Expertin des Monats
Dez. 2012
DIin Christina Krimbacher

Im Dezember ist die Wahl auf Christina Krimbacher gefallen.

Seit 2006 hat sich Krimbacher mit ihrem Ein-Personen-Unternehmen in Innsbruck selbstständig gemacht. Als klima:aktiv Kompetenzpartnerin ist ihr Fachgebiet energieeffizientes Bauen mit dem Einsatz erneuerbarer Energieträger. Ihr Tätigkeitsfeld ist vielfältig, da sie vom ersten Entwurf bis zur Wärmebrückenberechnung und der Chemikalien- und Baustoffkontrolle auf der Baustelle alles aus einer Hand anbietet. Bei großvolumigen Projekten wie zum Beispiel Schulen, Kindergärten oder Wohnanlagen ist sie als Consulterin für Passivbau und ökologisches Bauen tätig. Sie gewann bereits mehrmals Preise für ihre Projekte wie zum Beispiel den Tiroler Sanierungspreis. Seit 2009 ist Krimbacher im Vorstand der IG Passivhaus Tirol, gemeinsam im Team der IG Passivhaus Tirol hat sie an der Entwicklung der Ausbildung ,,Zertifizierte Passivhaushandwerker" mitgewirkt.

Interview

Herzliche Gratulation zur Wahl der Femtech-Expertin Dezember! Frau Krimbacher, Sie arbeiten Selbständig als planende Baumeisterin? Was kann man sich darunter genau vorstellen?

Meine Tätigkeiten entsprechen denen einer Architektin mit dem Fokus auf energiesparendes und ökologisches Bauen.

Welche Projekte lagen in letzter Zeit auf Ihrem Schreibtisch?

Momentan arbeite ich gerade intensiv an einem sehr spannenden Sanierungsprojekt: das betroffene Haus ist  über 200 Jahre alt und stammt aus dem ,,Kitzbühler Silber- und Kupfer-Bergbau" und soll umfassend saniert werden und das ausnahmslos mit ökologischen Dämmstoffen und Baumaterialien. Die Sanierung ist keine ganz einfache Sache, da das Objekt auf 1400 Meter Seehöhe gelegen ist und eine schwierige Zufahrt hat. Ich arbeite jetzt seit 4 Jahren an diesem Projekt und das ist sehr spannend aber auch sehr fordernd.

In Ihrer Personenbeschreibung stellen Sie vor allem die Themen Energieeffizienz und ökologisches Bauen in den Vordergrund, wie kamen Sie auf diese Themen und wieso sind diese Begriffe so wichtig?

Ich glaube ich hab einfach ein grünes Herz und hab mich deswegen schon immer für ökologische Themen und Umweltschutz interessiert. Im Laufe meines Studiums hab ich dann die damals noch ganz neue Passivhaustechnik für mich entdeckt und mich von Anfang an dafür interessiert und begeistert. Auch meine Diplomarbeit habe ich zum Thema Passivhaus verfasst. Nach dem Studium habe ich sechs Jahre bei Energie Tirol gearbeitet und daneben schon eigene Projekte geplant.

Mich interessieren natürliche Baustoffe und die Bereiche Ökologie und Bauchemie. Gerade wenn es um Materialien geht bin ich überzeugt, dass das diffuse Unwohlsein das viele Menschen mit künstlichen Materialen verspüren richtig ist. Vor allem wenn`s ums dämmen geht und jeder zweite Bauherr sagt: ,,Dämmen Ja, aber wenn´s geht soll das Haus nicht in Plastik eingepackt werden.

Wie würden Sie das einschätzen, dieses einseitige Unwohlsein, das wahrscheinlich eh viele - wenn nicht die meisten - haben mit gleichzeitig dem finanziellen Unwohlsein, dass auf eventuellen Alternativen vielleicht auch da ist?

Die ökonomische Seite überwiegt dann bei den meisten Menschen. Ökologische Dämmstoffe sind im Massivbau doch noch deutlich teurer als herkömmliche Dämmstoffe, im Holzbau aber kaum.  Das ist vielleicht auch ein Grund warum ich gerne im Holzbau arbeite. Dort kann man  relativ einfach kostenneutral ökologische  Projekte  realisieren .

Sie betreuen Ihre Projekte vom ersten Entwurf bis zum Einzug der BewohnerInnen - quasi alles aus einer Hand und dann ist auch noch das Thema Ausbildung von HandwerkerInnen bei Ihnen ein Thema. Wie geht sich das alles aus? Woher nehmen Sie die Energie für all diese Aktivitäten?

Also erstens wenn man breiter aufgestellt ist, ist es natürlich auch wirtschaftlich eine angenehme Sache, ich habe auch aus diesen Grund mehrere Standbeine entwickelt, da fühle ich mich ganz wohl damit und zweitens mache ich natürlich nicht alles gleichzeitig. In einem Jahr ist der Schwerpunkt meiner Arbeit mehr im Bereich Sanierung, im nächsten mehr im Neubau oder mehr im Bereich Unterricht und Weiterbildung. Das passiert nicht alles gleichzeitig, aber Sie haben schon recht, es ist viel Arbeit und manchmal auch zu viel.

Man hört ja immer wieder Geschichten wie schwierig es ist als Frau in der Baubranche vor allem im Bereich der ausführenden Ebene Fuß zu fassen? Welche Erfahrung haben Sie da gemacht?

Ich habe selten gangz negative Erlebnisse, also das man beispielsweise auf offene Ablehnung stößt, das kommt eigentlich gar nicht mehr vor. Aber was  an der Tagesordnung ist,  ist so eine Art ,,Abprüfen" am Anfang, wenn man mit neuen Handwerkern und neuen Firmen zu tun hat. Die schauen  zuerst einmal wie man sich so verhält, was man kann und wer man ist. Und was auch manchmal vorkommt ist, dass man nicht als die Person wahrgenommen wird, die man ist. Die meisten Menschen (nicht nur Männer) gehen davon aus, dass ich irgendeine Mitarbeiterin von einem Mann bin.

Ich arbeite viel mit Firmen zusammen, die ich kenne und mit denen die Zusammenarbeit gut funktioniert, das spart mir Ärger und den Bauherren auch Kosten. Aber eines muss man auch sagen, man wird von den meisten Männern auf Baustellen doch höflicher behandelt als ein Mann. Also ich glaube der Umgangston unter Männern allein ist rauer.

Jetzt sind Sie schon über 10 Jahren im Geschäft, würden Sie sagen, am Anfang war es schwieriger und jetzt ist es einfacher? Und ist das weil Sie sich als Person weiterentwickelt haben oder ist es mehr weil die Gesellschaft sich weiterentwickelt hat und das Bild der weiblichen Expertin anders angenommen wird als vor 10 Jahren?

Ich würde sagen es ist beides. Natürlich habe ich mich als Person wesentlich weiterentwickelt und Know-how aufgebaut und auf der anderen Seite ist es schon so, dass es mittlerweile auch mehr Kolleginnen im Baubereich gibt. Natürlich pflegt man diese Kontakte dann vielleicht auch etwas mehr, sprich man baut sich ein Netzwerk unter Frauen auf.

Sie haben an der technischen Fakultät Innsbruck Architektur studiert - wussten Sie schon immer dass Sie Architektin werden wollen?

Mein Interesse für Architektur hat sich am Ende des Gymnasiums entwickelt. Da dachte ich mir schon, dass das ein spannender Beruf sein könnte. Allerdings hatte ich damals völlig andere Vorstellungen, wie das einmal sein wird.  Aber ich bin sehr glücklich, wie es jetzt ist. Spannend ist auch, dass die Themen, vor denen ich am meisten Angst hatte vor oder während  des Studiums wie bspw. Bauphysik, mich heute am meisten interessieren.

Gab es in Ihrer Familie einen technischen Hintergrund?

Nein gar keinen.

Gab es während Ihrer Ausbildungszeit Frauen, die für Sie ein Vorbild waren?

Eine. Ich kannte zu meiner Ausbildungszeit eine Architektin und habe das sehr spannend gefunden. Und habe mich dann auch immer wieder vor Verwandten, Bekannten und Freunden auf sie berufen a la: ,,Und die gibt`s ja auch und die kann das auch und die macht das auch! Und das will ich auch."

Was halten Sie von Frauenförderung, bzw. wo sollte eine Förderung von Frauen insbesondere in Technik & Naturwissenschaft ansetzen?

Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, jungen Mädchen technische und naturwissenschaftliche Berufe näher zu bringen. Gerade das Aufzeigen der Tatsache, dass es neben   den klassischen "Frauenberufen" wie Friseurin, Sekretärin und Verkäuferin Alternativen gibt, die ein spannendes Berufsleben bieten ist so wichtig. Und auch dass man kein Freak ist wenn man so eine Berufsentscheidung trifft. 

Sind Sie selbst aktiv in der Förderung von Frauen?

Ich bin selber nicht aktiv bei einer Organisation, aber ich bemühe mich auf der privaten Ebene.

Welchen Rat können Sie jungen Frauen geben, um sich in einem technischen, naturwissenschaftlichen und meist männerdominierten Feld durchzusetzen?

Man sollte keine Angst haben und sich trauen zu seinen Interessen zu stehen - sich einfach bei einer HTL anmelden und das Durchziehen was einem Spaß macht, ganz egal wie viele Burschen da sind. Junge Frauen sollten einfach ohne Angst an die Sachen herangehen, sich neugierig und mutig alles anschauen.

Sie sind verheiratet und sagen Sie lieben es sich zu bewegen und die Natur zu genießen! Wie schaffen Sie es neben Ihrem umfassenden Arbeitsleben Zeit zu schaffen für Privates?

Work-life-balance ist, denke ich, eines der schwierigsten Dinge heutzutage im Leben oder im Arbeitsleben, weil sich das richtige Gleichgewicht oft nur schwer erreichen lässt. Gerade als selbständige Unternehmerin, ist es schwierig ausgewogen zu leben- es gibt Zeiten da hat man sehr viele Aufträge und dann wieder Zeiten wo es ruhiger ist. Ich versuche weniger Projekte zu machen und diese effizient durch zuführen, dann bleibt mehr Zeit für die Erholung und für Entspannung.  Ich habe leider auch schon am eigenen Leib erfahren wie es ist wenn man übertreibt, das geht oft sehr schnell. Die richtige Work-life-balance zu finden, ist für mich eines der schwierigsten Dinge überhaupt. Ich sehe es auch immer wieder in meiner Umgebung, es geht vielen Frauen und Männern so. Das ist glaube ich das, womit der Großteil der Menschen heutzutage kämpft.

Wo leben Sie mehr, im Beruf oder im Privaten?

Spontan würde ich jetzt Beruf sagen, aber das mag auch deswegen sein, weil mein Mann  einen ähnlichen Beruf hat  und wir uns so auch im Privaten viel austauschen und über Projekte sprechen. Das gibt uns gegenseitig viel Unterstützung  und wird genießen es uns austauschen zu können.

Eine persönliche Frage noch zum Abschluss: Besuchen Sie Ihre Projekte noch nach Abschluss um zu sehen, ob Ihre Planung auch wirklich funktioniert?

Ja natürlich. Das Feedback das man aus der Nutzung durch die Bauherren bekommt   ist  besonders wichtig für mich. Zu schauen, wie das Projekt nach 10 Jahren funktioniert oder banal gesagt, auch nachzusehen was schon kaputt ist ist ein wichtiger Punkt um weiter zu lernen. Man schaut was sich nicht bewährt hat oder was schön geblieben ist und gut funktioniert. Es entwickeln sich auch manchmal Freundschaften mit den Bauherren, weil man doch sehr intensiv über einen gewissen Zeitraum zusammenarbeitet.

Ich schaue immer wieder gerne bei meinen Objekten vorbei und frage auch die Energieverbräuche ab über Jahre, weil das auch sehr aufschlussreich für die Passivhausberechnungen im Hintergrund ist.

Passen die Berechnungen in der Regel?

Ja, zwar mit gewissen Schwankungen, die dann verschiedenste Gründe haben, aber grundsätzlich passt es bzw. sind die Berechnungen meist ein bisschen zu hoch, auch weil  ich eine strenge Rechnerin bin. Es ist auch gut wenn`s nachher ein bisschen drunter ist als wenn`s drüber ist.

Danke für das Gespräch!

Das Interview führte DI (FH) Daniel Baumgarten (ÖGUT).

Christina Krimbacher
DIin Christina Krimbacher

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Letzte Aktualisierung: 05.05.2023