Expertin des Monats
Okt. 2009
DIin Angelika Rubick

DIin Angelika Rubick vom ofi - Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik ist Expertin des Monats Oktober.

An der Montanuniversität Leoben studierte sie industriellen Umweltschutz mit dem Hauptwahlfach Verfahrenstechnik. Seit 2002 arbeitet sie beim Ofi, einem der größten kooperativen Prüf- und Forschungsinstitute des Landes.

Momentan erforscht sie dort die sinnvolle energetische Verwertung von Katzenstreu und Pferdemist. Zudem realisiert sie zur Zeit das EU-geförderte Projekt Bionorm, das sich mit der Erstellung eines internationalen Normenkatalogs für die Qualitätssicherung biogener Festbrennstoffe befasst. Für die Entwicklung von Katzenstreu aus nachwachsenden Rohstoffen und die Suche nach alternativen Brennstoffen erhielt sie den ÖGUT-Umweltpreis 2008 in der Kategorie ,,Frauen in der Umwelttechnik".

Besonders am Herzen liegt ihr die Stärkung der Frauen, die sie mit einem eigenen Projekt am Ofi betreut.

Interview

Warum haben Sie an der Montanuniversität studiert?

Ich war auf der ,,Best", der Berufs- und Studienmesse, und habe mich über Studienmöglichkeiten informiert. Ich wollte etwas mit Physik, Chemie, Mathematik und möglicherweise Umwelt studieren. Industrieller Umweltschutz war damals ein Studienversuch an der Montanuni. Die Leute auf der ,,Best" haben das Studium in den schönsten Farben geschildert, und es hat alle meine Interessen vereint. So bin ich von Wien nach Leoben gegangen.

Wie hat sich Ihr Interesse für Mathematik, Physik und Chemie entwickelt?

Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich schon als kleines Kind das Bügeleisen zerlegt habe. Ich habe lieber mit ferngesteuerten Autos als mit Puppen gespielt. In der Schule - ich bin in ein wirtschaftskundliches Gymnasium gegangen - war ich in Mathematik und Physik besser als in Sprachen.

Die Montanuniversität war lange sehr männlich geprägt. Wie war es für Sie, dort zu studieren?

Industrieller Umweltschutz war ein relativ neuer Studienzweig an der Montanuni, deshalb waren wir alle am Anfang wie Aliens. Wir waren die Neuen, neben den traditionellen Studienrichtungen wie Bergbau und Montanmaschinenwesen. Man hat uns als die mit den Jutesäcken und Birkenstock-Schlapfen gesehen, und tatsächlich haben viele Umweltaktivisten dieses Studium begonnen. Viele sind aber über die Techniklastigkeit des Studiums erschrocken und im Laufe des ersten Jahres wieder ausgestiegen, weil sie andere Erwartungen gehabt hatten. Von den Studienanfängern an der Montanuni waren wir die größte Gruppe - rund 100, bei insgesamt 200 Anfängern. Dieser Studienzweig hat auch viel mehr Frauen angezogen als der Rest der Uni. Mittlerweile sind in Leoben fast ein Viertel der Studierenden Frauen.

Haben Sie sich auf der Uni wohl gefühlt?

Ja, sehr. Wenn man als Mädchen auf die Montanuni geht, ist es etwas Besonderes. Ich habe gemeinsam mit einer Freundin, die ich schon aus der Schulzeit kannte, studiert, das war auch nett. Fast alle Studierenden kommen von außerhalb, man lebt in Wohngemeinschaften oder Studentenheimen, so entwickelt sich schnell eine enge Gemeinschaft. Es gab auch traditionell wirkende Professoren, eine Riege älterer Herren, die in Tracht zur Prüfung erschienen und das auch von den Studierenden erwarteten. Doch ich habe auf der Uni nie gespürt, dass ich als Frau einen Nachteil gehabt hätte.

Techniker sind auf dem Arbeitsmarkt heiß begehrt. Wie läuft das konkret ab? Steht die Industrie beim Studienabschluss bereits mit Angeboten vor der Tür?

Zum Teil ja, besonders im Anlagenbau, wenn man die Diplomarbeit in einem Unternehmen schreibt. Ich habe neben Verfahrenstechnik als zweiten Schwerpunkt angewandte Betriebswirtschaft gewählt, also eine Kombination aus Technik und Wirtschaft. Ich wollte nicht unbedingt in die Schwerindustrie oder in den Anlagenbau - dafür gab es viele Angebote. Nach Abschluss des Studiums habe ich mehrere Bewerbungen abgeschickt und mich schließlich für das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik entschieden.

Wie schaut Ihre Arbeit aus?

Ich mache angewandte Forschung für unsere Kunden. Unsere Abteilung am Institut besteht aus rund zehn Leuten. Wir greifen Probleme oder Fragestellungen aus der Praxis auf und initiieren Forschungsprojekte. Einer unserer Schwerpunkte ist feste Biomasse. Dabei geht es um alternative Brennstoffe wie Pferdestreu oder um Umwandlungstechnologien, um die Energiedichte der Biomasse zu erhöhen. Einige Projekte betreue ich inhaltlich und vom Management her, bei anderen Projekten arbeite ich mit. Neben der Forschung kümmere ich mich um die Erschließung neuer Märkte für Biobrennstoffe. Letztes Jahr war ich deshalb viel in Südamerika unterwegs.

In wessen Auftrag?

Im Auftrag österreichischer Unternehmen, unterstützt von der Initiative ,,Go International". Unternehmen, die eventuell in Südamerika investieren wollen, benötigten eine technische Expertise, um zu beurteilen, in welchen Regionen eine Zusammenarbeit Sinn macht. In Südamerika gibt es die Pelletstechnologie noch nicht, dafür aber viele Rohstoffe. Man könnte mittels Joint-Ventures mit südamerikanischen Unternehmen Pelletswerke errichten, die regionalen Märkte für Pelletsheizungen aufbauen und, solange der Markt noch nicht groß genug ist, die Überschüsse exportieren. Das Interesse war groß, als der Rohstoffmarkt angespannt war, flaut jetzt aber etwas ab, weil sich der Markt entspannt hat.

Was betrachten Sie als Ihre wichtigste Arbeit?

Gefreut hat mich die Entwicklung von Katzenstreu aus nachwachsenden Rohstoffen. Ich bin selbst im Labor und an der Pelletierpresse gestanden und hab das Material getestet. Innerhalb von zwei Jahren haben wir ein Produkt entwickelt, das klumpt, also die Kerneigenschaft von Katzenstreu aufweist, aber aus nachwachsenden Rohstoffen - aus Holz - erzeugt wird.

Was ist an herkömmlicher Katzenstreu unökologisch?

Katzenstreu besteht meist aus Mineralien wie Bentonit. Das ist kein gefährlicher Stoff, doch das Mineral wird im Tagbergbau abgebaut, etwa in Spanien oder Nordamerika. Das erfordert lange Transportwege. Wenn die Katzenstreu mit dem Restmüll entsorgt wird, behält sie bei der Müllverbrennung das Volumen und muss mit den anderen Rückständen der Verbrennung deponiert werden. Die mineralische Streu liefert auch keinen Beitrag zur Heizleistung. Deshalb hatten wir die Idee, Katzenstreu aus Holz zu produzieren. Das verbrennt mit sehr wenig Ascherückstand, hat einen bestimmten Heizwert, und der Rohstoff wächst überall. Als das Produkt fertig war, hatten wir das Problem, dass die Holzpreise stark gestiegen waren und das fertige Projekt eine Zeitlang in der Schublade lag. Nun wird die Katzenstreu von einem deutschen Unternehmen, German Horse Pellets, hergestellt und gerade auf dem Markt eingeführt. Das Unternehmen produziert bereits Holzpellets als Pferdestreu. Wir haben für unsere Kunden auch die Eignung von Pferdemist als Biomassebrennstoff getestet.

Warum wird Holz statt Stroh als Pferdestreu verwendet?

Die früher übliche und sehr sinnvolle Kooperation - der Bauer liefert Stroh, der Pferdestall gibt Pferdemist als Dünger zurück - gibt es immer seltener. Zum einen, weil auch Pferde Zivilisationskrankheiten entwickeln und Allergien auf den Staub im Stroh, das zusätzlich auch Schimmelsporen enthalten kann, bekommen. Zum anderen wegen der Logistik. Man kann Holzstreu on demand bestellen. Stroh muss man dagegen vom Bauern in riesigen Mengen nach der Ernte übernehmen und lagern. Der Pferdemist wiederum muss mindestens ein Jahr gelagert werden und kann erst dann als Dünger in den Boden eingearbeitet werden. Im Vergleich dazu ist Kunstdünger leichter handhabbar. Große Pferdeställe liegen außerdem oft in Stadtnähe, also nicht unbedingt in Regionen, in denen viel Pferdemist benötigt wird.

Wie sind Ihre Erfahrungen als Frau in einem männerdominierten Berufsumfeld? Sind Sie irgendwann diskriminiert worden, weil Sie eine Frau sind?

Ich würde sagen, nicht bewusst. Doch wenn man als Expertin in ein männerdominiertes Unternehmen kommt, ist es oft schwieriger, die eigene Kompetenz zu vermitteln. Mit männlichen Kollegen wird anders gesprochen, anders umgegangen. Ich glaube nicht, dass das bewusst oder aus Berechnung passiert. Es ist halt so.

Diskriminierung passiert nicht notwendigerweise bewusst.

Das stimmt. Ein positiver Aspekt des Älterwerdens ist, dass man für andere kompetenter wirkt. Wenn man sehr jung ist, wird man als netter Aufputz, aber nicht als kompetente Gesprächspartnerin wahrgenommen. Auf der Montanuni habe ich gelernt, mit so einem Verhalten umzugehen und es nicht persönlich zu nehmen. Ich diskutiere mit meinen Arbeitskollegen auch über diese Thematik. Wir haben ein junges Team und ein tolles Arbeitsklima, doch Stereotypen gibt es auch bei uns. Als es wieder einmal darum ging, dass man Frauen als ,,Technikerinnen" statt ,,Techniker" ansprechen soll, wollte ein Kollege das absolut nicht einsehen. Bis mir das Beispiel einfiel, dass die Berufsbezeichnung ,,Krankenpfleger" eingeführt wurde, weil Männer nicht als ,,Krankenschwester" bezeichnet werden wollten. Wenn sich ein Mann mit einer Bezeichnung unwohl fühlt, ändert man sie. Wenn sich eine Frau unwohl fühlt, nennt man das i-Tüpferl-Reiterei. Dieses Argument hat mein Kollege schließlich akzeptiert.

Danke für das Interview!

Das Interview führte Margarete Endl.

Angelika Rubick
DIin Angelika Rubick

Holzforschung Austria

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023