Expertin des Monats
Aug. 2012
DI (FH) DI Dr. scient.-med. Sabine Klausner

Im August ist die Wahl auf Sabine Klausner gefallen.

Die Nachwuchswissenschaftlerin Sabine Klausner ist seit 2008 Forschungsassistentin an der Fachhochschule (FH) Salzburg im Forschungsbereich E-Health. Seit dem beschäftigt sie sich als Projektleiterin mit der Entwicklung und Implementierung einer Microsoft SQL Server-Datenbank basierten Webapplikation (PROP) zur Erfassung medizinischer PatientInnendaten. Damit sollen MedizinerInnen zur Erhebung von medizinischen Befunden ihrer PatientInnen unterstützt und Doppelbefundungen durch Krankenhäuser beziehungsweise HausärztInnen bei präoperativen Voruntersuchungen verhindert werden.

Interview

Herzliche Gratulation zur Wahl der FEMtechexpertin August! Frau Klausner, Sie sind Forschungsassistentin an der FH Salzburg und haben die Projektleitung im Projekt ,,Präoperative Befundung" (PROP) in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesundheit - können Sie uns etwas über den Inhalt Ihrer Forschungstätigkeit erzählen?

Sehr gerne. Zuerst noch ein herzliches Dankschön für die Einladung und ich freue mich sehr, dass die Wahl für diesen Monat auf mich gefallen ist.

Es handelt sich um ein Reformprojekt, entstanden im Jahr 2006 und beinhaltet die Voruntersuchungen bei Operationen von PatientInnen. Das läuft folgendermaßen ab: ein Patient geht z.B. zum Praktischen Arzt. Dieser stellt fest, dass eine Operation nötig ist, ein leichter oder schwerer Eingriff o.Ä. Dann kommt PROP, eine online-Applikation ins Spiel. Der Arzt gibt dort die Anamnese des Patienten ein. Nimmt der Patient Medikamente, hat er neurologische Probleme, mit den Nieren, mit der Leber etc., auch Herzrisikofaktoren werden abgefragt. Nach dieser Eingabe wird ein Befund erstellt. Das ist eine Liste, wo drauf steht welche Untersuchungen auf Basis der Eingaben notwendig sind. Jetzt denkt man sich, das muss der Arzt auch schon gewusst haben, bevor es PROP gegeben hat - Ja, das hat er auch, nur war das bisher noch nicht standardisiert. Und genau darum geht es. PROP beinhaltet einen Standard, die ÖGARI Leitlinie (ÖGARI steht für Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin, Anm. der Redaktion), das ist das Gremium für Anästhesisten. Dieses hat z.B. beschlossen, dass auf Grund eines leichten Eingriffes z.B. eine klinische Untersuchung durchzuführen und ein Anamnesebogen auszufüllen ist. Zuvor ist das auch schon gemacht worden, nur hat das der Arzt auf Basis seiner persönlichen Erfahrung entschieden. Die Vorteile damit sind nun, dass man erstens einen standardisierten Prozess definiert welche Untersuchungen notwendig sind und das zweitens die Kommunikation zwischen dem extra- und intra muralen Bereich, also zwischen praktischem Arzt und Krankenhaus funktioniert, um Mehrfachuntersuchungen am Patienten zu vermeiden. Weil sonst war es oftmals so, dass der Patient ins Krankenhaus gegangen ist und da hat man dann die gleichen Untersuchung vorgenommen. Das Krankenhaus hat nicht gewusst, was der praktische Arzt untersucht hat.

Und in welcher Projektphase befindet sich das Projekt?

Wir befinden wir uns jetzt in der Endphase des Testbetriebes. 2006 ist Hr. Dr. Fritsch mit der Idee von PROP zu uns ans Institut gekommen. Und dann haben wir einmal probiert und eine Applikation erstellt. 2008 ist in Salzburg beschlossen worden, dass die Ärzte das verwenden müssen. ,,Müssen" in dem Sinn, dass wenn sie es nicht verwenden, sie keine Leistungen bezahlt bekommen. Das ist der Stand seit 2008, es ist zwar noch immer ein Art Testbetrieb (noch bis Ende dieses Jahres), aber eigentlich kann man es schon als Regelbetrieb bezeichnen. Aktuell wird das PROP System in Wien bei der SVC integriert und dieses Jahr noch von dort aus weiterbetreut. Das ist die Chipkartengesellschaft, welche  die E-Card verwaltet.

Das heißt PROP kommt österreichweit?

Also Ziel wäre es PROP österreichweit einzusetzen. Eine zentrale Lösung ist dafür durchaus sinnvoll. Aber jetzt steht der Testlauf einmal in Wien an. Wenn " PROP Salzburg" in Wien auch so gut läuft wie in Salzburg, fällt es  leichter auch die anderen Bundesländer von der zentralen Lösung zu überzeugen.

Sie haben an der FH Salzburg Telekommunikationstechnik und -systeme mit dem Schwerpunkt Telemedizin, IT Management studiert. Was kann man sich unter Telemedizin vorstellen und wie kamen Sie auf dieses Studium?

Telemedizin ist die Kombination aus IT und Medizin. Es beschäftigt sich mit dem Gesundheitswesen und grob gesagt der Verknüpfung zwischen Mensch zum Beispiel dem Arzt oder dem Patienten und der Technik also die Computersoftware oder den medizinischen Geräten. Hier gehört auch PROP hinein, welche eine technische EDV Anwendung darstellt, die in der Medizin angewendet wird.

Und es werden wahrscheinlich immer mehr IT-Lösungen in der Medizin nachgefragt? Wohin geht der Trend?

Wie ich damals 2002 studiert habe, war das der erste Jahrgang, wo das angeboten worden ist. Der Trend geht weiterhin nach vorne, eine Nachfrage besteht.

Wie kamen Sie auf die Idee das zu studieren?

Eigentlich durch einen blöden Zufall, wie es halt sehr oft der Fall ist. Ich habe mir nicht gedacht, dass ich einmal IT studieren werde. Ich habe an einer Handelsakademie maturiert, was eigentlich mit IT wenig zu tun hatte. Habe aber gewusst, dass mich Wirtschaft nicht so sehr als Beruf interessiert. Ich habe mich dann erkundigt, was es noch für Optionen für mich gäbe. Ein Kollege aus dem Musikverein hat das Studium gemacht, mich darüber informiert und gleich mal eingeladen an die FH Salzburg vorbei zu kommen.

Gab es während Ihrer Ausbildung Frauen, die eine Vorbildwirkung (role models) auf Sie hatten?

Leider nicht, man muss jetzt dazu sagen, ich habe bis zum Schluss, wie ich zu studieren angefangen habe, nicht gewusst, dass es kaum Frauen in der IT gibt. Da bin ich als Pinzgauerin vom Gebirge ein bisschen naiv in das Ganze hineingegangen. In den Vorbereitungskursen für das Studium für nicht TechnikerInnen waren wir drei Frauen. Ich habe mir immer gedacht, wenn das Studium regulär anfängt, dann werden die Frauen hinzukommen. Wir sind dann drei geblieben von 80 Studierenden.

Bevor Sie in die Forschung gingen, waren Sie Systementwicklerin bei Wüstenrot Datenservice GmbH? Welcher Erfahrungen konnten Sie dort sammeln und wieso zog es Sie wieder in die Forschung?

Das war ein Programmierjob und ich habe Programme ausgebessert. Ich war in einem kleinen Team, langfristig hätte ich die Projektleitung dort übernehmen sollen. Aber es war schwierig für mich Fuß zu fassen. Auch hier war der Frauenanteil sehr gering, von ungefähr 100 TechnikerInnen waren fünf Frauen. Wenn ich ehrlich sein darf, habe ich mich als Henne im Korb unwohl gefühlt. Aber dort ist mir dann auch klar geworden, dass man noch mehr Freiräume für atypische Frauenberufe schaffen sollte. Somit war es für mich ein guter Weg in die Forschung zu gehen, um an einer Ausbildungsstätte was in Bewegung zu setzen.

Und in der Forschung ist das jetzt besser?

Auf jeden Fall. Ich fühle mich da recht gut aufgehoben und habe viel dazu gelernt. Es war eigentlich wieder ein schöner Zufall, dass ich an die FH zurückgekommen bin. Ich hatte meine Diplomarbeit schon bereits im Rahmen des Projektes verfasst. Danach hat es aber keine finanziellen Mittel mehr gegeben und es war auch nicht ganz klar, geht es jetzt weiter oder nicht. Und nach einem Jahr ist dann das Reformpoolprojekt entstanden und es stand Geld zur Verfügung. Da bin ich gefragt worden, ob ich als Forschungsassistentin zurückkommen möchte, um an dem Projekt weiter zu arbeiten.

Haben Sie je bei Frauen fördernden Programmen mitgearbeitet?

Ja, das erste Mal, wo ich bei frauenfördernden Programmen mitgemacht habe war im Jahr 2009 beim Kongress ,,Frauen in der Naturwissenschaft und Technik", das ist eine deutsche Vereinigung, die sich stark für Frauenrechte einsetzt. Das war mein erster Kontakt. Mein anderer Kontakt ist Ditact Women, wo ich selber gerne als Studentin hingegangen bin. Da werden Kurse nur für Frauen zu u.a. IT-Themen angeboten. Und mittlerweile ist es so, dass ich selber seit letztem Jahr dort unterrichte. Und heuer bin ich zum ersten Mal bei der Informatica Feminale in Bremen eingeladen. Das ist ein ähnliches Programm.

Ich habe auch gelesen, dass Sie Ihr Berufsbild auch in Schulen und Kindergärten vorstellen?

Es ist eine indirekte Vorstellung des Berufes. Also ich mache beim Girlsday mit und bei Frauen in der Technik, das sind Förderprogramme, die bei uns an der FH stattfinden. Da kommen Schülerinnen vorbei, um sich die FH anzuschauen und zusätzlich werden kleine Workshops von uns angeboten. Die Mädchen kommen dann mit Programmieren in Berührung, um ein Verständnis dafür zu bekommen. Seit geraumer Zeit bieten wir an Schulen auch einen Lego-Mindstorms Roboterworkshop an. Da dürfen die Mädchen einen Roboter zusammenbauen und selbst programmieren. Das Programmieren funktioniert über eine Software, wo die Mädchen Symbole aneinanderreihen. Wenn man das von den Mädchen programmierte Programm mit einem Kabel vom Computer auf den Roboter überträgt, dann fährt er, dreht sich und greift zu. Das macht den Mädchen Spaß und am Schluss machen wir noch eine Challenge. Die Mädchen sind richtig gut dabei und erfassen die Aufgabe schnell. Wir geben ihnen dann schwierigere Aufgaben und sind selber erstaunt, wie rasch sie das eigentlich umsetzen. Also vom Verständnis her ist es auf jeden Fall so, dass eine Frau Legoroboter bedienen kann. Man muss halt schon bei den ganz Kleinen anfangen, wo sie noch unbeeinflusst an die Dinge herangehen.

Aus Ihrer Erfahrung, wie sehen Sie spezielle Frauenförderung im Rahmen von Projekten und Initiativen? Ist diese in heutigen Zeiten überhaupt noch notwendig?

Es kommt immer darauf an, wie man das ganze anlegt. Ich bin kein Fan davon etwas zu erzwingen in Richtung wir müssen jetzt unsere Rechte durchsetzen. Ich wähle da eher den Weg einen natürlichen Zugang dazu finden. Erzwingen kann man nichts.

Welche Erfahrungen haben Sie als junge Frauen in einem technischen/naturwissenschaftlich und zumeist männerdominierten Feld gemacht bzw. welchen Rat haben Sie an junge Frauen, die sich für diesen Berufsweg entscheiden?

Also ich würde ihnen raten sich möglichst viele verschiedene Sachen anzuschauen, in verschiedenen Themenbereichen. Dann können sie sagen, dass interessiert mich und das nicht. D.h. wenn man Psychologie studieren möchte, vielleicht trotzdem sich auch IT anzuschauen. Dann lässt sich leichter entscheiden, ob Psychologie wirklich das Richtige ist. Ich hab mich da gut mit Ferialjobs motiviert, wo ich am Ende vom Sommer wieder gewusst habe wofür sich der Aufwand lohnt.

In Form eines Probejahres?

Probejahr, ja, ein Jahr ist vielleicht lang aber täte schon gut. Da finde ich das Bundesheer o. Sozialen Dienst für  Männer ganz praktisch, weil man in der Zeit sich überlegen kann: was will ich wirklich? Für Frauen ein soziales Jahr anzudenken, das wär sicher eine gute Idee, um viele Dinge zu sehen und zu überlegen, wo möchte ich langfristig hingehen. Es ist ja nichts endgültig, selbst wenn man nach einem z.B. Psychologiestudium draufkommt, dass mich IT doch mehr interessieren würde, ist ja nichts verloren.

Einem jungen Menschen muss man einfach die Gelegenheit geben möglichst viele Dinge zu sehen und realistische Einschätzungen bzw. Informationen von Älteren zu bekommen. Bei mir war es so, dass mein Kollege gesagt hat: das ist ein gutes Studium, man hat einen super Abschluss, aber du hast wirklich viel zu tun, es ist sauschwer. Und das war es auch. Und genau das war auch diese Herausforderung. Will man ein Studium haben, das jeder hat und dann auch noch mit schlechten Arbeitschancen, oder will man ein Studium, wo man viel lernt und das nicht jeder schafft. Natürlich muss das Grundinteresse an der Materie vorhanden sein.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Welches Programm würden Sie gerne in Zukunft programmieren bzw. was braucht die Gesellschaft?

Auf jeden Fall eines, das Menschen und der Gesellschaft hilft, also so wie jetzt das PROP. Es würde wieder in diese Richtung gehen.

Danke für das Gespräch!

Das Interview führte Dr.in Katharina Sammer (ÖGUT).

Sabine Klausner
DI (FH) DI Dr. scient.-med. Sabine Klausner

Sen. Applikationmanagerin PDMS

Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Ges. m. b.h

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Letzte Aktualisierung: 23.09.2023