Expertin des Monats
Mai 2008
Univ.-Prof.in Dr.in Andrea K. Steiner

Dr. Andrea Karin Steiner absolvierte das Studium der Meteorologie und Geophysik an der Karl-Franzens-Universität Graz. Während der Dissertation begann sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Meteorologie und Geophysik zu arbeiten, unterbrochen von einem Studien- und Forschungsaufenthalt in Tucson, Arizona (USA). Nach dem Studium folgten Postdocs in der Forschungsgruppe Atmosphärenfernerkundung und Klimasystem (ARSCliSys) am Institut für Geophysik, Astrophysik und Meteorologie (IGAM), seit 2005 am Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel. Neben ihrer Forschungstätigkeit arbeitet sie seit 2003 auch als Lehrbeauftragte des Instituts. Schwerpunktmäßig beschäftigt sich Karin Steiner mit der Fernerkundung der Erdatmosphäre mittels Satelliten zur Klimabeobachtung sowie mit der Bereitstellung und der Analyse von Atmosphären-, und Klimadaten.

Interview

Frau Steiner, Sie sind Geophysikerin und beschäftigen sich mit Atmosphären- und Klimaforschung. Was machen Sie da genau?

Ich beschäftige mich mit der Analyse von Fernerkundungsdaten, im Speziellen mit einer neuartigen Methode, der sogenannten GPS Radio-Okkultationsmethode. Hierbei werde Signale von globalen Navigationssatelliten genutzt um Informationen über den Zustand der Atmosphäre zu bekommen, wie zum Beispiel das Temperaturfeld. Bildlich gesprochen "schaue" ich mit dieser Methode in einen Atmosphärenbereich hinein, der noch nicht so gut erforscht ist und versuche hier neue Erkenntnisse zu gewinnen - ganz im Speziellen im Hinblick auf Klimaänderungen. Im Rahmen meines FWF Forschungsprojektes INDICATE versuche ich gemeinsam mit meinem Forschungsteam mit Hilfe dieser neuen Beobachtungsdaten zu erkennen ob im Höhenbereich von etwa 8-30 km ein Klimaänderungssignal zu sehen ist. Wir verwenden dabei auch Datensätze von Klimamodellen um Indikatoren des atmosphärischen Klimawandels zu finden und besonders sensitive Regionen und Höhenbereiche zu lokalisieren.

Was konnten Sie mit dieser Methode bereits erkennen?

Obwohl unsere Datensätze noch relativ kurz sind, sehen wir bereits eine Abkühlung im Bereich der unteren Stratosphäre (~16-25 km) und eine Erwärmung im Bereich der oberen Troposphäre (~8-16 km), was konsistent mit anderen Datensätzen und Modelldaten ist. Diesbezüglich bin ich gerade beim Schreiben einer Publikation.

Das Thema "Klimawandel" ist in den Medien momentan sehr präsent. Werden Sie von den Medien angefragt als Expertin zu diesem Thema Stellung zu nehmen?

Ja, ich werde auch von den Medien angefragt. Speziell wenn aktuelle Ereignisse, wie zum Beispiel eine Hitzewelle oder ein Sturm, im Kommen sind.

Wie kam es zu Ihrer Berufswahl?

Ich habe nach meiner Matura vier Jahre im elterlichen Betrieb in der Landwirtschaft gearbeitet den ich ursprünglich übernehmen sollte. Dann habe ich mich allerdings dafür entschieden, dass ich gerne noch nebenher studieren würde. Da meine Interessensgebiete Natur und Umwelt waren, habe ich Meteorologie und Geophysik sowie einen Studienabschnitt Ökosystemwissenschaften studiert. Im Rahmen des Studiums habe ich dabei zwei, drei Tage pro Woche in Graz verbracht und den Rest der Zeit zu Hause in der Landwirtschaft gearbeitet.

Haben Sie Ihre Eltern bei Ihrer Berufswahl unterstützt?

Ja, meine gesamte Familie hat mich unterstützt, nicht zuletzt auch, weil meine jüngste Schwester den Betrieb übernommen hat.

Vorbilder sind oft maßgeblich für die Berufswahl. Sehen Sie sich selbst als Vorbild?

Ich agiere vielleicht insofern als Vorbild, indem ich versuche, Beruf und Familie zu vereinbaren und somit auch junge Kolleginnen auf diese Weise ermutige.

Sie haben ein naturwissenschaftliches Studium abgeschlossen und in der HBLA war Mathematik kein Maturafach. Brachte das Probleme mit sich?

Es war zwar zu diesem Zeitpunkt möglich das Studium ohne Matura zu belegen, aber ich musste doch einiges nachlernen. Motivation hierfür waren vor allem die interessanten Themen meines Studiums.

Hat Sie eine Klassenkollegin aus der HBLA im Studium begleitet, oder waren Sie das einzige Mädchen aus der Klasse, das Geophysik studiert hat?

Ich war die einzige meiner Klasse, die Geophysik studiert hat. Während meines Studiums waren in etwa ein Viertel der Studierenden Frauen, wobei sich mittlerweile der Frauenanteil doch erhöht hat.

Sie waren "Visiting Scientist" in Dänemark - in Kopenhagen. Was ist das für eine Position, bzw. Funktion?

Ich wurde von Kollegen am Dänischen Meteorologischen Institut als Gastwissenschafterin zu einer Kooperation bezüglich Vergleich und Analyse von Radio-Okkultationsdaten eingeladen. Diese Zusammenarbeit fand im Rahmen eines von ESA/EUMETSAT (Europäische Weltraumbehörde, Europas Organisation für Wettersatelliten) finanzierten Projektes statt, dem sogenannten GRAS-SAF Programm. Dieses beschäftigt sich mit der Prozessierung von Radio-Okkultationsdaten des Satelliten MetOp, welcher mittlerweile seit Oktober 2006 im Orbit ist.

Wie wichtig sehen Sie in diesem Zusammenhang Auslandsaufenthalte für die Wissenschaftskarriere?

Das sehe ich als sehr wichtig. Man sollte rausgehen und sich einmal woanders etwas anschauen - wie dort gearbeitet wird - andere Strukturen - andere Leute - andere Arbeitsweisen. Das ist sehr wichtig, und wenn es nur für einen Monat ist. Für manche Frauen ist es allerdings nicht so einfach, wenn sie bereits eine Familie und Kinder haben. Die meisten Frauen sagen halt nicht: "so, ich geh jetzt für drei Monate nach Amerika". Leider kann man noch dazu die Familie nicht immer mitnehmen. Da stößt man mitunter auf Grenzen. Nach wie vor ist es für einen Mann einfacher zu sagen "ich nehme die ganze Familie mit, solange die Kinder noch klein sind." Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen lassen das eher zu.

Was ist das Faszinierende an Ihrem Beruf?

Das Faszinierende an meinem Beruf ist, dass der Bereich der Naturwissenschaften und der Bereich der Geophysik ein ganz ein breiter ist, wo man auf sehr vielen Gebieten forschen kann und es noch immer viele unerforschte Dinge gibt.
Die Themengebiete reichen grundsätzlich von der festen Erde bis in den Weltraum hinaus und erstrecken sich z. B. von Seismik, Erdbeben und Vulkanen, über Meteorologie (die in der unteren Atmosphäre angesiedelt ist), Luftschadstoffe, bis in die hohe Atmosphäre hinauf. Darüber hinaus kann man bei Themen im Bereich Klima und Umwelt auch in die Umweltsystemwissenschaften hineingehen. Also, lauter hochinteressante und vielfältige Forschungsgebiete.
Mein spezieller Forschungsbereich - Atmosphäre und Fernerkundung - erlaubt mir mittels Echtdaten die Struktur und die Veränderung der Atmosphäre zu betrachten, also ganz konkret zum Beispiel die Temperaturentwicklung in Raum und Zeit zu verfolgen.

Warum haben Sie sich für eine Karriere auf der Universität entschieden?

Es hat sich in gewissem Sinne so ergeben. Nach Abschluss meiner Diplomarbeit wurden bei uns am Institut gerade DissertantInnen für ein Projekt gesucht. Somit habe ich mich beworben und den Job bekommen. Man muss dazu auch sagen, dass das Forschungsgebiet auf dem ich auf diese Art und Weise gelandet bin, eines der innovativsten im Bereich der Fernerkundung ist. Deshalb bin ich auch nach wie vor noch auf diesem Gebiet tätig.

Was waren die wichtigsten Stationen auf Ihrem Karriereweg?

Mein Studien- und Forschungsaufenthalt in den USA, in Biosphäre 2, war sehr prägend für mich. Das war eine außergewöhnliche Umgebung, die wirklich innovatives, vernetztes Denken und Interdisziplinarität gefördert hat und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Experten zu einem komplexen Thema.
Natürlich war der Abschluss meiner Doktorarbeit eine wichtige Station und danach die Möglichkeit weiter in der ARSCliSys Forschungsgruppe im Wegener Zentrum zu arbeiten.
Besonders wichtig für mich persönlich war die Genehmigung meines eigenen Forschungsprojektes, das mir ermöglicht mit meiner Forschungsgruppe, aktuellste Themen im Bereich Atmosphäre und Klima zu bearbeiten.

Haben Sie in den USA eine andere Forschungskultur erlebt?

Es war eine sehr aufregende Zeit. Das war damals der Aufbruch in Richtung Umweltsystemwissenschaften. Zu Beginn meines Studiums gab es das Studium Umweltsystemwissenschaften an sich ja noch nicht in Österreich, nur ein Studium irregulare in Graz. Das waren die Anfänge - auch interdisziplinär zu denken und zu sehen. Das war sehr inspirierend.

Sie haben es bereits angesprochen: Es ist oft schwer Privatleben und Karriere zu vereinen. Wie erleben Sie das als Mutter?

Als Mutter muss man gut organisiert sein und braucht ein gutes Umfeld, ein Umfeld, das einem ermöglicht, gleich nach dem Mutterschutz wieder einzusteigen und z.B. auch flexibel von zuhause aus zu arbeiten. Und man braucht ein gutes soziales Netz, um auch mitunter kurzfristig Kinderbetreuung zu organisieren.

Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg einschlagen wollen?

Ich würde jungen Frauen empfehlen sich nicht beirren zu lassen ihren Weg zu gehen, in den Mühen der Ebene durchzuhalten und sich ein gutes Netzwerk aufzubauen.

Was ist Ihr berufliches Ziel? Was wollen Sie noch erreichen?

Mein kurzfristiges berufliches Ziel ist die Habilitation an der ich bereits arbeite. Ganz wichtig ist mir auch Erfolg in der weiteren Akquirierung von Forschungsprojekten zu haben, mein Forschungsteam zu vergrößern, und ganz grundsätzlich mit meiner Arbeit auf dem Gebiet der Atmosphären- und Klimaforschung einen entscheidenden Beitrag zu leisten.

Danke für das Interview! 

Andrea K. Steiner

Lebenslauf (pdf, 54,47 KB)

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Letzte Aktualisierung: 22.03.2021