Expertin des Monats
Juli 2020
DIin Irmtraut Meister

Das Ziel aller Initiativen zur Förderung der Chancengleichheit muss es letztendlich sein, sich selbst abzuschaffen. Eines Tages, so ist meine Hoffnung, werden wir nicht mehr über Frauen im naturwissenschaftlich-technischem Bereich reden – weil sie zu einer Selbstverständlichkeit geworden sind. Stattdessen wird es nurmehr Ingenieur:innen geben, genau wie Wissenschaftler:innen und Führungspersönlichkeiten.

Interview

Interview mit Irmtraut Meister

Was steht auf Ihrer Visitenkarte?
DIin Irmtraut Meister
Engineer Cross Functions – Engine & Hybrid Systems
Magna Powertrain
ENGINEERING CENTER STEYR

Was macht das Magna Powertrain Engineering Center Steyr genau?
Das Magna Powertrain Engineering Center Steyr (ECS) ist Teil von Magna, einem führenden Technologieunternehmen der globalen Automobilindustrie. Wir sind auf die Entwicklung und Applikation sowie das Testing von Gesamtfahrzeugen und Antriebsstrangkomponenten spezialisiert. Das Spektrum reicht vom klassischen Verbrennungsmotor bis hin zu elektrifizierten Komponenten und Systemen – das ECS ist einer der Hauptentwicklungsstandorte für elektrische Antriebe innerhalb von Magna.

Sie sind Engineer Cross Functions – Engine & Hybrid Systems, was machen Sie da genau?
Je nach Projektanforderung übernehme ich verschiedene Aufgaben in der Fahrzeugentwicklung, vorrangig im Bereich Motor/Getriebe. Dabei befasse ich mich mit klassischen Antrieben mit Verbrennungskraftmaschinen, aber auch mit Hybridantrieben, samt den zugehörigen Steuergeräten und Sensorik.
Aktuell arbeite ich an einer Fahrzeugneuentwicklung mit, bei der wir am ECS bereits die ersten Prototypen in Betrieb genommen haben. Mein Team übernimmt dabei die funktionale Entwicklung einiger Fahrzeug-Teilsysteme, in Abstimmung mit unserem Schwesternstandort und unseren Entwicklungspartner:innen.

Was fasziniert Sie an Ihrem Arbeitsbereich?
Mich fasziniert zu verstehen, wie ein Fahrzeug am Stand der Technik entwickelt wird. Hinter jedem kleinen Detail stecken komplexe Prozesse und Entscheidungen, vom Konzept, über die Simulation, technische Umsetzbarkeit, Lieferbarkeit und Zuverlässigkeit von Bauteilen, bis zur Integration ins Gesamtfahrzeug und Absicherung gegen alle möglichen Fehlerfälle.

Sie arbeiten an Elektro- und Hybridfahrzeugen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Nach meinem Berufseinstieg als Ingenieurin habe ich mir die Frage gestellt, wie ich Arbeit und persönliches Interesse verbinden kann. Damals habe ich die Entscheidung getroffen, in die Automobilbranche zu wechseln. Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet kommt hinzu, dass die Zukunft der Mobilität zu einer wesentlichen Frage unserer Gesellschaft geworden ist. Es ist daher auch eine spannende Aufgabe, an dieser Entwicklung beteiligt zu sein.

Wie hoch ist der Frauenanteil im technischen Bereich beim Magna Powertrain Engineering Center Steyr?
Aktuell beträgt bei uns der Frauenanteil im technischen Bereich 11%.

Was bietet Magna zur Förderung von Chancengleichheit unter den Mitarbeitenden?
Chancengleichheit auf Grundlage der Qualifikation und Leistungen der Einzelnen ist ein fundamentaler Punkt unserer Mitarbeiter:innen Charta, der gegenüber sich Magna als Unternehmen und wir als Mitarbeiter:innen verpflichten. Unser Ethik-Kodex ist gelebte Praxis, daher wird Chancengleichheit ebenso ernst genommen, wie Integrität, Transparenz, und unsere Verantwortung in Bezug auf Nachhaltigkeit und Umwelt.

Sie haben Mechatronik studiert. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Die Mechatronik ist durch die Integration von Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik und Automatisierungstechnik sehr breit aufgestellt, geht aber auch in den einzelnen Disziplinen in die Tiefe. Dadurch ist es möglich, komplexe Systeme in ihrer Gesamtheit zu verstehen, und sich bei Bedarf dennoch in Details einarbeiten zu können. Das macht diese Disziplin aus meiner Sicht so spannend, und hat mir die Entscheidung leicht gemacht.

Darauf aufbauend haben Sie berufsbegleitend Mechatronik/Wirtschaft mit Automotive Spezialisierung studiert. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Durch das berufsbegleitende Studium auf der Fachhochschule Wels hatte ich die Gelegenheit, gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Ich konnte mein Diplom trotz Vollzeitjob abschließen, mich in meiner Zielbranche spezialisieren, und wertvolle Einsichten über den technischen Tellerrand hinaus gewinnen - wie beispielsweise in die Betriebswirtschaft und ins Projektmanagement.

Was braucht es Ihrer Meinung nach noch, damit mehr Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik Fuß fassen?
Das ist eine gute Frage. Wir können beobachten, dass sich in anderen Ländern bereits eine wesentlich heterogenere Verteilung im naturwissenschaftlich-technischen Bereich etabliert hat. Das alleine entkräftet schon die meisten Vorurteile und zeigt, dass wir als Gesellschaft in diesem Punkt noch Luft nach oben haben. Ich denke, wenn alle Kinder unvoreingenommen in ihren Interessen gefördert werden, und genügend unabhängige Informationen und Chancen zur Verfügung haben – wird auch bei uns der Anteil an Mädchen und Frauen langsam aber sicher steigen.

Wordrap mit Irmtraut Meister

Womit ich als Kind am Liebsten gespielt habe:
Lego. Möglichst ohne Pläne. 

Dieses Studium würde ich jetzt wählen:
Nach wie vor Mechatronik.

Mein Vorbild ist:
Ich habe kein Vorbild in dem Sinn. Aber ich denke mit etwas Aufmerksamkeit kann man von den meisten Menschen etwas lernen.

Was ich gerne erfinden würde:
Manchmal würde ich gerne eine Methode finden, um einen früheren Systemwiederherstellungspunkt im Leben neu laden zu können.

Wenn der Frauenanteil in der Technik 50 Prozent beträgt …
… werden wir das Entwicklungs- und Innovationspotential unserer Gesellschaft deutlich besser ausschöpfen.

Wenn der Frauenanteil in Führungspositionen 50 Prozent beträgt …
… etablieren sich wahrscheinlich neue Führungsstile, und es käme tendenziell zu einer stärkeren Inklusion aller Mitarbeiter:innen.

Was verbinden Sie mit Innovation:
Innovation muss dem Anspruch gerecht werden, uns in unserer Entwicklung als Gesellschaft voran zu bringen, und nachweislich nachhaltig sein.

Warum ist Forschungsförderung in Österreich wichtig:
Meiner Meinung nach kann man Wissenschaft und Forschung nicht hoch genug schätzen. Und nur wenn Forschung unabhängig finanziert wird, kann sie ergebnisoffen und neutral zum Fortschritt beitragen – und das Ergebnis unverfälscht zum Wohl aller zur Verfügung gestellt werden.

Meine Leseempfehlung lautet:
„Man’s Search For Meaning“ von Viktor Frankl

Irmtraut Meister

Lebenslauf (pdf, 120,76 KB)

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Letzte Aktualisierung: 01.04.2023