Expertin des Monats
Juli 2009
DIin Dr.in Susanna Zapreva

DIin Drin Susanna Zapreva-Hennerbichler, Geschäftsführerin der Wienstrom GmbH ist FEMtech Expertin des Monats Juli. Ihr beruflicher Karriereweg begann als Universitätsassistentin am Institut für Elektrische Anlagen der Universität Wien. Gleichzeitig arbeitete sie selbständig als Beraterin für diverse Energieunternehmen. 

Seit 2001 ist sie für die Wien Energie - Wienstrom GmbH tätig. Angefangen hat sie als Projektleiterin, es folgten Posten als Abteilungsleiterin ,,Messtechnik, Daten-, Zählermanagement und Eichstelle", Hauptabteilungsleiterin ,,Allgemeine Services und Zählerwesen" sowie Leiterin des Geschäftsfeldes ,,Vertriebsleistungen". Seit März 2009 ist Susanna Zapreva-Hennerbichler Geschäftsführerin der Wienstrom GmbH mit einer Umsatzverantwortung von ca. 1 Milliarde EURO/Jahr. Ihr sind in etwa 3000 MitarbeiterInnen unterstellt.

Aktivitäten zur Förderung von Frauen setzt sie täglich im Rahmen ihrer Tätigkeit als Vorgesetzte vieler Frauen. "Um Frauen stärker in technischen oder naturwissenschaftlichen Berufen zu haben, müssen wir unseren Kindern vorleben, dass dies normal ist", ist die Elektrotechnikerin und Mutter eines Sohnes überzeugt.

Interview

Sie sind in mehreren Ländern aufgewachsen. Wo überall sind Sie in die Schule gegangen?

Meine Eltern stammen aus Mazedonien. Ich bin in Wien geboren und habe hier bis zu meinem sechsten Lebensjahr gelebt. Die Schule habe ich in Mazedonien begonnen, dann ging es mit meiner Familie nach Deutschland, in die Schweiz, in die USA und wieder zurück nach Mazedonien. Die Matura machte ich an einem Realgymnasium mit Schwerpunkt Mathematik und Physik in Mazedonien. Mit 18 begann ich mein Elektrotechnikstudium an der TU Wien, und seither lebe ich in Wien.

Frauen aus Ost- und Südosteuropa studieren viel häufiger Technik im Vergleich zu Frauen aus dem deutschsprachigen Raum. Glauben Sie, dass dieser selbstverständliche Zugang zur Technik einen Einfluss darauf hatte, dass Sie Elektrotechnik wählten?

Das weiß ich nicht. Ich hätte alles studieren können. Meine Eltern haben mir eine große Portion Selbstvertrauen gegeben, und das Thema Energie hat mich interessiert. Ich dachte, ich könnte die Energieprobleme der ganzen Welt lösen. Mit 18 war ich sehr idealistisch - eine Weltverbessererin.

Was machen Ihre Eltern beruflich?

Meine Mutter ist in der Pharmaziebranche, mein Vater in der Elektrotechnikbranche.

Spielte der Beruf Ihres Vaters bei Ihrer Studienwahl eine Rolle?

Mir wäre es nicht bewusst - unbewusst vielleicht. Er hat mich jedenfalls nicht beeinflusst, aber für die Technik begeistert.

Waren Sie in Mathematik sehr begabt?

Ich war in allen Fächern begabt, ich habe mit Auszeichnung maturiert. Ich hätte alles mögliche studieren können. Energiethemen waren während meiner Schulzeit medial sehr präsent - 1986 passierte der Unfall in Tschernobyl, über Kernenergie wurde viel diskutiert. Ich wollte die Welt positiv gestalten. Damals dachte ich: Ich kann alles besser machen, ich kann alle Probleme lösen.

Nur wenige Frauen studieren Elektrotechnik. Wie haben Ihre Kollegen und die Professoren auf Sie reagiert?

Ich gehöre zu den Menschen, die immer die positiven Dinge sehen. Mir ist nichts Negatives aufgefallen. Natürlich gab es hie und da einen Professor, der auf eine Frau irritiert reagierte. Ich erinnere mich an einen Professor im Fach ,,Elektrische Maschinen". Ich hatte ein ,,Sehr gut" bei der schriftlichen Prüfung. Bei der mündlichen Prüfung hat mich der Professor zwei Stunden gequält, bis er mir einen Dreier geben konnte. Das war ungewöhnlich. Wenn man schriftlich alles rechnen konnte, war die mündliche Prüfung normalerweise ein leichtes Spiel.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Von solchen Nebensächlichkeiten lasse ich mich nicht irritieren. Ich lege es zur Seite und gehe weiter.

Sie waren drei Jahre Assistentin an der TU Wien und gingen 2001 zu Wien Energie Wienstrom. Hätte Sie auch eine akademische Karriere interessiert?

Ich brauche viel Abwechslung und die Herausforderung, immer wieder Neues anzufangen. Ständig dasselbe Fach zu unterrichten wäre mir wahrscheinlich langweilig, aber Forschung hätte mich interessiert. Ich habe als selbständige Beraterin viele Projekte für Energieversorger gemacht, darunter eines für Wien Energie Wienstrom. So bekam ich das Angebot, für das Unternehmen direkt zu arbeiten.

Wie hat sich Ihre Karriere bei dem Unternehmen entwickelt?

In den Monaten vor der Liberalisierung des Strommarktes - die Marktöffnung war im Oktober 2001 - habe ich Maßnahmen umgesetzt, damit Kunden den Anbieter wechseln können. Dann bekam ich das Angebot, im Netzkundenbereich eine Abteilung aufzubauen. Nach einigen Jahren erhielt ich die Bereiche IT, Organisation und Infrastruktur dazu, und zuletzt war ich Geschäftsfeldleiterin im Bereich Vertriebsdienstleistung. Also für die Kunden zuständig.

Um die Geschäftsführung zu erreichen, braucht man Erfahrung im Vertrieb. Haben Sie das bewusst gewählt?

Ich erhielt das Angebot, den Vertrieb zu übernehmen.

Hatten Sie einen Mentor, der gesehen hat, dass Sie gut sind, und Sie gefördert hat?

Es gibt ein paar Personen, die erkannt haben, dass ich trotz Widerstand und unangenehmen Situationen die Dinge in Angriff nehme.

Wie würden Sie sich beschreiben?

Als sehr zielstrebig. Ich bin zielorientiert und weiß immer, wohin ich will. Und ich bin sehr kommunikativ und umgänglich.

Haben Sie alles erreicht, was Sie angestrebt haben?

Ich erreiche oft meine Ziele. Manchmal habe ich aber auch etwas nicht erreicht. Ich bin jemand, der nicht leicht aufgibt. Wenn ich hinfalle, stehe ich wieder auf. Bisweilen muss ich den Weg ändern, weil ich feststelle, dass er nicht der richtige ist.

Mit 18 wollten Sie die Welt verändern. Was ist davon geblieben? Wo haben Sie Abstriche gemacht?

Ich konzentriere mich heute darauf, wo ich tatsächlich etwas bewirken kann. Ich begrenze mich auf mein unmittelbares Handlungsfeld und verliere nicht mehr zu viele Gedanken darüber, wie ich die Probleme der ganzen Welt lösen könnte. Ich leiste meinen Beitrag zur Versorgung der Stadt Wien. Die Energieversorgung der Großstädte ist eine wichtige Aufgabe, derzeit lebt bereits die Hälfte der Menschheit in Großstädten, Tendenz steigend. Auch der Energiebedarf wird steigen. Deshalb ist es wichtig, viele Maßnahmen zur Energieeffizienz zu setzen, bei den Kunden und bei der Erzeugung.

Sie haben ein dreijähriges Kind. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Kind und Beruf?

Recht gut.

Wie lange sind Sie nach der Geburt zu Hause geblieben?

Ich habe gleich nach dem Mutterschutz wieder zu arbeiten begonnen.

Wie betreuen Sie Ihr Kind?

Ich habe eine starke Unterstützung von meiner Familie, und ab Herbst geht mein Sohn in den Kindergarten. Es ist sicher erforderlich, dass man sich gut organisiert und sehr effizient ist. Wenn ich mit meinem Kind beisammen bin, widme ich mich ihm voll und ganz. Mein Sohn erlebt nie, dass ich einfach da sitze und ihm keine Aufmerksamkeit schenke, weil ich etwas anderes zu tun habe. Wir spielen, wir lesen, wir unternehmen etwas gemeinsam. Ich setze auf die Intensität, nicht die Quantität an Zeit.

Meine Arbeit ist dadurch nun anders gegliedert - die Zeiten, in denen ich arbeite, haben sich verschoben. Ich beginne oft wieder zu arbeiten, wenn er abends schlafen geht, oder wenn er am Wochenende mittags schläft.

Gehen Ihnen Fragen über die Betreuung Ihres Kindes auf die Nerven?

Hin und wieder. Weil es selten vorkommt, dass mich jemand das nicht fragt. Einem Mann wird diese Frage nicht gestellt.

Natürlich nicht.

Eben. Richtige Gleichberechtigung gibt es erst dann, wenn solche Fragen entweder niemandem oder Männern und Frauen gleichermaßen gestellt werden. Als ich mich um die Position der Geschäftsführung bewarb, fragte mich die Mitarbeiterin des Beratungsunternehmens beim Hearing, wie ich eine Position in der Führungsetage mit meinem kleinen Kind vereinbaren würde. Daraufhin fragte ich sie, ob sie die Frage auch den männlichen Bewerbern stellen würde.

Kürzlich gab es wieder eine Diskussion über die Gehälter von Frauen, die oft weniger als Männer in gleichen Positionen verdienen. Wie ist es bei Ihnen?

Ich gehe davon aus, dass ich gleich viel verdiene wie meine männlichen Kollegen im Konzern.

Wissen Sie es?

Ich gehe davon aus, und ich bin zu 99 Prozent davon überzeugt.

Wie entspannen Sie sich?

Ich höre Musik, ich lese gerne, ich gehe laufen und schwimmen. Am meisten entspanne ich mich, wenn ich mit meinem Sohn spiele. Das ist eine ganz andere Welt.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Margarete Endl.

Susanna Zapreva
DIin Dr.in Susanna Zapreva

WIEN ENERGIE GmbH

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023