Expertin des Monats
Juli 2012
Ing.in Sabine Putz

Im Juli ist die Wahl auf Sabine Putz gefallen.

Die Grazerin Sabine Putz ist seit 2009 Leiterin der neunköpfigen Forschungs- und Entwicklungsabteilung beim steirischen Solartechnikunternehmen SOLID. Das Unternehmen SOLID hat sich auf sämtliche Anwendungsgebiete für thermische Großsolaranlagen (mehrere 1.000 m2) für Warmwasseraufbereitung, Raumheizung, Prozesswärme (Fernwärmeeinspeisung) sowie thermisch angetriebene Kühlmaschinen spezialisiert. Putz ist Projektleiterin von zahlreichen nationalen und internationalen Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Zudem ist sie Subtask-Leiterin der "International Energy Agency (IEA) Task 45". Dieses Teilprojekt soll dazu beitragen den Großanlagenbau in der Solarthermiebranche durch geeignete Hydrauliken, Großkollektoren und systematische Qualitätssicherung zu optimieren.

Interview

Herzliche Gratulation zur Wahl der FEMtechexpertin Juli! Frau Putz, Sie sind Leiterin der F&E Abteilung der S.O.L.I.D GmbH. Was macht S.O.L.I.D und was ist Ihre Tätigkeit in dieser Firma?

S.O.L.I.D plant, baut, betreibt große Solaranlagen in der Größe von  100m2  bis mehrere 1.000m2. Neben Planung und Bau bieten wir dem Kunden auch Finanzierung an - sogenanntes Contracting. Energy Contracting heißt, dass der Kunde die Anlage nicht besitzt, sondern die Anlage ist in unserem Besitz bzw. im Besitz der Firma, die sie betreibt oder finanziert. Der Kunde zahlt für die abgenommene Energie.

S.O.L.I.D. verfügt auch eine Forschungsabteilung. Wir sind ein neunköpfiges Team und betreiben fünf europäische und 9 nationale Forschungsprojekte in den Bereichen solare Wärme, solare Kälte, solare Prozesswärme, SmartCity und auch automatische Überwachung von Solaranlagen.  Diese Abteilung leite ich seit 2009.
Sie sind zudem Subtask Leiterin der International Energy Agency (IEA) Task 45.

Was kann man sich darunter vorstellen und was ist das Ziel der Subtask 45?

Der IEA (internationale Energieagentur) Task 45 beschäftigt sich mit dem Bereich ,,Solar Heating and Cooling". Innerhalb des Task 45 gibt es 3 Subtasks, die sich Speichersystemen,  Kollektoren und Gesamtsystem beschäftigen. Der Subtask, den ich leite befasst sich mit den großen Gesamtsystemen. In diesem Projekt werden wir durch das BMVIT und die FFG finanziell unterstützt. So war es auch möglich, dass ein Industriepartner einen Subtask leitet, denn üblicher Weise wird dies von Universitäten übernommen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir federführend an der Standardisierung von großen Solarthermiesystemen mitwirken können.

Wie sind Sie zur Forschung im Bereich der Erneuerbaren Energien gekommen bzw. welche Ausbildungsweg haben Sie eingeschlagen?

Ich habe nach der Matura zwei Jahre Pharmazie studiert. Das war mir dann doch zu trocken, so habe ich mich weiterführend für das Kolleg für technische Chemie in Graz entschieden, welches ich auch abgeschlossen habe. Danach habe ich am Frauendokumentationszentrum in Graz einen 4-monatigen Projektmanagementkurs absolviert. Im Zuge dessen bin ich mit meiner ersten Anstellungsfirma in Kontakt gekommen, die mir eine Stelle in F&E anbot. In dieser Firma habe ich mich mit der Entwicklung und Herstellung von Einkapselungsmaterialien für Solarzellen beschäftigt. Da diese Firma auch Forschungsprojekte betrieben hat, bin ich bald mit dem Fördergeschäft in Kontakt geraten. Förderprojekte abzuwickeln gefiel mir gut und so bin ich 15 Jahre später noch immer im Fördergeschäft tätig. In meiner ersten Firma (großer Konzern) war ich übrigens auch als Betriebsrätin über mehrere Jahre tätig und habe mich besonders für Frauen eingesetzt. Zu S.O.L.I.D. bin ich über eine Internetanzeige gekommen, sie haben damals eine Projektleitung für Forschungsprojekte gesucht. Die Firma hat sich auf Grund meiner Qualifikationen für mich entschieden, obwohl sie gewusst hat, dass ich begünstigt behindert bin. Ich finde es toll, dass sich die Firma S.O.L.I.D.  kompromisslos auf eine Anstellung eingelassen hat. Mittlerweile bin ich Abteilungsleiterin und habe auch noch weitere verantwortungsvolle Aufgaben in der Firma übernommen.

Gab es während Ihrer Ausbildung Frauen, die eine Vorbildwirkung (role models) auf Sie hatten? (Wie viele Frauen haben mit Ihnen gleichzeitig die Ausbildung begonnen?)

In der Technik habe ich keine Vorbilder gehabt, da hat es auch kaum welche gegeben. Das war bei mir auch nicht so vorrangig. Ich wollte einen Bezug zur Technik haben und herstellen. Das ist anfänglich erschwert geworden, dadurch dass ich eine Frau bin. Aber Betriebe erkennen schnell, wenn eine Frau Fach- und persönliche Kompetenz hat. In der Firma S.O.L.I.D. ist die Gleichstellung der Geschlechter kein Thema, sondern Selbstverständlichkeit.

Die Chemotechikerausbildung haben in meinem Jahrgang wesentlich mehr Frauen als Männer genossen. In meiner ersten Firma war ich über weiter Strecken die einzige Frau in F+E, mittlerweile ist es in diesem Betrieb zwischen den Geschlechtern eher ausgewogen geworden.

Wie schätzen Sie spezielle Frauenförderung im Rahmen von Projekten und Initiativen ein? Brauchen wir heutzutage überhaupt noch?

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Ich selbst möchte nicht auf Grund von Quotenerfüllung einen Job bekommen. Eine spezielle Förderung finde ich selbst nicht sinnvoll, da nur noch mehr in Wunden geschürt wird, die ohnedies langsam abheilen.

Eher wichtig wäre Kontrolle von Betrieben, die nachweislich Frauen weniger Chance geben.

Was würden Sie jungen Frauen raten, um sich in einem technischen/naturwissenschaftlich und zumeist männerdominierten Feld zu behaupten?

Ich glaube da ist gar nicht so sehr die Ausbildung im Vordergrund, sondern einfach wie man mit Menschen umgeht. Ich habe sehr viel mit Maschinenarbeitern gearbeitet, die sich zu Beginn noch schwer taten, aber wenn man mit Menschen respektvoll umgeht und ihnen zeigt, dass weibliche Kollegen keine Erschwernis darstellen, funktioniert das auch.

Noch ein kurzer Blick in die Zukunft: Welchen Beitrag kann die Solarbranche (PV & Solarthermie) in 20 Jahren zur weltweiten Energieversorgung beitragen?

Da gibt es Masterpläne, Roadmaps für Solarthermie und Photovoltaik für 2020/2050. Es wird nicht leicht diese zu erreichen. Große Solaranlagen, egal ob PV- oder Solarthermie-Anlagen, sind noch immer ohne Förderung nicht leicht zu finanzieren. Das heißt, die Amortisation ohne Förderung kann je nach Anwendungsfall langwierig sein, sofern nicht in großer Masse produziert oder installiert wird. Derzeit laufen Förderprogramme, die stark auf Demonstration abzielen. Sowohl EU als auch nationale Förderstellen haben erkannt, dass wir Demonstrationsprojekte schaffen müssen, um der Energiewirtschaft zu zeigen, dass Integration von großen Solaranlagen funktionieren kann. Wenn wir bis 2050 ohne Öl und Gas auskommen wollen, dann liegt noch viel Arbeit vor uns, vor allem auf politischer Ebene. Deshalb sind auch Forschungsprojekte wichtig, die auf die Verbreitung der Technologie, Multiplikation und Finanzierungsmöglichen abzielen.

Danke für das Gespräch!

Das Interview führte Dr.in Katharina Sammer (ÖGUT).