Expertin des Monats
Juni 2011
Arch.in DI.in Regina M. Lettner

Im Juni ist die Wahl auf Arch.in DIin Regina M. Lettner gefallen.

Nach ihrem Architekturstudium an der TU Wien machte sich die gebürtige Welserin 2005 selbständig als Architektin und gründete des Konsortiums baukult mit den Schwerpunkten Architektur, Raumplanung und Städtebau. Aktuell arbeitet sie an zahlreichen Passiv Haus Projekten sowie an Gebäudesanierungen. Mit der Totalübernahme für den Neubau einer Schutzhütte am Berg, verbindet die Architektin ihr Hobby Bergsteigen mit ihrem Beruf.

Gemeinsam mit einer weiteren Architektin gründete Regina M. Lettner im Mai 2006 den Verein ,,frauen bauen", ein Netzwerk für Frauen in der Baubranche.

Interview

Frau Lettner, Sie arbeiten als Architektin im Passivhausbereich, was machen Sie da genau?

Passivhaus ist ein Gebäude, das sehr gut gebaut und gedämmt ist; ein sehr kompaktes Haus, ausgerichtet zur Sonne, damit man die Gewinne von der Sonne hat und im Norden eher geschlossen, damit man wenig Energie verliert. Also, eigentlich die Zukunft des Bauens. Allerdings haben sogar die Römer schon so gebaut. Sie haben es aber nicht so genannt. 2500 Jahre vor Christus hat es demnach auch schon solche Häuser gegeben. Jetzt ist es ein Modewort und es wird wieder so gebaut.

Können Sie Ihren Beruf mit Ihrem Hobby verbinden?

Ja, dazu gibt es eine treffende Geschichte. Ich wandere nämlich sehr gerne. Vor einiger Zeit gingen mein Mann und ich von Hütte zu Hütte, um einfach eine Hütte für unser Hochzeitsfest zu finden. Dann haben wir eine Hütte in Reichenau an der Rax gefunden, das war das Friedrich-Haller-Haus. Dort haben wir dann mit vollem Erfolg unsere Hochzeit gefeiert. Diese Hütte ist allerdings leider heuer am 8. April abgebrannt und die Hüttenwirtin hat ein Email an alle Gäste geschrieben, zur Info. Ich hab dann zurückgeschrieben, Katastrophe und wenn man irgendwie helfen kann (Planung), dann soll sie sich rühren. Dann hat sie mich angerufen und so hab ich meinen bist dato größten Auftrag bekommen. Es ist recht spannend, weil es dort keinen Strom und kein Wasser gibt und man kann nur beschränkt rauf fahren. Es ist zwar auf 1250m, nicht auf 3000m, aber trotzdem muss man ganz anders planen. Wir haben es nach Süden ausgerichtet, Photovoltaik berücksichtigt, denn es muss ja Strom geben. Da kann man nur Photovoltaik oder ein Windrad bauen. Das Haus ist ein Jahr nach dem Brand fertig. Das ist ziemlich rasch. Es wird ein Massivteil und dann gibt es einen Holzbau drüber, das werden lauter Fertigteile. Die Produktion dauert lange, aber dann ist es in 3-4 Tagen aufgestellt.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Mein Arbeitsalltag sieht so aus, dass ich im Büro bin bevor die MitarbeiterInnen kommen, Sachen mache, die schon brennen und dann, wenn die Leute kommen, schaue ich mir an was sie gemacht haben, kontrolliere, korrigiere und schaue, dass sie weiterarbeiten können.

Dann habe ich meistens einige Telefonate zu führen mit Behörden bzw. Behördenwege, die nur ich machen kann, das ist recht wichtig, weil man da sehr viel Know-How braucht und Kommunikationsfähigkeit haben muss. Dann sitze ich meistens an irgendwelchen Zahlenlisten, denn Geld ist einfach das Hauptthema, und schaue, dass ich das Budget in Griff bekomme. Die künstlerische Tätigkeit beläuft sich leider auf maximal 5 Prozent bei einem Projekt. Das betrifft nur den Anfang, dann ist es ein Abarbeiten von Budgetzahlen und das Know-How in der technischen Ausführung. Wir müssen uns außerdem viel über neue Technologien informieren und uns dazu Wissen aneignen. Damit wird der Job nie langweilig.

Wieviele MitarbeiterInnen führen Sie als Geschäftsführerin?

Aktuell führe ich drei MitarbeiterInnen. Wir sind aber vier gleichberechtigte PartnerInnen. Ein weiterer Architekt, mein Mann ein Freund und ich.

Wieso haben Sie Architektur studiert?

Mein Vater ist Polier, der hat mich immer mitgenommen, das hat mich geprägt. Außerdem habe ich mich nicht entscheiden können zwischen Technik und Kunst. Ich hab mir dann das Vorleseverzeichnis der Uni genommen und einmal alles weggestrichen, was ich nicht machen will, dann ist übrig geblieben Gitarre oder Architektur. Ich habe 14 Jahre klassische Gitarre gelernt und war bereits sehr gut. Irgendwie hat mich dann Architektur mehr gereizt und ich habe mir gedacht, Gitarre kann ich so und so nebenbei weiterspielen. Dann habe ich Architektur studiert. Nach der Matura war ich ein Jahr in Kanada und bei einem Immobilienmakler als Nanny, da bin ich noch mehr in das Thema reingekommen. Dann war für mich klar, dass es das richtige Studium ist, weil ich damit Technik und Kunst verbinden kann.

Mein Vater war allerdings im ersten Moment nicht so erfreut über meine Entscheidung, weil es doch eine finanzielle Belastung für die Familie bedeutete. Er dachte, ich würde in einer Bank abreiten oder als Sekretärin. Ich habe das Studium dann aber durchgezogen, Studienbeihilfe erhalten und neben dem Studium gearbeitet. Heute ist mein Vater sehr stolz auf mich.

Warum entschieden Sie sich nach dem Studium für die Selbständigkeit?

Weil ich keinen Chef/keine Chefin haben wollte. Außerdem habe ich schlechte Erfahrungen im Angestelltenverhältnis gemacht, denn ich musste drei Jahre Berufserfahrung nachweisen, bevor ich mich selbständig gemacht habe. Ich habe meinen eigenen Stil entwickelt. Da ist es sehr schwierig, wenn man für andere Leute arbeiten soll. Ich wollte auch kein ein Frau/Mannbüro sein, weil da kommt man nicht zu großen Projekten. Man braucht eine gewisse Struktur und Auftreten, das ist wichtig.

Sie haben den Verein Frauen Bauen mitgegründet: Können Sie dazu mehr erzählen?

Ich nenne Ihnen ein Beispiel, warum ich den Verein gegründet habe. Ich habe einmal erlebt, dass ein Kunde zu meinem Mann gesagt hat: ,,Können Sie ihre Kollegin mitnehmen, weil dann traut sich meine Frau viel mehr reden". Ich hab mehrere solche Erfahrungen gemacht und hab dann beschlossen, ich suche mir jetzt ein Paar Handwerkerinnen und Planerinnen, und wir machen ein Expertinnenpool für solche Frauen, die sich nicht fragen trauen. Zum Schluss waren wir 86 Unternehmen in Frauenhand aus der Beratung/Planung/Ausführung aus ganz Österreich, aber hauptsächlich Wien. Durch dieses Netzwerk, habe ich viel Know-How aufgebaut, welche Schwierigkeiten Frauen in der Branche haben und woran es ihnen fehlt. Es fehlte an UnternehmerInnentum und an Marketing Know-how.  

Wir sind dann gemeinsam auf Messen aufgetreten. Dann haben wir Stammtische einmal Monat organisiert. Ziel war es, Geschäfte zu machen. Wir haben aber auch die Frau des Jahres gekürt, um Frauen im Baubereich sichtbarer zu machen. Das war im Jahr 2006. Ich hab das Projekt dann abgegeben, weil ich die Ressourcen dafür nicht mehr hatte.

Sie waren auch politisch aktiv. Was haben Sie da gemacht und inwieweit ist das für eine Karriere förderlich?

Ich war für 3 Jahre Bezirksrätin für den zweiten Bezirk. Ja, es war gut, um Kontakte  aufzubauen.

Die Genderperspektive im Stadtplanungsbereich und im Baubereich dürfte Ihnen wichtig sein. Können Sie näheres dazu sagen?

Ich glaub, dass Personen das machen was ihnen wichtig ist, deswegen sollte es eine Vielzahl an Architektinnen und Architekten geben. Jetzt gibt es ja bereits mehrere Architektinnen, die selbständige Büros haben, das hat es vor 40-50 Jahren nicht gegeben, und vor hundert Jahren schon gar nicht. Wenn eine Frau eine Schule plant, wird was anderes entstehen als wenn ein Mann eine Schule plant. Davon bin ich überzeugt. Es würde meiner Ansicht nach auch keine Hochhäuser geben, wenn Frauen Städte geplant hätten. Die Küche, das ist auch so mein Lieblingsthema. Seitdem Männer kochen, ist die Küche im Zentrum der Wohnung/Hauses. Früher war sie ein Raum wo die Tür zu war. Seitdem die Männer kochen, ist die Küche in der Mitte und hat eine riesige Aufwertung.

Die Stadt Wien hat Frauen Bauen einmal eingeladen, ein Konzept für die Stadtplanung zu erstellen. Es wurde ein ganz anderes Konzept als die männlichen Kollegen erstellt haben. Wir planten Quartiere, die maximal 20 Wohnungen hatten, die männlichen Kollegen planten Einheiten mit 300 Wohnungen. Wir haben den Aufrag allerdings nicht bekommen. Wir wurden jedoch zu einem Nachgespräch eingeladen, das ist normalerweise nicht üblich.

Sie hatten nach dem Studium zwei Auslandsaufenthalte: Vancouver/Kanada und Rotterdam/Holland. Wie wichtig sehen Sie Auslandsaufenthalte für den Berufs- und den persönlichen Weg?

In Kanada war ich, wie gesagt, Nanny, ein Jahr lang. Ich wollte damals weit weg, weil ich nicht gewusst habe ob ich das aushalte, war aber kein Problem.

Bei meinem zweiten Auslandsaufenthalt nach dem Studium in Rotterdam war ich arbeiten. Ich wollte eigentlich nach Finnland, habe mich dort bei allen Büros beworben, habe aber keine Antwort bekommen, dann habe ich mir gedacht, dass ich das persönlich machen muss, habe meine Koffer gepackt und bin nach Holland gefahren. Nach vier Wochen habe ich dann einen Job gefunden. Es hat mir dort sehr gut gefallen, weil die Architektur eine ganz andere. Ich sehe Auslandaufenthalte so wichtig, dass ich dafür 4 Jahre Schule eintauschen würde.

Was empfehlen Sie jungen Frauen, die einen ähnlichen Karriereweg einschlagen möchten?

Durchhaltevermögen!

Was wünschen Sie sich für Ihre berufliche Zukunft?

Ich habe ein halbvolles Büro. Es sind noch drei Arbeitsplätze frei, die möchte ich noch besetzen. Dann kann ich weniger arbeiten, weil ich dann die Strukturen habe um mich selber etwas zurückzulehnen.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Beatrix Hausner