Expertin des Monats
Feb. 2012
Mag.a Dr.in MAS Karin Garber

Im Februar ist die Wahl auf Karin Garber gefallen.

Vor der Gründung des Vienna Open Lab 2004 konnte Frau Garber Erfahrung im Bereich des Projektmanagements beim Verein zur Förderung der Biologie und Biomedizin Campus Vienna Biocenter und bei dialog<>gentechnik sammeln. Dabei entstand die Idee zur Gründung des Mitmachlabors Open Lab, das es sich zum Ziel  setzt Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen den Alltag in einem Forschungslabor näher zu bringen. Dabei soll bei den BesucherInnen durch aktives ,,Experimentieren" die Begeisterung für die Wissenschaft geweckt werden und ,,trockene Theorie in spannende Praxis" verwandelt werden.

Interview

Sie sind Gründerin und Leiterin des Open Lab Viennas ,,Das erste Mitmachlabor Österreichs" - haben Sie das Gefühl, dass Sie es als Frau bei der Unternehmensgründung schwerer hatten als ein Mann?

Nein hatte ich nicht, weder bei der Errichtung des Vienna Open Labs noch im Laufe meiner Karriere. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich bei der Arbeit benachteiligt bin weil ich eine Frau bin, ob das jetzt an dem Themenbereich liegt in dem ich arbeite oder an unserer Unternehmensstruktur, weiß ich nicht. Wir sind ein relativ kleines Unternehmen, das sehr frauenlastig ist - wir haben nur einen Mann im ganzen Team - und die interne Kommunikation ist sehr transparent und offen.
Was nun die Gründung des Labors betrifft, muss ich auch festhalten, dass ich dabei nicht allein war. Die entstand während meiner Arbeit beim Verein dialog<>gentechnik und da standen der Vorstand und meine KollegInnen hinter mir und haben mich unterstützt. Für mich war der Bereich damals neu und ich konnte so von der Erfahrung meiner KollegInnen profitieren. Ich wußte aber sofort, dass das ein Konzept ist, das mir gefällt und irgendwie ist es dann zu meinem ,,Baby" geworden.

Gab es sonst Schwierigkeiten bei der Umsetzung Ihrer Idee in die Realität? Wie war das Feedback von Ihren KollegInnen?

Ich würde nicht sagen, dass es Schwierigkeiten gab - eher würde ich es Herausforderungen nennen, wobei die größte Herausforderung sicher am Anfang aufgetaucht ist, in dem es galt, die Idee überhaupt nach Österreich zu holen. Die Idee des Mitmachlabors war zu der Zeit nicht ganz neu, es gab bereits Labors in Amerika und Deutschland zu verschiedenen Themen wie Physik, Chemie und Informatik. In Deutschland war die Idee somit schon viel etablierter, in Österreich gab es damals noch kein einziges Labor und darüber hinaus ist das Vienna Open Lab das erste Mitmachlabor im Bereich der Molekularbiologie.

Eine weitere Herausforderung war es, die richtigen Räumlichkeiten zu finden. Es war uns wichtig das Labor in einem etablierten Forschungsumfeld zu errichten. Als wir dann den richtigen Ort fanden, mussten wir noch die ansässigen WissenschaftlerInnen von unserer Idee überzeugen - damit wir die Räume zur Verfügung gestellt bekamen. Josef Penninger, der Leiter vom Institut für Molekulare Biotechnologie, das damals neu entstanden ist, hat uns dabei sehr geholfen.

Das heißt zusammenfassend, dass ein bisschen Überzeugungsarbeit unter den KollegInnen schon notwendig war?

Für die Idee an sich nicht, nur dafür auch Platz zu schaffen und uns die Räumlichkeiten ,,abzutreten", das war damals eine echte Herausforderung. Ansonsten hat das Vienna Open Lab einen sehr guten Ruf unter den WissenschaftlerInnen, auch der Campus ist unter Fachkreisen sehr bekannt. Grundsätzlich kann man, glaube ich sagen, dass das Projekt im Vorfeld gut geplant wurde und die Umsetzung somit nicht mehr allzu schwierig war. Mittlerweile werden wir von allen Seiten unterstützt und es gibt bereits ,,spinn offs" an der Karl Franzes Universität in Graz und an der FH in Wels.

Sie sagten einmal, dass Sie vor allem im Bereich von Führungsetagen bemerken, dass der Frauenanteil gering ist, vor allem im Vergleich zur Anzahl der Studienanfängerinnen? Worin sehen Sie die Ursache dieser ,,Ausdünnung" am Weg nach oben?

Ja das stimmt. Ich glaube, dass das Großteils daran liegt, dass die Frauen meist die Rolle der Erzieherin einnehmen und nach der Karenzzeit bei den Kindern bleiben. Vor allem in der Forschung verliert man relativ schnell den Anschluss und muss sich so rasch entscheiden wo die Prioritäten liegen - bei der Familie oder beim Beruf. Je höher man hinauf will, desto schwieriger wird es Beruf und Familie zu vereinbaren. Irgendwo muss dann ein Abstrich gemacht werden, und ich denke, dass die Frauen in dieser Situation eher bei der Familie bleiben als die Männer.

Glauben Sie braucht es hier mehr Unterstützung für die Frauen generell, aber auch speziell in den Führungsebenen? Ist da ein Umdenken und mehr Flexibilität von Seiten des Arbeitgebers gefragt?

Ich bin nach meiner Karenz mit Teilzeit eingestiegen, um noch ausreichend Zeit für meine Kinder zu haben, mittlerweile arbeite ich Vollzeit. Ich glaube schon, dass ein wenig mehr Flexibilität wichtig wäre - aber das ist sicher ein sehr langsamer Prozess, auch würde das ein gesellschaftliches Umdenken brauchen, damit Mütter nicht mehr als" Rabenmütter" gesehen werden, wenn sie wieder mehr arbeiten oder Väter als "Waschlappen" bezeichnet werden, wenn sie zu Hause bleiben.

Wie kam es, dass Sie sich nach dem Diplom- und Dissertationsstudium der Biologie entschlossen haben einen postgraduellen Lehrgang an der Universität Wien zu absolvieren? Woher kam das Interesse für den Bereich Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit?

Grundsätzlich hat mich die Genetik immer interessiert und ich arbeite ja nach wie vor in diesem Bereich. Aber damals waren zwei Dinge sehr wichtig für mich - einerseits hat mich die Art und Weise wie das Wissen angewendet wurde, nicht mehr 100%ig gefesselt und überzeugt und auf der anderen Seite wollte ich nicht den klassischen WissenschaftlerInnenkarriereweg einschlagen und habe mich dann entschiedenen einen Blick in der Bereich der Kommunikation zu werfen. Die Wissenschaft an sich arbeitet sehr fokussiert, ich wiederrum habe mich mehr für die Zusammenhänge und das große Ganze interessiert. Wissenschaftler sind zwar sehr kommunikativ, bleiben aber oft unter sich, bewegen sich fast ausschließlich in Fachkreisen und unterhalten sich in ihrer eigenen Sprache. Ich fand es damals sehr spannend durch den Lehrgang auch andere Disziplinen kennen zu lernen und fächerübergreifend zu arbeiten. Darüber hinaus war Wissenschaftskommunikation in Österreich noch kein echtes Thema und schon gar nicht etabliert. Die praktische Umsetzung von Strategien im Bereich "Public Understanding of Science" oder "Science and Society" waren vor zehn Jahren in Österreich noch relatives Neuland und es hat mich sehr interessiert in diesem Fachbereich zu arbeiten.

Zu diesem Zeitpunkt fand eine Art Umdenken in der Wissenschaftskommunikation statt - es galt die Inhalte und Ergebnisse quasi zu ,,übersetzen" und es somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Menschen erwarten sich etwas direkt von der Forschung zu erfahren und da braucht es oft so etwas wie ,,ÜbersetzerInnen". Da der direkte Kontakt zwischen WissenschaftlerInnen und der Bevölkerung aber von besonderer Bedeutung ist, werden im Vienna Open Lab junge WissenschaftlerInnen geschult, komplexe Forschungsinhalte allgemein verständlich zu vermitteln. Die zwischengeschaltete ÜbersetzerInnenrolle entfällt somit.

Worin sehen Sie die Qualitäten der Frauen Wissenschaft und Kommunikation zu vereinen?

Ich denke, dass Kommunikation eine starke soziale Komponente hat und Frauen gerne mit einem sozialen Bezug arbeiten. Wenn man beispielsweise Jugendliche betrachtet, warum die Biologie vor allem unter den Mädchen so beliebt ist, dann sieht man häufig, dass sie da die soziale Relevanz sehen und hervorheben. Die Buben entscheiden sich eher für Physik, weil sie die praktische Relevanz sehen. Es ist beides positiv. Das sind genderspezifische Interessen, die im erwachsenen Leben meist fortgeführt werden. Die Frage, die sich dabei aber stellt ist, wo die Ursprünge dafür sind? Werden diese Interessen vom System vorgegeben und von den älteren Generationen vorgelebt?

Wenn man sich die Themen ansieht mit denen Sie sich beruflich - neben der Leitung des Labors - auseinander setzten - stößt man immer auf den Gedanken des aktiven Mitmachens, des Ausprobierens und Erfahrens! Gab es für Sie ein Schlüsselerlebnis, das der Grundstein zu diesem Thema war?

Ich habe beim Vereindialog<>gentechnik, bevor ich das Vienna Open Lab mit aufgebaut habe, das Projekt ,,Schulkoffer Gentechnik" betreut und die Ausstellung "Gentechnik Pro und Contra" organisiert. Beim Schulkoffer handelt es sich um einen Experimentierkoffer, den sich LehrerInnen ausborgen konnten, um den SchülerInnen ein aktives Erleben in Form von Experimenten zu ermöglichen. Die positiven Rückmeldungen zeigten dann wie gut die SchülerInnen dieses Konzept annehmen. Das sehen wir auch jeden Tag in unserem Labor. Es gibt kaum TeilnehmerInnen, die langweilig in die Luft schauen, die Meisten sind begeistert bei der Sache und arbeiten mit. Wir erhalten auch viel positives Feedback von unseren BesucherInnen, aber meist sieht man schon vor Ort die Begeisterung mit der die TeilnehmerInnen mitarbeiten.

Warum ich verstärkt im Bereich ,,Hands on" arbeite? Einerseits finde ich es schön, das einfache ,,Tun und Machen" und die Motivation, etwas zu lernen, steigert es auch. Mädchen hilft es beispielsweise mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln. Im Jugendalter haben Mädchen weniger Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, dieses Selbstvertrauen wächst mit der Hilfe von positiven Erfahrungen. Zum Beispiel wenn ich brav lerne und gute Noten schreibe. Wenn ich ein Experiment erfolgreich durchführe und das Ergebnis sehe, dann hilft es mir mehr Vertrauen in meine eigenen Leistungen zu setzen. Ein Versuch oder ein Experiment das glückt, verankert sich oft besser als eine positive Schularbeit.

Glauben Sie, dass es wichtig ist Jugendliche, im speziellen Mädchen, für naturwissenschaftliche Fächer und Ausbildungswege zu begeistern?

Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass es wichtig ist, dass beide Geschlechter in allen Berufen gleichmäßig vertreten sind. Ich glaube auch, dass Veränderungen in beiden Richtungen stattfinden sollten - es sollen mehr Frauen in Männerdomänen arbeiten und umgekehrt auch mehr Männer in Frauendomänen.
Physik und Mathematik kämpfen in den letzten Jahren mit sinkenden Inskriptionszahlen, hier finde ich, könnte man mit der richtigen Kommunikationsweise vielleicht neues Interesse wecken. Jugendliche sind gerade zu Zeit stark an Technik interessiert, wie beispielsweise an Smartphones und Internetapplikationen. Es wird ihnen aber oft nicht kommuniziert, was eigentlich hinter dieser Technik steht, nämlich physikalische Prozesse. Physik und Chemie werden heutzutage meist noch sehr traditionell unterrichtet, wenn man hier einen stärkeren Konnex zur modernen Technik schaffen könnte, wäre es für die Jugendlichen interessanter und sie wären eher motiviert die zukünftige Entwicklung mitzugestalten.

Ist das auch unter anderem Ziel der Lehrerinnenfortbildung, an der sie aktuell arbeiten?

Ja, das Konzept geht in diese Richtung. Der traditionelle Unterricht hat seine Stärken und Schwächen, unser Ziel ist es, neue Lernformen, vor allem mit einem verstärkten praktischen Ansatz zu integrieren.

Könnte man sagen, dass durch die Anpassung der Wissenschaftskommunikation an die Bedürfnisse der Öffentlichkeit auch ein Umdenken im Bereich des Lehrens gefragt ist?

Ich denke, man muss sich langsam vom sehr traditionellen, deduktiven Lehren verabschieden, wo LehrerInnen, SchülerInnen alles vorsetzen und mitteilen, ,,Das sind die Fakten, die Ihr jetzt mitschreibt und mir dann bei der Prüfung wieder aufsagt". Wenn sich die SchülerInnen das Wissen selbst erarbeiten, dann bleibt es stärker verankert. Es geht mehr in Richtung anwendungsorientiertes Lernen. Durch das Ausprobieren verschiedener Dinge, durch ,,trial and error" kann man aus seinen Fehlern lernen und der Erfolg fühlt sich am Ende super an und stärkt darüber hinaus noch das Selbstvertrauen.

Uns ist es durchaus auch wichtig den Jugendlichen zu vermitteln, dass in der Wissenschaft nicht immer alles auf Anhieb funktioniert. Ein gewisses Frustrationspotenzial ist hier schon auch vorhanden, Experimente können schief gehen und oft muss man sie wiederholen, bis sich der gewünschte Erfolg einstellt. Unseren BesucherInnenn soll ja neben der Freude am Experimentieren auch ein Einblick in den Laboralltag vermittelt werden, damit sie sich ein Bild machen können, welche Softskills gefragt sind und ob ihnen die Labortätigkeit überhaupt liegt. Das kann ihnen später helfen sich zu entscheiden welchen Bildungsweg sie einschlagen. Auch ist in den Pausen genug Zeit für den direkten Austausch zwischen den BesucherInnen und den WissenschaftlerInnen, die die Kurse betreuen.

Was wären Ihre Tipps für Frauen, die sich im Bereich der Wissenschaftskommunikation oder und der Genetik etablieren wollen?

Ich würde meine Tipps gerne allgemein an junge Frauen im Berufsleben richten und nicht spezifisch auf eine spezielle Disziplin. Ich glaube Frauen sind sehr harmoniebedürftig und tun sich daher schwer unpopuläre Entscheidungen zu treffen, was aber speziell in Führungspositionen oft notwendig ist. Oft fehlt es auch an dem nötigen Mut, Dinge auf den Tisch zu bringen und negative Sachen anzusprechen. Daher rate ich jungen Frauen mehr Mut und Selbstvertrauen an den Tag zu legen und mehr für Ihre eigenen Leistungen einzustehen. Frauen heben oft die Leistungen des Teams mehr hervor, als ihre eigenen - Männer tun sich da nicht so schwer. Frauen schauen immer was der Gruppe gut tut, Männer konzentrieren sich mehr auf die Punkte, die sie persönlich voran bringen. Vielleicht müssen wir in diesem Zusammenhang lernen ,,egoistischer" zu sein, wobei das natürlich auch etwas sehr Positives ist, darauf zu achten dass das Gesamtkonzept und das Team funktionieren und nicht nur das persönliche Befinden im Vordergrund steht.

Sie selbst haben Familie mit zwei Kindern. Wie schaffen Sie es, Beruf und Familie zu vereinen?

Oh, da habe ich einen weiteren Tipp an die Frauen: ,,Sucht Euch einen emanzipierten Mann, der Euch gerne hilft und kein Problem damit hat, zu Hause zu helfen und sich um die Kinder und den Haushalt zu kümmern!" Ich persönlich finde, dass starke Männer sich gerade dadurch auszeichnen, indem sie sich trauen zu sagen, dass die Familie für sie sehr wichtig ist.
Ich schaffe meinen Alltag mit Familie und Beruf vor allem durch den starken Rückhalt den ich zu Hause durch meinen Lebensgefährten und meine Mutter haben. Ohne ihre Hilfe würde es nicht gehen und vor allem hätte ich dann vermutlich das klassische ,,schlechte Gewissen" einer Mutter, die ihre Kinder vernachlässigt. Die Hilfe meiner Familie und eine gute Organisation ermöglicht mir eine gewisse Flexibilität die ich beruflich brauche.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Was ist Ihr Lieblingsexperiment und warum?

Das ist eine schwierige Frage. Ich mag grundsätzlich das ,,Experimentieren" aber wenn ich mich für ein Experiment aus unserem Programm entscheiden muss, dann wäre es die Herstellung von laktosefreier Milch.
Grundsätzlich steht bei mir aber nicht das Experiment im Vordergrund sondern das ,,Experimentieren". Ich mag das ,,tüfteln" und das ,,pantschen" und das planen von verschiedenen Schritten um zu einem Ergebnis zu kommen. Die Spannung dabei ob es dann schlussendlich funktioniert oder nicht, die mag ich dabei am liebsten.

Danke für das Gespräch!

Das Interview führte Sabine Schellander (ÖGUT).

Karin Garber
Mag.a Dr.in MAS Karin Garber

Vienna Open Lab

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023