Expertin des Monats
Aug. 2010
DIin Nicole Oberschmidleitner

DIin Nicole Oberschmidleitner ist FEMtech Expertin des Monats August.

Nicole Oberschmidleitner, geboren 1972 in Linz, studierte Mechatronik an der Johannes Kepler Universität in Linz. Ihre Diplomarbeit verfasste sie zum Thema "Abstichautomatik für Elektrolichtbogenöfen". Seit 2002 ist die Diplomingenieurin bei der Vatron GmbH Linz angestellt, dem Spezialisten für Messsysteme für Stahlwerke. Dies zunächst als Technische Angestellte, dann als Projektleiterin, Gruppenleiterin für Lösungen in der Stranggusstechnik und seit 2009 als Geschäftsfeldleiterin dieses Bereichs. Ihre Aufgabe besteht in der strategischen Führung des Geschäftsfeldes, der Koordination der Gruppen "Produktmanagement", "Projektmanagement", "Verkauf" und ,,Elektroplan", der Absegnung sämtlicher Entwicklungen und Forschungsschwerpunkte, Unterstützung des Verkaufs, KeyAccounting zu Kunden sowie gelegentlichen Inbetriebnahmen.

Interview

Frau Oberschmidleitner, Sie sind Geschäftsfeldleiterin bei der Vatron Gmbh. Was machen Sie da genau?

Ich leite eine Abteilung mit 23 MitarbeiterInnen und bin für die Koordination und die strategischen Weiterentwicklung der Abteilung zuständig. Darüber hinaus bin ich hauptverantwortlich für sämtliche Entwicklungen und Forschungsprojekte im Geschäftsfeld Stranggusstechnik sowie für die Akquisition. Bei großen Projekten kümmere ich mich auch um die Inbetriebnahme und Wartung unserer Produkte.

Sie sind darüber hinaus Spezialistin für Messsysteme bei Stranggussanlagen. Worum geht es da genau?

Wir entwickeln Messgeräte, mit denen die Anlage gewartet und überprüft werden kann. Dadurch erreichen die KundInnen eine höhere Qualität des Produkts bzw. es ist ihnen möglich, die Produktion durch keine Ausfälle zu erhöhen.

Ist Ihr Beruf mit Reisen verbunden?

Ja, ich bin weltweit tätig. In den letzen Jahren war ich in Amerika, Finnland, Schweden, Korea und China.

Gefällt Ihnen das Reisen?

Ja, ich reise sehr gerne. Es macht mir Spaß mit anderen Kulturen zu  arbeiten. Im Vorfeld hätte ich mir jedoch nie vorstellen können, dass ich einen Beruf wähle in dem ich irgendwann mal unterwegs bin. Ich muss nämlich Beruf und Familie vereinbaren.

Wie haben Sie die Kinderbetreuung geregelt?

Ich habe immer gewusst, dass ich nach der Geburt meines Kindes wieder voll berufstätig sein möchte. Somit habe ich meine Eltern und meine Schwiegereltern um Unterstützung gebeten. Mein Mann, welcher in Wien tätig ist, verbringt auch jedes Wochenende mit unserem Sohn zu Hause und versucht so oft wie möglich auch unter der Woche nach Linz zu kommen.

Ihr Privatleben ist demnach sehr organisiert?

Ja, aber ich habe mich daran gewöhnt. Wenn ich in Österreich bin, habe ich zwei Abende, die ich mit meinem Kind verbringe. Wenn mein Mann zuhause ist, dann verbringen wir den Abend als Familie. Einen Abend in der Woche verbringe ich mit Freunden, sonst würden die ja zu kurz kommen und einen Abend habe ich für mich alleine. Jeden Monatsanfang legen wir das fest und versuchen unseren Monatsplan durchzuziehen. Schwierig ist es natürlich, wenn ich viel reise und lange weg bin. Ich habe Auslandseinsätze bis zu drei Monaten in einem Stück. Im Jahr 2008 war ich fast das ganze Jahr unterwegs und immer nur kurz zu Hause. Dank Internet und Mobiltelefonie bin ich aber immer mit meiner Familie in Kontakt.

Zurück zu Ihrer Ausbildungszeit: Wie sind Sie überhaupt zu dem Studium Mechatronik gekommen?

Ich war immer naturwissenschaftlich und mathematisch begeistert und habe unter anderem bei Mathematikolympiaden mitgemacht. Eigentlich war ich immer überzeugt, dass ich einmal technische Mathematik studieren werde, nur das war mir dann doch ein bisschen zu wenig praxisorientiert. Ich hätte mich dann für Industriemathematik interessiert, nur das war leider ein Aufbaustudium. Also habe ich mich dann umgehört und mich für Mechatronik entschieden. Damals hätte ich mir nicht gedacht, dass ich das Studium fertig mache, aber es war einfach sehr faszinierend.

Was hat Sie an dem Studium so fasziniert?

Die Vielfalt der Fächer: Mechanik, Automatisierungstechnik, Informatik, Elektrik, Elektrotechnik, Maschinenbau und Werkstoffkunde, es war von allem etwas dabei und man hat sich dann spezialisieren können. Zum einem hatte ich dann die Möglichkeit mir weiter auszusuchen was ich machen möchte, zum anderem hab ich mir damals schon gedacht, das die Welt in jeder Hinsicht mechatronisch wird. Heute, 20 Jahre nachdem ich begonnen habe, ist es ja eigentlich auch so, vom Auto bis zum Kühlschrank, unsere ganze Umwelt ist Mechatronik. Deswegen ist es die Mechatronik geworden.

Hatten Sie eine Mentorin bzw. einen Mentor?

Mein erster Mentor war mein Vater. Er war ursprünglich Techniker, ist aber dann in die Betriebswirtschaft gewechselt, ist jedoch von Herzen immer noch ein Techniker. Er hat mich bereits als kleines Kind immer mit mathematischen Fragen konfrontiert und ließ mir dann ein paar Wochen um knifflige Aufgaben zu lösen. Wenn ich es geschafft hatte, hab ich irgendetwas Kleines bekommen, und wenn nicht, dann war es auch kein Problem.

Ein weiterer Mentor, aber der ganz anderen Art, war mein Mann. Der mich immer sehr gefördert und motiviert hat. Im Beruf haben mich oftmals meine Vorgesetzten gefördert.

Zusätzlich wurde mir ein besonderes Mentoring ermöglicht, bei dem sich Firmen anmelden können. Bei uns sollten sich zwei Interessierte finden: ein Mentor oder eine Mentorin und ein Mentee. Es haben ungefähr 15 Firmen teilgenommen, die dann durcheinander gemischt wurden. Das heißt, ein Mentee aus einer Firma bekommt einen Mentor bzw. eine Mentorin aus einem ganz anderen Unternehmen. Die Mentees sind dabei immer Frauen. Ich war Mentee und habe eine Person auf Führungsebene als Mentorin bekommen. Sie hat mir sehr viel Mut gemacht und mich direkt bei meinem Berufsweg unterstützt.

Warum sind Sie eigentlich in die Industrie gegangen und nicht an der Universität geblieben?

Das ist eine gute Frage. Ursprünglich habe ich mir immer gedacht, ich möchte auf der Universität bleiben. Dann war es aber wissenschaftlich zu viel oder zu wenig, wie man es auslegt. Auf jeden Fall wollte ich mehr nach außen, mehr mit Kunden arbeiten und vielleicht auch ein bisschen internationaler und mehr praxisnaher agieren.

Noch einmal zurück zu ihrer jetzigen Tätigkeit: Was denken Sie, ist das Interessante an Ihrem Beruf?

Auf jeden Fall der Umgang mit vielen Menschen und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Kulturen. Auf der anderen Seite finde ich interessant im Bereich der Forschung und Entwicklung Neues zu finden, neue Ideen zu haben und die auch verwirklichen zu können. Interessant ist auch, Menschen zu führen, besonders junge Menschen. Mir gefällt diese Abwechslung.

Welchen Stellenwert nehmen Fremdsprachen in Ihrem Beruf ein?

Englisch ist natürlich sehr wichtig und gar nicht weg zu denken. Aber in Ländern wie z.B. China oder Korea arbeite ich immer mit DolmetscherInnen. Ich glaube für technische Arbeit ist es nicht unbedingt nötig andere Fremdsprachen, außer Englisch, zu können.

Setzten Sie sich auch aktiv dafür ein, dass in Ihrer Abteilung Technikerinnen angestellt werden?

Ja, natürlich. Wobei ich das eigentlich im Bezug auf meine ganze Firma sehe. In meiner Abteilung sind fünf Frauen, und es waren auch schon so viele, als noch ein Mann der Chef war. Ich muss dazu sagen, dass mein Chef und ich uns zum Thema Frauenförderung sehr einig waren. Wir haben uns immer abgesprochen, um z.B. Stellenangebote gut zu formulieren um Arbeitsstellen für Frauen attraktiver zu machen. Angefangen hat das ganze, weil mein Chef sich sehr für Frauenförderung eingesetzt hat. Ich war die erste Technikerin in der Firma. Wir haben dann beschlossen, aktiv etwas zu unternehmen um mehr Frauen in die Firma zu locken. Wir haben uns mit Organisationen in Verbindung gesetzt und auch selber Aktionen gestartet wie z.B. spezielle Mentoring-Programme für Frauen und geschlechterunabhängige Ausschreibungen.

Was würden Sie jungen Frauen, die sich für eine Technikausbildung interessieren, raten?

Frauen, die sich für ein Technikstudium interessieren, würde ich raten, das unbedingt zu machen und sich nicht immer alles zu nahe gehen zu lassen. Mit Männern studieren ist eine harte Schule. Männer sind oftmals dominanter, gerade wenn es um technische Themen geht. Persönlich Angriffe und kleine Scherze darf man sich nicht zu Herzen nehmen. Einige meiner Kolleginnen sind an solchen Dingen gescheitert. Wir waren am Anfang 12 Mädchen und aus meinem Jahrgang hat neben mir nur noch eine das Studium fertig gemacht. Frauen brauchen demnach in gewisser Weise eine starke Haut, wenn sie etwas studieren, das vorwiegend Männer machen. Das härtet jedoch auch ab und schult fürs Leben.

Danke für das Interview!

Das Interview führte Beatrix Hausner.

Nicole Oberschmidleitner
DIin Nicole Oberschmidleitner

voestalpine mechatronics gmbh

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023