Expertin des Monats
Juli 2021
Elisa Gramlich, MSc

Ich finde es sehr wichtig, Mädchen bereits zu Beginn ihrer Schulzeit zu ermutigen sich mit technischen und naturwissenschaftlichen Themen auseinanderzusetzen, auch wenn diese anfangs eventuell etwas schwierig erscheinen. FEMtech-Förderungsprogramme können junge Frauen hier sehr unterstützen und diese auch mit Vorbildern/MentorInnen in naturwissenschaftlichen Berufen vernetzen. Im Laufe meines Berufslebens habe ich gemerkt, dass es sehr wichtig ist sich auch technisches Wissen anzueignen und, dass man hierfür ein gutes Verständnis entwickeln kann, auch wenn man dieses in der Schulzeit vielleicht (noch) nicht hatte. Mir hat es sehr geholfen, mich hier mit ExpertInnen zu diesen technischen Themen auszutauschen und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich hierdurch auch Menschen gefunden habe, die mich in meiner Karriere unterstützen und ermutigen. 

Interview

Interview mit Elisa Gramlich

Was steht auf Ihrer Visitenkarte? 
Elisa Gramlich, MSc
Co-Founder inoqo GmbH

Was macht inoqo genau?
Gegründet im Jahr 2020, ist inoqo eine Lifestyle-App, die Nutzer:innen dabei unterstützen möchte, jeden Tag besser informierte, bewusste Einkaufsentscheidungen zu treffen. In einer Welt der über-, fehl- oder unklaren Informationen möchte inoqo den Verbraucher:innen wissenschaftlich fundierte Daten über die Auswirkungen von Lebensmittelprodukten auf die Umwelt, die Gesellschaft und die biologische Vielfalt zur Verfügung stellen. Unsere Mission ist es, allen  dabei zu helfen, ihre täglichen Kaufentscheidungen basierend auf persönlichen Werten treffen zu können. Auf diese Weise können alle  aktiv zu einem nachhaltigen Produktions-Konsum-Kreislauf beitragen.

Die Beta-Version unserer App ist schon jetzt in allen Google Play und Apple Stores verfügbar. Jede:r neue Nutzer:in ist für uns kostbar. Einfach mit Zugangscode "klima" herunterladen und mit uns zusammen auf den offiziellen Launch der inoqo App im Oktober 2021 hinfiebern.

Wofür sind Sie im Unternehmen zuständig?
Bei inoqo bin ich für ein Team von fünf Mitarbeiter:innen verantwortlich. Mein Team und ich sind inhaltlich für verschiedene Nachhaltigkeitsthemen verantwortlich und sorgen z.B. für die wissenschaftliche Berechnung von CO2-Zielen und die Darstellung von Impact-Inhalten in der App, um beispielsweise mit personalisierten Artikeln und Produkt-Infoboxen unsere Nutzer:innen zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung zu bewegen. Eines unserer wichtigsten Projekte ist gerade die Entwicklung eines innovativen Auto-Lebenszyklusanalysen-Tools bzw. Ökobilanz-Tools für die Abschätzung der Umweltauswirkungen von Lebensmittelprodukten, für welches wir auch eine Forschungsförderung erhalten haben und derzeit mit verschiedenen Expert:innen im Austausch sind.

Was fasziniert Sie an der Kreislaufwirtschaft?
Mich fasziniert das systemische Konzept hinter der Kreislaufwirtschaft und, dass es eine Alternative zu unserer jetzigen Linearwirtschaft bietet. Dadurch haben wir die Möglichkeit unser Wirtschaftswachstum von unserem Ressourcenverbrauch zu entkoppeln und wichtige planetare Grenzen einzuhalten. Spannend finde ich das große Innovationspotenzial, welches die Kreislaufwirtschaft bietet um Produkte und ganze Geschäftsmodelle neu zu denken.

In meiner früheren Tätigkeit als Programm-Managerin Umwelt & Wirtschaft beim WWF Österreich, war ich u.a. für das Thema Kreislaufwirtschaft verantwortlich und fand es sehr spannend Unternehmen, insbesondere im Verpackungsbereich, bei der Entwicklung umweltverträglicherer Produkte zu unterstützen und mich auch auf politischer Ebene für nachhaltigere Konsum- und Produktionsmuster einzusetzen.

Ich freue mich sehr, dass ich nun auch bei inoqo weiterhin an der Schnittstelle von Innovation & Nachhaltigkeit arbeiten kann und hier ebenfalls einen Beitrag für mehr Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft leisten kann.

Wie hoch ist der Frauenanteil bei inoqo?
Frauenanteil im Gründungsteam: 50%
Frauenanteil in der gesamten Firma: 61%

Was unternimmt inoqo zur Förderung von Chancengleichheit in der Organisation?
Für inoqo ist Chancengleichheit selbstverständlich, das zeigt sich unter anderem in unserem Frauenanteil, sowohl auf Führungsebene als auch im Gesamtunternehmen. Darüber hinaus nutzen wir gerne die Möglichkeit, über das FEMtech Programm der FFG bestens qualifizierte Frauen mit naturwissenschaftlichem Hintergrund anzustellen und im Rahmen eines mehrmonatigen Praktikums weiter auszubilden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern wir bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Karriere indem monatlich Workshops/Vorträge zum Thema Nachhaltigkeit oder Unternehmensgründung angeboten werden.

Sie haben Environmental Sciences an der Universität Utrecht in den Niederlanden studiert? Wie kam es dazu?
Ich wusste bereits am Ende meiner Schulzeit, dass ich gerne einen Beitrag für eine positivere und nachhaltigere Zukunft leisten möchte und fand die Möglichkeit sehr interessant große Unternehmen im Sinne der Nachhaltigkeit zu transformieren und nachhaltige Produktions- und Konsummuster voranzutreiben. Da es damals jedoch kaum Nachhaltigkeitsmanagement-Studiengänge gab, studierte ich zuerst am Management Center Innsbruck, wo ich im Rahmen meines Bachelor-Studiums „Nonprofit-Management“ die Möglichkeit hatte mich auch mit Corporate Social Responsibility auseinanderzusetzen. Ein paar Jahre später war dann erfreulicherweise die Auswahl an Nachhaltigkeitsstudiengängen deutlich größer und ich entschied mich für den „MSc in Environmental Sciences“ an der Universität Utrecht, da ich die systemische Perspektive und die Kombination aus naturwissenschaftlichen mit sozialwissenschaftlichen Fächern sehr spannend fand.

Weitere wichtige Gründe waren auch, dass ich hier den Schwerpunkt „Sustainable Business Management“ sowie zwei Auslandssemester absolvieren durfte. Des Weiteren war mir wichtig eine internationale Universität zu wählen, welche auch im Umwelt-Bereich sehr bekannt ist.

Würden Sie nochmals ein Unternehmen gründen?
Ich kann mir gut vorstellen irgendwann ein weiteres Unternehmen, insbesondere mit einem so guten Team bzw. Co-Foundern wie bei inoqo, zu gründen. Ein Unternehmen von Null aufzubauen ist eine sehr spannende Erfahrung und ist sehr viel zu gestalten. Gründer:innen sollten jedoch hierfür auch ein großes Engagement und eine gewisse Risikofreudigkeit mitbringen. Es kann jedoch auch sehr spannend sein in einem großen Unternehmen zu arbeiten und hier beispielsweise interne Innovationen voranzutreiben.

Sie sind auch Advisor beim Circular Economy Forum Austria. Was machen Sie da genau?
Das Circular Economy Forum Austria initiiert und fördert den Austausch und die Weiterentwicklung von Wissen, Ideen und Umsetzungsmöglichkeiten zwischen Unternehmen, Politik, Wissenschaft, Forschung und Design.

Das Forum ist eine Lern- und Dialog-Plattform für österreichische Unternehmen zur Schaffung eines Innovations-Ökosystems, in welchem alle Teilnehmenden von internationaler Zusammenarbeit, Wissensaustausch und Kooperation in Wertschöpfungskreisläufen profitieren um ihre Innovationsfähigkeit zu stärken. In verschiedenen Formaten, wie z.B. Workshops, unterstützen wir Unternehmen bei der strategischen und operativen Umsetzung von Kreislaufwirtschaft und tragen so zu Transformation im Sinne des Europäischen Green Deals bei. Als Advisor für Kreislaufwirtschaft mit Fokus auf Kunststoffen, Verpackungen und Klimaschutz unterstütze ich das Forum bei diesen Aktivitäten.

Was braucht es Ihrer Meinung nach noch, damit mehr Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik Fuß fassen?
Es braucht mehr weibliche und männliche Vorbilder die aktiv junge Frauen vor allem am Anfang ihrer Karriere, z.B. als Mentor:innen, unterstützen.
Frauenförderungsprogramme im naturwissenschaftlichen Bereich können hier ebenfalls sehr hilfreich sein und sollten am besten schon frühzeitig in der Schule ansetzen. So können junge Mädchen beispielsweise frühzeitig technische Berufe durch Schulpraktika oder naturwissenschaftliche Projekttage kennenlernen. Diese frühe Praxiserfahrung kann dazu beitragen das Interesse von Mädchen an technischen Berufen zu stärken und ihnen auch eine etwaige „Angst“ davor zu nehmen.


Wordrap mit Elisa Gramlich

Womit ich als Kind am Liebsten gespielt habe:
Das war sehr unterschiedlich. Ich habe gerne gelesen, draußen mit Freund:innen gespielt, mit Lego Bausteinen Dinge gebaut oder auch mal mit Barbie-Puppen gespielt.

Dieses Studium würde ich jetzt wählen:
Ich bin mit meiner Studienrichtung (Umweltsystemwissenschaften) sehr zufrieden, da dieses Studium mir sehr viel Spaß gemacht hat und ich die Interdisziplinarität und die Internationalität sehr geschätzt habe. Manchmal denke ich jedoch, dass ein etwas technischeres Studium wie Umwelt- und Verfahrenstechnik auch kein Fehler gewesen wäre, doch dann würde ich vermutlich die systemische Ebene vermissen.

Mein Vorbild ist:
Ich habe viele Vorbilder, an denen ich viele verschiedene Aspekte und Eigenschaften bewundere. Darunter befinden sich viele Frauen, die zielstrebig ihren Weg verfolgt haben und einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

Was ich gerne erfinden würde:
Eine Welt, in der wir nachhaltige Produktions- und Konsummuster etabliert und Wirtschaftswachstum von unserem Ressourcenverbrauch entkoppelt haben.

Wenn der Frauenanteil in der Technik 50 Prozent beträgt …
…wird es noch mehr Technologien geben, die die Welt wirklich braucht.

Wenn der Frauenanteil in Führungspositionen 50 Prozent beträgt …
…wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Chancengleichheit erreicht. Es würden Maßnahmen holistischer und inklusiver entwickelt werden und es würde noch stärker in interdisziplinären Teams zusammengearbeitet werden.

Was verbinden Sie mit Innovation:
Innovation bedeutet für mich, radikale oder inkrementelle Lösungen für die wichtigen Probleme unserer Zeit zu entwickeln. Das große Ganze zu sehen, wichtige Zusammenhänge zu erkennen und kreative Ideen zu entwickeln sind für mich wichtige Bestandteile von Innovation.

Warum ist Forschungsförderung in Österreich wichtig:
Neue Technologien sind in ihrer anfänglichen Entwicklung oft sehr zeit- und kostenintensiv und bergen ein gewisses Risiko. Forschungsförderung ist daher sehr wichtig, um die Entwicklung technologischer Lösungen insbesondere in der Anfangsphase zu unterstützen und so Innovationen zu fördern, die soziale und ökologische Herausforderungen lösen können. Dies unterstützt auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und kann Österreich dabei helfen zu einem Nachhaltigkeits-Vorreiter zu werden.

Meine Leseempfehlung lautet:
„Drawdown: The Most Comprehensive Plan Ever Proposed to Reverse Global Warming“ von Paul Hawken (siehe auch www.drawdown.org)