder etwas Neues zu tun.

Sie sind seit 2006 Mentorin in einem Cross Mentoring Programm. Was machen Sie in dieser Funktion?

Gemeinsam mit Frau Rauch-Kallat haben wir ein Cross Mentoring Programm für die Wirtschaft ins Leben gerufen. Daran sind zehn Unternehmen beteiligt, wobei jedes Unternehmen fünf MentorInnen und fünf Mentees genannt hat. Gesteuert und begleitet wird das Programm über das Ministerium.

Das Interessante an dem Programm ist, dass ich eine Mentee von einer anderen Firma habe. Dadurch kann ein offenerer Dialog geführt werden über die sehr persönliche Entwicklung der Mentee. Diese Gespräche dienen dazu Mut zu machen und zu sagen: "Geh einfach deinen Weg." Das versuche ich zu vermitteln, egal welcher Weg dann von der Mentee eingeschlagen wird. Nach einem Jahr glaube ich, dass der große Vorteil eines Cross Mentoring-Programms ist, dass ich eine Mentee aus einem anderen Unternehmen habe.

Ihrer Meinung nach sind Frauen zu wenig in Netzwerke eingebunden. Warum ist das so?

Am Anfang meiner Karriere habe ich mich total gegen Netzwerke gewehrt. Inzwischen glaube ich aber, dass Netzwerke wichtig sind, um eine Außensicht zu bekommen. In anderen Bereichen ist der Austausch selbstverständlich. Mit Kleinkindern gehst du in die Stillrunde, später in die Kindergartenrunde, dann bist du im Elternverein engagiert usw. Nur im Berufsleben ist es oft nicht selbstverständlich. Inzwischen bin ich der Meinung, dass Netzwerke gerade im Berufsleben sehr wichtig sind.

Ihr Unternehmen ist ausgezeichnet worden als bester Arbeitgeber in der Kategorie  "Chancengleichheit". Was zeichnet Ihr Unternehmen aus?

Durch meine Präsidentschaft von EWMD, habe ich begonnen mich mit dem Thema auseinanderzusetzen und einige Projekte auch hier in der Firma initiert. Wir haben z.B. ein Business-Frühstück für Frauen eingeführt und wir versuchen Frauen teilweise ein Stück anders zu fördern, weil es aufgrund der Tatsache dass wir so wenige Frauen haben einfach notwendig ist. Wir kennen bei uns  den positiven Effekt wenn ein oder zwei Frauen in einem Team sind, dass das Arbeiten anders ist.

Gibt es in Ihrem Unternehmen Männer die in Karenz gehen?

Haben wir auch, aber wenige. Wenn Männer in Karenz gehen, so machen Sie die gleiche Erfahrung wie Frauen. Wir versuchen, die Personen die in Karenz gehen an das Unternehmen auch während der Karenzzeit zu binden und den Kontakt aufrecht zu erhalten. In unserer Branche ist es schwierig für ein halbes Jahr ganz wegzugehen.

Sie haben einmal gesagt, Technik muss für Frauen attraktiver sein. Wie könnte das funktionieren?

Ich bin der Meinung, dass Mädchen die sich für Technik interessieren und das auch zeigen besonders motiviert und gefördert gehören. Ich beobachte oft dass Eltern nicht damit zurecht kommen, wenn sich die Töchter für eine technische Richtung entscheiden. Ich sehe das auch am Töchtertag, wenn Eltern gar nicht positiv reagieren, wenn ihre Töchter auf eine HTL gehen wollen.

Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Weg wie Sie einschlagen wollen?

Mache das, was dir Spaß macht und nimm die Chance, die dir gegeben ist. Ich glaube, je verkrampfter Karrieren geplant sind, desto weniger gelingen sie. "Mut zu Veränderung"!

Was sind Ihre beruflichen Ziele?

In einem internationalen Konzern gibt es immer genug Möglichkeiten, wobei ich im Moment sehr zufrieden bin mit meiner Position. Ich bin seit April 2007 für das internationale Telekommunikationsgeschäft verantwortlich und ich habe damit eine neue persönliche Herausforderung gefunden auf die ich mich sehr freue.

Danke für das Interview.

Das Interview führte Inge Schrattenecker, ÖGUT.

Tina Reisenbichler
DIin Tina Reisenbichler

T-systems Austria Gesmbh

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023