Expertin des Monats
Okt. 2012
DIin (FH) Mag.a Dr.in Cornelia Schneider

Im Oktober ist die Wahl auf Cornelia Schneider gefallen.

Seit 2009 ist Schneider die Leiterin des Kompetenzschwerpunktes e-Health und Ambient Assisted Living (AAL) an der Salzburg Research Forschungsgesellschaft. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich mobilitätssichernder Assistenzsysteme und Bewegungsdatenanalyse. Im Kontext von AAL bedeutet dies die Unterstützung von älteren Menschen und ihren Betreuungspersonen durch mobile Assistenzsysteme. Aus technisch-wissenschaftlicher Sicht besteht ein wesentlicher Bestandteil ihrer Arbeit in der Analyse von Bewegungsdaten. Dadurch können Bewegungsroutinen identifiziert und in weiterer Folge Risikofaktoren erkannt werden. Um die entwickelten mobilen Assistenzsysteme auch einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, veranstaltet Schneider seit vier Jahren den ,,Team Up! E-Health Network Day Salzburg". Dieser Event forciert den Austausch zwischen Industrie, Forschung und Endanwendern.

Interview

Herzliche Gratulation zur Wahl der Femtech-Expertin Oktober! Frau Schneider, Sie arbeiten bei der Salzburg Research Forschungsgesellschaft und sind Leiterin des Kompetenzschwerpunkts E-Health. Was steckt hinter dem Begriff E-Health?

Bei Salzburg Research stecken mehrere Themen hinter dem Terminus E-Health. Wir bespielen den Kompetenzschwerpunkt E-Health aus drei verschiedenen Forschungsbereichen: Geo- und Lokalisierungstechnologien, Wissens- und Medientechnologien sowie Logistik und Optimierungstechnologien. Das bedeutet: der Begriff E-Health beinhaltet alle Kommunikations- und Informationstechnologien, die Menschen im Gesundheitswesen sowie Patienten dabei unterstützen, ihren Alltag einfacher zu gestalten.

Arbeiten in diesem Bereich viele Frauen, bzw. haben Sie das Gefühl, dass es schwierig ist, als Frau in diesem Bereich Fuß zu fassen?

Für Frauen ist es in diesem Bereich wahrscheinlich sogar ein bisschen leichter, da Frauen verstärkt am Thema Gesundheit interessiert sind. Zumindest meiner Wahrnehmung nach ist die Quote von Frauen, die sich in den Bereichen Medizintechnik und Medizininformatik beschäftigen, sicher höher als in anderen IT-Bereichen. Meiner Einschätzung liegt der Frauenanteil bei ca. 20 - 25 %, im Vergleich zu anderen Bereichen mit ca. 10 %.

Bei Ihren Forschungsprojekten geht es vor allem um mobile Assistenz für ältere Personen. Wie kann die IT ältere Menschen in ihrem Alltag unterstützen?

Unser Forschungsfokus liegt verstärkt bei Assistenzsystemen. Mit dem Alter werden Kleinigkeiten im Alltag immer schwieriger. Wir hoffen, dass Informationstechnologien künftig älteren Menschen ermöglichen, länger mobil und selbstständig zuhause zu bleiben. Genau hier versuchen wir anzusetzen und suchen Wege, dass ältere Menschen einfache Alltagserledigungen und Besorgungen noch selbst durchführen können. Ohne unterstützende Technologien wäre dies nicht mehr möglich. Zum Beispiel bei beginnender Demenz, bei der erste Probleme bei täglichen Einkäufen auftreten, weil man Angst hat, die Orientierung zu verlieren. Ein Assistenzsystem, das solche Situationen erkennt und Angehörige oder die mobile Hauskrankenpflege informiert, gibt sowohl den Betroffenen als auch ihren Angehörigen Sicherheit. Die Betroffenen können so gewohnten Tätigkeiten weiter nachgehen, die möglicherweise ohne IT nicht mehr möglich wären.

Der Umgang mit IT ist vor allem für ältere Menschen häufig eine Hemmschwelle. Wie werden hier die Barrieren überwunden?

Wir integrieren ältere Menschen bereits konkret in unsere Projekte. Das bedeutet nicht nur in Workshops sondern auch in Feldtests. Hier versuchen wir 20 bis 25 ältere Menschen für einen Test zu gewinnen und die neue Technologie mit ihnen gemeinsam zu testen und im Vorfeld zu entwickeln. D.h. wir nehmen konkrete Ideen und Anregungen auf, die von den älteren Menschen kommen, wie z.B. ,,ja netter wäre es, wenn das so oder so aussehen würde oder wenn man das Gerät  am Handgelenk tragen könnte, etc. ". Solche Aussagen fließen direkt in die Umsetzung mit ein.

Wie kamen Sie auf Ihre Studienwahl Software-Engineering für Medizin an der FH Hagenberg?

In meinem Umfeld arbeiten viele Menschen im Gesundheitswesen und in der Technik. Dadurch habe ich mich bereits relativ früh für die Themen Informatik und Gesundheit begeistert. So wurde ich auf Hagenberg und die dortige FH aufmerksam und habe mich sehr schnell für dieses Studium entschieden.

Gab es während Ihrer Ausbildungszeit Frauen, die für Sie ein Vorbild waren?

Ein Vorbild weiß ich nicht, aber es gab gewisse Frauen, die mir imponiert und viel geleistet haben, auch wissenschaftlich wie z.B. Marie Curie. Von diesen Frauen habe ich mir dann meist den Lebenslauf genauer angesehen. Ich kann aber nicht sagen, dass es nur Frauen waren. Ich interessiere mich und bewundere allgemein Menschen, die viel leisten, unabhängig vom Geschlecht. Beeindruckend finde ich vor allem im technischen Bereichen Vorreiter und Visionäre, die trotz großer Hürden an ihre Idee geglaubt und sie umgesetzt haben. Bei Frauen, die vor allem in früheren Zeiten viel geleistet und durchgesetzt haben, ist die Bewunderung natürlich noch größer.

Was halten Sie von Frauenförderung, bzw. wo sollte eine Förderung von Frauen insbesondere in Technik & Naturwissenschaft ansetzen?

Da gibt es für mich zwei Seiten. Ich finde es extrem positiv, dass man junge Mädchen relativ früh mit Technik in Berührung bringt und versucht ihre Begeisterung zu wecken. Schwierig finde ich Quotenentscheidungen. In technischen Studien gibt es relativ wenige Absolventinnen. Gleichzeitig möchte man durchsetzen, dass in Unternehmen 50 % Frauen beschäftigt sind. Das Erzwingen dieser Quote halte ich nicht für realistisch und sinnvoll. Bei gleicher Qualifikation ist es gerechtfertigt, der Frau den Vorzug zu geben, um eine vorgegebene Quote zu erreichen. Aber Frau sollte vor allem durch gute Arbeit überzeugen und so durch ihre Leistung beschäftigt und folglich auch geschätzt werden. In guten Unternehmen braucht es in meinen Augen eine gute Mischung von Frauen und Männern, um alle Sichtweisen zu integrieren und so erfolgreich zu sein.

Sind Sie selbst aktiv in der Förderung von Frauen?

Ich engagiere mich immer wieder gerne bei Events, in denen SchülerInnen Einblick in Forschungsthemen erhalten. Bei einigen Events war es sehr interessant mit den Mädchen zu diskutieren und ihnen ein neues Bild von der Arbeit als Informatikerin zu vermitteln. Teilweise ist doch noch sehr die Meinung vorherrschend, dass im IT Bereich ausschließlich nur vorm Computer sitzend gearbeitet und beinah ausschließlich programmiert wird. Ich habe ihnen dann vieles aus meinem abwechslungsreichen Arbeitsalltag und vielfältigen Tätigkeiten erzählt. Das weckte dann das Interesse der Mädchen wieder. In meinen Augen haben Mädchen, gerade was technische Berufe betrifft, in vielen Fällen ein falsches Bild von der tatsächlichen Arbeit. Dieses Bild kann nur durch Information berichtigt werden.

Welchen Rat können Sie jungen Frauen geben, um sich in einem technischen, naturwissenschaftlichen und meist Männerdominierten Feld durchzusetzen?

Ich glaube das Wichtigste ist, so zu sein, wie man ist, sich nicht zu verstellen und seinen Weg zu suchen und ihn zu gehen. Nur so können wir wirklich dazu beitragen, dass man als Frau in der Technik wahrgenommen wird und nicht als Kopie von unseren männlichen Pendants.

Eine persönliche Frage noch zum Abschluss. Welche mobile Assistenz könnten Sie sich für sich selbst vorstellen?

Das ist gar nicht so weit von dem weg, was wir jetzt entwickeln. Auch jüngere Menschen verlaufen sich, wenn man beispielsweise in eine neue Stadt kommt. Da ist es sehr hilfreich, durch ein mobiles Assistenzsystem wieder auf den richtigen Weg zurückgeführt zu werden.

So eine Art Navigationssystem wie im Auto?

Genau, welches aber automatisch anzeigt wenn der Weg nicht richtig ist, ohne dass ich das Navigationsgerät mit mir mittragen muss. Dies könnte beispielsweise über ein Smartphone möglich werden, das mir mit einem Piepston signalisiert, dass ich vom Weg abgekommen bin und ich am Handy nachsehen sollte.

Danke für das Gespräch!

Das Interview führte Dr.in Katharina Sammer (ÖGUT).

Cornelia Schneider
DIin (FH) Mag.a Dr.in Cornelia Schneider

Fachhochschule Wiener Neustadt GmbH

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Letzte Aktualisierung: 04.02.2019