Expertin des Monats
Dez. 2010
DIin Eva Persy, M.Sc.

Für den Monat Dezember ist die Wahl auf DIin M.Sc. MBA Eva-Maria Persy gefallen.

Eva-Maria Persy, geboren 1972, studierte Lebensmittel- und Biotechnologie an der Wiener Universität für Bodenkultur und machte ihren Master of Science in Ressourcen-Management und Umweltwissenschaften an der University of  British Columbia in Vancouver. Zusätzlich absolvierte sie den MBA-Lehrgang in Projektmanagement an der Wiener Wirtschaftsuniversität.

Nach einer Mitarbeit bei der Wiener Umweltanwaltschaft und der stellvertretenden Leitung der Tierschutzombudsstelle ist die Umweltwissenschafterin seit März 2008 Bereichsleiterin der Abteilung Nachhaltige Entwicklung in der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22).

Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Vorsitzende der NachhaltigkeitskoordinatorInnen der Länder arbeitet sie u.a. an der Erstellung der ,,Österreichischen Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung (ÖSTRAT)" mit. Als stellvertretende Leiterin von Ökokauf Wien nimmt sie Einfluss auf die umweltfreundliche Beschaffung großer Warenmengen für die Stadt Wien.

Ihr Statement zu Frauen in der naturwissenschaftlich-technischen Forschung: ,,Der Spruch: ,Was Frauen zusteht: nicht nur ein Stück vom Kuchen, sondern die Hälfte der Bäckerei ist zwar nicht von mir, ich finde ihn aber trotzdem gut."

Interview

Sie sind in einem ,,green job" tätig. Was sind in ihrer Funktion als Leiterin des Bereichs Nachhaltige Entwicklung in der Wiener Umweltschutzabteilung (MA22) ihre Hauptaufgaben?

Die Aufgaben meines Bereichs umfassen drei Schwerpunkte: die Nachhaltigkeitskoordinationsfunktion für die Stadt Wien, die Betreuung des Ökobusinessplans für die Wiener UnternehmerInnen und Ökokauf Wien, das Programm für den ökologischen Einkauf der Stadtverwaltung. Für letzteres bin ich die stellvertretende Programmleiterin.

Was macht eine Nachhaltigkeitskoordinatorin?

Ich bin Nachhaltigkeitskoordinatorin für Wien und zusätzlich auch Vorsitzende der NachhaltigkeitskoordinatorInnen der Länder. Da gibt es für mich in erster Linie die Koordinationsfunktion und die gemeinsame Vertretung der Länderinteressen auszuüben. Gemeinsam mit dem Bund haben wir die österreichische Nachhaltigkeitsstrategie - ÖSTRAT entwickelt und ein Arbeitsprogramm ausgearbeitet. Damit versuchen wir unter anderem die Synergien, die es aus den Aktivitäten der Länder und des Bundes gibt, durch Kooperation zu nützen. Neu an dieser Zusammenarbeit ist, dass jetzt von Bundesseite nicht mehr nur das Lebensministerium unser Ansprechpartner ist, sondern auch das Bundeskanzleramt. Uns ist somit gemeinsam gelungen, Nachhaltigkeitsthemen aus der ,,Umweltecke" herauszuholen und aufzuwerten.

Was passiert in den einzelnen Programmen?

Beim Ökobusinessplan bieten wir den Unternehmen Beratungen an, damit sie sich in Richtung  Umweltschutz und Nachhaltigkeit weiterentwickeln können. Wir arbeiten hier unter anderem mit dem Lebensministerium und der Wirtschaftskammer/WIFI zusammen, dabei sind auch der ÖGB und die AK. Wir sind für das Programmmanagement zuständig. Es gibt unterschiedliche Module - geeignet für Kleinstunternehmen bis zu größeren Konzernen. Das Angebot reicht bis zur ISO- oder EMAS Zertifizierung.

Was ist das Faszinierende an Ihrem Beruf?

Mich fasziniert, dass ich in meinem Beruf die Dinge, die mir persönlich ein Anliegen sind, umsetzen kann. Zum Beispiel war ich gemeinsam mit einem Kollegen maßgeblich daran beteiligt, dass in den städtischen Kindergärten der Anteil an Bioessen 50% beträgt. Das ist nicht nur ein Beitrag zum Umweltschutz, sondern auch zur tiergerechten Haltung der sogenannten ,,Nutztiere". Ich bin also in der glücklichen Lage, eine Tätigkeit auszuüben, die meinen eigenen Werten entspricht!

Welche Werte meinen Sie?

Der respektvolle Umgang mit unserer belebten und unbelebten Umwelt - natürlich auch untereinander im Team. Diese Werte sind auch im Leitbild der Umweltschutzabteilung verankert.

Was ist für Sie beruflicher Erfolg?

Etwas tun zu können, was den eigenen Werten entspricht und wo man in der Umsetzung sehen kann, dass man etwas bewirkt hat. In Punkto Führungsstil, dass man die Balance zwischen Zielorientierung und MitarbeiterInnenorientierung schafft, ein Team zu haben, dass gerne arbeitet.

Wo sehen Sie die Herausforderung für eine nachhaltige Stadtverwaltung?

Die Herausforderung sehe ich vor allem in einer durchgehenden Wertehaltung und einer neuen Art der Kooperation, die eine sektorübergreifende Arbeitsweise ermöglicht. Darin liegt ein großes Potential für eine nachhaltig agierende Stadtverwaltung. Beispielhaft führen wir diese neue Art der Zusammenarbeit in der ÖSTRAT vor. Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema, das wie kein anderes grundlegende Fragen an unsere Gestaltung von Zukunft und Gesellschaft stellt...

Sie haben Lebensmittel - und Biotechnologie studiert. Wie kam es, dass Sie eine technische Ausbildung wählten?

In der Schule war ich im Realgymnasium - aus Interesse für die Naturwissenschaften. Dann wollte ich mich weiter mit Umweltschutzthemen befassen, und bin auf das Studium Lebensmittel- und Biotechnologie gestoßen, wo mir der Studienplan am fundiertesten vorgekommen ist.

Haben Ihre Eltern Sie in Ihrer Studienwahl beeinflusst?

Besonders meine Mutter hat in der Erziehung ganz bewusst Rollenklischees vermieden. Meine Schwester und ich hatten Teddybären statt Puppen, wir spielten mit Lego, Matador und Fischer Technik. Meine Schwester hat übrigens technische Mathematik studiert...

Warum sind Sie nach Ihrem Studium in die Stadtverwaltung gegangen?

Nach dem Studium habe ich in Kanada den Master of Science in Umweltwissenschaften gemacht, und danach habe ich mich bei der Stadt Wien beworben - mit dem Wunsch im Umweltschutz tätig zu sein. Nach fünf Jahren bei der Wiener Umweltanwaltschaft wechselte ich innerhalb der Stadtverwaltung zur  neu einzurichtenden Tierschutzombudsstelle, die ich als stellvertretende Leiterin mitaufbauen durfte. Durch das neue Tierschutz-Bundesgesetz von 2005 war es notwendig geworden, dass jedes Bundesland so eine Ombudsstelle einrichten muss. Als Anfang 2008 in der Umweltschutzabteilung die Leitungsstelle des Bereichs Nachhaltige Entwicklung frei geworden ist, habe ich mich dafür beworben. Ich arbeite sehr gerne in der Stadtverwaltung, unter anderem weil hier die Arbeitsbedingungen gerade auch für Frauen optimal sind.

Wie betreibt die Stadt Wien Frauenförderung?

Dazu kann ich ganz aktuell sagen, dass die Stadt ihre Frauenquote in Führungspositionen auf 50 Prozent erhöhen wird. 1996 hat der Anteil an Frauen in Führungspositionen nur fünf Prozent betragen, heute liegt er bereits bei 35 Prozent. Die Gehaltstransparenz ist bei uns zu 100 Prozent gegeben, weil wir geschlechtsneutrale Gehaltsschemata haben, in die die MitarbeiterInnen gemäß ihrer Ausbildung und Berufserfahrung eingestuft werden. Die Postenbewertung laut Schema wird bereits bei der Jobausschreibung mitgeschickt und ist für alle einsichtig.

Sie engagieren sich für die Integration von Frauenförderung in den Ökobusinessplan der Stadt Wien. Worum geht es Ihnen da genau?

Das ist auch ein Beispiel für sektorübergreifende Arbeit, wo wir Synergien nutzen. Die Frauenabteilung der Stadt Wien hat ein Maßnahmenpaket zum Thema Frauenförderung in Unternehmen erarbeitet. Wenn wir jetzt Unternehmen im Rahmen des Ökobusinessplans zum Thema Umweltschutz/Nachhaltigkeit beraten, dann stellen wir dabei auch gleich die Maßnahmenpakete zum Thema Frauenförderung vor.

Für viele Menschen ist es schwierig, Karriere und Privatleben zu vereinbaren. Wie erleben Sie das?

Ich habe von einer Studie erfahren in der belegt wird, wenn man in einem Bereich arbeitet, mit dem man sich identifizieren kann, ist man keiner Burnout Gefahr ausgesetzt. Die Arbeit ist dann für einen so sinnstiftend, dass man daraus neue Energie schöpft und nicht verschleißt. Das finde ich sehr beruhigend.

Was empfehlen Sie jungen Frauen, die eine ähnliche Karriere einschlagen wollen?

Wenn einem Umweltschutz bzw. Nachhaltigkeit ein Anliegen ist, dann darf man nicht an der globalen Situation verzweifeln. Man muss seine Handlungsmöglichkeiten erkennen und genau dort seine Energie einsetzen. Beim Resümee ziehen, muss man auch seine Erfolge anerkennen können. Das Glas ist nicht halb leer!

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Nicole Kajtna.

Eva Persy
DIin Eva Persy, M.Sc.

Wiener Umweltschutzabteilung - MA 22

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023