Expertin des Monats
März 2021
Dr.in techn. DIin Katrin Zorn

Um als Gesellschaft erfolgreich zu sein können wir es uns nicht leisten auf das Potenzial und das Talent von Frauen in der Technik und in den Naturwissenschaften zu verzichten. Dank der Mentorinnen und Mentoren die mich in meinem Leben privat und beruflich begleitet haben, habe ich nie darüber nachgedacht etwas zu tun oder nicht zu tun weil ich eine Frau bin. Und genau diese Denke möchte ich weiterreichen und muss mit aller Kraft weitergegeben werden. Erst wenn sich dies Frage nicht mehr stellt – erst wenn das selbstverständlich ist – haben wir das Ziel erreicht!

Interview

Interview mit Katrin Zorn

 

Was steht auf Ihrer Visitenkarte?
Dr. Katrin Zorn
Development Manager Future Products
Miba Gleitlager Austria, Miba Bearing Division

Was macht die Miba AG genau?
Miba zählt zu Österreichs führenden Industrie- und Technologieunternehmen. Die High-Tech Gruppe ist mit 30 Produktionsstandorten in Europa, Asien, Nord- und Südamerika in allen wichtigen KundInnenmärkten vertreten. Die Miba entwickelt und produziert Komponenten, die Fahrzeuge, Züge, Schiffe, Flugzeuge, Industrieanlagen und Anlagen zur Produktion, Übertragung und Speicherung von Energie effizienter, leistungsstärker, leiser und umweltfreundlicher machen.

Sie sind Development Manager Future Products. Was machen Sie da genau?
In meiner Funktion als Development Manager Future Products bin ich dafür verantwortlich, für die Bearing Division der Miba Gruppe neue Innovationen, insbesondere in neuen Geschäftsfeldern (abseits des klassischen Verbrennungsmotors), zu entwickeln. Dabei arbeite ich eng mit allen Miba-internen Technologie-, Anwendungs- sowie InnovationsspezialistInnen zusammen und kooperiere darüber hinaus mit einem Netzwerk externer PartnerInnen aus Industrie und Wissenschaft. Wir entwickeln Produkte insbesondere für Anwendungen im Bereich erneuerbarer Energie: Beispiele sind unter anderem Komponenten für Windturbinen.

Was fasziniert Sie an Ihrem Job?
Mein Job bietet mir ein abwechslungsreiches Betätigungsfeld und erlaubt mir mit einem interdisziplinären Netzwerk an SpezialistInnen sowohl intern als auch mit Universitäten, KundInnen und strategischen PartnerInnen aus den Bereichen u.a. Chemie, Physik, Materialwissenschaften, Maschinenbau, Mechatronik an Innovationen der Zukunft zu arbeiten! Dabei lerne ich jeden Tag etwas Neues und das macht meinen Job so spannend und faszinierend. Die Ideen, die wir heute haben, können die Zukunft verändern.  

Wie hoch ist der Frauenanteil bei der Miba AG?
Der Frauenanteil bei Miba beträgt rund 25% –das ist für ein Produktionsunternehmen, vor allem in der Metallindustrie, ein vergleichsweise hoher Wert.

Was unternimmt die Miba AG zur Förderung von Chancengleichheit in der Organisation?
Gleiche Karrierechancen sind in der Miba besonders wichtig. Positionen werden ausschließlich mit der geeignetsten Person, unabhängig vom Geschlecht besetzt. So ist etwa die Geschäftsführerin unseres Stammwerks in Laakirchen eine Frau und ich hatte die Entwicklungsleitungsposition zunächst von einer und zuletzt von 2 Divisionen in den letzten 9 Jahren inne. Um Chancengleichheit zu fördern, wird insbesondere stark auf die optimale Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesetzt, flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsangebote (Krabbelstube, Ferienbetreuung, Corona-Betreuung von Schülerinnen und Schülern / Kindern von MitarbeiterInnen bei Schulschließungen) geboten.

Darüber hinaus haben Sie auch Patente angemeldet. Welche sind das und wie kam es dazu?
Hierbei handelt es sich um Patente für Erfindungen, welche im Bereich der Beschichtungstechnologie für Zahnräder erteilt wurden. Die Idee dazu entstand gemeinsam mit KollegInnen (welche ebenso PatentinhaberInnen sind) und die Beschichtungen wurden im Rahmen eines FFG geförderten Projektes in einem Konsortium mit dem RWTH Aachen und der Montanuniversität Leoben unter meiner Leitung entwickelt. Diese Beschichtungen (sogenannte Adaptocoat™‘s) weisen ein adaptives Verhalten auf und können, wenn sie auf einer Verzahnung aufgebracht werden, je nach Schichtdicke unterschiedliche Funktionalitäten erfüllen: Dünne Adaptocoat™ Beschichtungen verbessern die Belastbarkeit von Zahnrädern (das sogenannte Tragbild) und ermöglichen damit ein Downsizing à dies leistet einen Beitrag zur Reduktion von Schadstoffemissionen. Das zweite Patent handelt von dickeren Adaptocoat™ Beschichtungen, welche durch eine Mikroanpassung der Oberflächenstruktur die Verzahnungsqualität der Zahnräder verbessern und damit die Geräuschemissionen reduzieren. Dies stellt eine innovative und kosteneffizientere Methode als bisherige Verfahren dar.  

Warum glauben Sie gibt es so wenige Frauen, die Patente anmelden?
Als Gründe könnte ich mir einerseits die generell geringe Zahl von Frauen in der Technik vorstellen. Andererseits stehen wohl diesen wenigen Frauen zudem oftmals durch Abwesenheit im Rahmen von Karenz- und Elternteilzeit weniger Arbeitszeit zur Verfügung, in der sie federführend zu Erfindungen beitragen können.   

Sie haben Technische Chemie an der Technischen Universität Wien studiert und auch promoviert. Wie kam es dazu?
Ich habe mich bereits von klein auf für Technik interessiert und meinen Weg in die Technik mit dem Besuch der Höheren Technischen Lehranstalt für Chemische Betriebstechnik schon bald eingeschlagen. Im Rahmen des Studiums habe ich dann die Physikalische Chemie für mich entdeckt - das Gebiet in dem ich sowohl meine Diplomarbeit als auch Doktorarbeit verfasst habe. Während der gesamten Zeit an der Uni hatte ich stets große Freude sowohl am theoretischen Studium als auch an der praktischen Arbeit im Labor. Nach meiner Diplomarbeit wurde mir eine Stelle als Universitätsassistentin angeboten - hierbei konnte ich neben der Forschung auch in der Lehre mitwirken und zudem im Rahmen zahlreicher Forschungsaufenthalte u.a. in Spanien, Frankreich, Dänemark, Ungarn und der Schweiz international Erfahrung sammeln. Ich blicke sehr gerne auf meine universitäre Laufbahn zurück - dennoch habe ich den Schritt danach in die Industrie nie bereut - da ich nun die Gelegenheit habe, das Grundlagenwissen an realen Anwendungen umzusetzen.

Was braucht es Ihrer Meinung nach noch, damit mehr Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik Fuß fassen?
Ich finde es schade, dass heute noch immer viele Kinder im Rahmen alter Rollenbilder abhängig von ihrem Geschlecht gefördert und damit ihre beruflichen Perspektiven eingeengt werden. Damit stehen weniger Mädchen für Technikberufe zur Verfügung und umgekehrt ist es auch schade, dass damit Buben seltener Berufe im Sozialbereich ergreifen. Ich würde mir wünschen, dass wir Kindern aufgeschlossener begegnen, sodass sie später entsprechend ihren tatsächlichen Interessen und Neigungen ihre Berufswahl treffen können. Bis wir allerdings so weit sind, braucht es konkrete Förderungsmaßnahmen für Frauen in der Technik. Ein gutes Beispiel solcher Maßnahmen sind Mentorinnen- und Förderprogramme für Schülerinnen und Studentinnen, welche noch ausgebaut werden sollten.

Unabhängig davon braucht es generell mehr Anreize, um Mädchen gleichermaßen wie Buben von klein auf, für Technik und Naturwissenschaften zu begeistern - hierfür braucht es gezielte Förderung schon ab dem Kindergartenalter.


Wordrap mit Katrin Zorn

 

Womit ich als Kind am Liebsten gespielt habe:
Mit Puppen, aufgrund meiner zwei Brüder jedoch auch viel Lego.  

Dieses Studium würde ich jetzt wählen:
Ich würde mich immer und immer wieder für die Technik entscheiden!

Mein Vorbild ist:
Ich habe nicht das eine Vorbild, sondern habe viele WegbegleiterInnen, die mich inspirieren und mir zu neuen Sichtweisen verhelfen. Allen voran aber meine Mama – die mich immer dazu motiviert keine Grenzen zu sehen und mir keine Grenzen zu setzen.

Was ich gerne erfinden würde:
Ich würde mich gerne klonen können, um mehr Zeit zu haben allen meinen Interessen nachzugehen!

Wenn der Frauenanteil in der Technik 50 Prozent beträgt …
…dann schöpfen wir als Gesellschaft aus dem vollen Potential!

Wenn der Frauenanteil in Führungspositionen 50 Prozent beträgt …
… dann würde das einen guten Beitrag leisten (neben unterschiedlichen Kulturen, Generationen…) für ein größeres Ausmaß an Diversität. Diverse Teams sind aus meiner Sicht DER Erfolgsfaktor, um nachhaltige Entscheidungen treffen zu können!

Was verbinden Sie mit Innovation:
Mit Innovation verbinde ich generell Neues, Veränderung, Querdenken und persönlich Faszination und Leidenschaft!

Warum ist Forschungsförderung in Österreich wichtig:
Weil sie uns ermöglicht neue Pfade zu beschreiten und Wissen zu generieren in Technologien und Methoden, die ein großes Entwicklungsrisiko bedeuten. Für die Entwicklung innovativer Produkte in Österreich braucht es Grundlagenforschung und eine enge Zusammenarbeit der Universitäten mit der Industrie - für beide Themen ist Forschungsförderung unerlässlich.

Meine Leseempfehlung lautet:
Long walk to Freedom von Nelson Mandela