Expertin des Monats
Nov. 2010
DIin (FH) Martina Rangl

Für den Monat November ist die Wahl auf DIin (FH) Martina Rangl gefallen.

Martina Rangl, geboren 1984 in Wels, studierte Medizintechnik an der Fachhochschule OÖ in Linz. Nach Abschluss ihres Studiums 2007 begann sie ihr Doktoratsstudium im Zuge des Doctoral College Molecular BioAnalytics an der Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Biophysik.

Im Rahmen des FWF-Projekts ,,Nuclear transport forces and pathways" erforscht sie derzeit den Austausch von Molekülen zwischen Zytoplasma und Zellkern. Der Transport findet über den Kernporenkomplex statt, einem sehr großen Kanal, der in die Kernmembran eingebettet ist. Der genaue Aufbau und die Funktionsweise der Pore als hochselektive Barriere sind bis heute ein großes Rätsel in der Zellbiologie. Martina Rangl möchte mit ihrer Arbeit Antworten auf diese Fragen finden.

Weiters beschäftigt sich die Biophysikerin mit der Entwicklung von Einzel-Molekül-Sensoren, die in der Rasterkraftmikroskopie eingesetzt werden können mit dem Ziel, diese Art von Experimenten für Wissenschafter aller Art zugänglich zu machen und diese somit nicht nur auf Experten zu beschränken.

Im Oktober 2010 wurde Martina Rangl mit einem L´Oréal-Stipendium für exzellente Nachwuchswissenschafterinnen ausgezeichnet. Im kommenden Jahr will die junge Forscherin ihre Dissertation fertig stellen und Auslandserfahrungen an der Universität Tampere in Finnland sammeln, um sich anschließend ihrer Karriere an einer österreichischen Universität zu widmen.

Interview

Sie haben Medizintechnik auf der FH OÖ in Linz studiert. Wie kam es, dass Sie eine technische Ausbildung wählten?

Im Gymnasium interessierte ich mich mehr für die naturwissenschaftlichen Fächer, deshalb wählte ich den Schwerpunkt mit Mathematik und Physik. Am Studium Medizintechnik gefiel mir die Mischung aus naturwissenschaftlichen und technischen Fächern mit seinen Anwendungsmöglichkeiten in der medizinischen Forschung. Darum entschied ich mich für dieses Studium.

Wie viele Frauen haben mit Ihnen studiert?

Am Anfang war der Frauen-/Männeranteil ausgeglichen, gegen Ende des Studiums sank der Frauenanteil auf ungefähr 30%.

Warum glauben Sie haben vor allem Frauen das Studium abgebrochen?

Ich glaube einige haben sich etwas anderes unter dem Studium vorgestellt und deshalb war Ihnen die Ausbildung dann doch zu technisch.

Nach Abschluss ihres Studiums sind sie in die universitäre Forschung gegangen. Warum?

Bereits im BRG und in der FH hat mich die Forschung und Entwicklung begeistert, weshalb ich dann auch während des FH-Studiums ein Praktikum am Institut für Biophysik, JKU absolviert habe. Hier ist dann meine Faszination an der Wissenschaft stark gewachsen und ich hatte wahnsinnigen Spaß an der Arbeit. Besonders die abwechslungsreichen Aufgaben, die Bewerkstelligung von ständig neuen Fragestellungen und Problemen und die tolle Zusammenarbeit mit KollegInnen aus verschiedenen Fachbereichen fand ich sensationell. Die Möglichkeit hier noch weiterzuarbeiten kam wie gerufen.

Womit beschäftigen Sie sich jetzt in ihrer Dissertation?

Ich untersuche den Kernporenkomplex. Das ist ein sehr großer Kanal, der in die Kernmembran der Zelle eingebettet ist. Dieser Kanal ist der einzige Transportweg zwischen Zellkern und Zytoplasma. Alle Substanzen, welche für die nukleären Funktionen nötig sind, werden hoch-selektiv durch die Pore geschleust. Wie der Kernporenkomplex das bewerkstelligt, weiß man bis heute noch nicht. Mit Hilfe der Einzel  Molekül Erkennungs-Kraftspektroskopie versuche ich den selektiven Transportprozess aufzuklären. Mit dieser Methode kann man Interaktionen zwischen zwei einzelnen Molekülen detektieren und messen.

Wo könnte Ihre Grundlagenforschung eine Anwendung finden?

Medizinisch interessant wäre beispielsweise die Interaktion zwischen diesem Kanal und einem Virus. Der Virus schleust seine Erbinformation in den Zellkern und lässt diese dann über die infizierte Zelle replizieren. Der Virus muss dabei den Kernporenkomplex durchgängig machen um seine DNA/RNA in den Kern zu bringen. Die genaue Aufklärung dieses Mechanismus könnte einen neuen therapeutischen Ansatz liefern. 

Können Sie mir beschreiben, was das Faszinierende an Ihrem Beruf ist?

Jeder Lebensprozess in Organismen basiert auf einzelnen Molekülen oder Molekülkomplexen, welche auf bestimmte Art und Weise miteinander interagieren. Mich fasziniert, dass alles Leben, jede Aktion und Tätigkeit auf Wechselwirkungen auf der kleinsten Ebene, zwischen einzelnen Molekülen zurückgeführt werden kann. Ein kleiner Fehler in einer solchen Wechselwirkungskaskade kann oft in schweren Krankheiten enden.  In meiner Arbeit kann ich solche Mechanismen, wie den Molekül-Transport des Kernporenkomplexes, untersuchen und versuche anschließend die kleinen Bausteine aus meinen Messungen richtig zusammenzusetzen um das Gesamtbild dieses Prozesses zu vervollständigen. 

Ich finde die Forschung wahnsinnig spannend, man weiß nie was als nächstes kommt: Kaum hat man eine Fragestellung beantwortet, tauchen daraus gleich wieder neue auf.

Wie ist ihre Forschungsgruppe zusammengesetzt?

Unsere Gruppe besteht aus 25 Personen, wobei wir sieben DissertantInnen sind. Vom Fachbereich sind wir sehr breit aufgestellt: ChemikerInnen, BiologInnen, PhysikerInnen und MedizintechnikerInnen.

Wieviel arbeiten Sie pro Tag?

Das ist sehr unterschiedlich. Oft wird ein Experiment gestartet und es kann bis in die Nacht dauern um alle Messwerte aufzuzeichnen. Andere Male gehe ich dann wieder wie geplant nach Hause. 

40 Stunden pro Woche - oder mehr?

Mehr.

Was machen Sie in ihrer Freizeit?

Meistens spiele ich mit meiner Familie oder Freunden Gesellschaftsspiele, wie ,,4rer-Schnapsen" oder ,,Risiko". Mit ArbeitskollegInnen spiele ich Squash. Außerdem besuche ich sehr gerne Konzerte. Mein Hobby sind meine beiden Aquarien - mit Fischen und Garnelen.

Garnelen, sind die nicht sehr aufwendig zu betreuen?

Nein, Garnelen sind sehr genügsam, man muss nur einmal die Woche das Becken reinigen. Diese Garnelen vermehren sich ohne großes Zutun und werden dabei von einer Generation zur nächsten immer schöner. Es ist entspannend ins Aquarium zu schauen, Baby-Garnelen zu zählen und zu beobachten wie viele durchkommen, ihre Färbung verändern und wachsen.

Was möchten Sie in 20 Jahren machen?

Das ist ein langer Zeitraum! In den nächsten Jahren möchte ich auf jeden Fall in der Grundlagenforschung bleiben, und nach meiner Doktorarbeit für ein Jahr ins Ausland gehen. Ich habe bereits ein Angebot für die Universität Tampere in Finnland. Dann möchte ich aber schon wieder zurück nach Österreich und eine Universitätskarriere anstreben.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Nicole Kajtna.

Martina Rangl
DIin (FH) Martina Rangl

Institut für Biophysik

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023